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Um bis zu 40 Prozent Zinsen für Immobilienkredite steigen

Die Zinsen für Immobilienkredite steigen langsam. Das erschwert manchen den Hauskauf und könnte auch für Verkäufer zu einem Problem werden.
04.09.2017, 00:00 Uhr
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Von Olaf Grahl

Die Zinsen für Baugeld steigen. Nur, weil das von einem sehr niedrigen Niveau erfolgt, bemerkt das fast keiner. Dennoch sind die Konditionen für Baudarlehen seit dem Herbst vergangenen Jahres im Durchschnitt um bis zu 40 Prozent gestiegen. Wer schon länger auf Immobiliensuche ist, erlebt daher eine Überraschung: Im September 2016 konnte man für eine zehnjährige Zinsbindung noch mit Konditionen von gut einem Prozent rechnen. Im Schnitt müssen jetzt dafür 1,43 Prozent Zinsen gezahlt werden. Das geht aus einem Konditionsvergleich der Verbraucherzentrale Hamburg für Bremer Anbieter hervor. Bei der Bremer Landesbank und der Santander Bank liegen die Effektivzinsen schon bei bis zu 1,85 Prozent. Von Woche zu Woche kann sich jetzt die Baufinanzierung leicht verteuern. Gerechnet auf die lange Laufzeit von mindestens einem Jahrzehnt geht es um mehrere tausend Euro. Ein Darlehen über 300.000 Euro für zehn Jahre kostet jetzt über die gesamte Laufzeit rund 11.000 Euro mehr als vor einem Jahr.

Auch die Zinsen für längere Laufzeiten von 15 oder 20 Jahren verteuerten sich in knapp einem Jahr um rund ein Drittel. Für eine 15-Jährige Zinsbindung müssen im Schnitt knapp zwei Prozent Zinsen gezahlt werden. Manche Banken haben die Zwei-Prozent-Marke schon überschritten.

"Wir erleben eine Zinswende"

„Wir erleben eine Zinswende“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Eine ähnliche Steigerung wie bisher scheint auch für die kommenden zwölf Monate möglich. Zu diesem Urteil kommen auch andere Experten. So erwartet der Baugeldvermittler Interhyp auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten einen Anstieg der Hypothekenzinsen. Die Experten kommen von Banken wie der ING-Diba oder der Postbank, die Baudarlehen vergeben. Mittelfristig sollte mit einem Anstieg der Darlehenszinsen gerechnet werden, heißt es von der Postbank. Die ING-Diba begründet den weiteren Anstieg der Zinsen mit dem Einstieg in den Ausstieg der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), der für September erwartet wird.

„Die EZB steht unter Druck“, sagt Herbst. Sie müsse eine Wende in der Zinspolitik einleiten, um in neuen Krisensituationen überhaupt wieder Spielraum für Zinssenkungen zu haben. Noch liegt der Leitzins der EZB bei null Prozent. Zwar werden die Baugeldzinsen davon nur indirekt beeinflusst, entscheidender für diese Konditionen ist, wie sich Pfandbriefe, mit denen sich Banken refinanzieren, und die zehnjährigen Bundesanleihen, die das langfristige Zinsniveau vorgeben, entwickeln. Doch auch hier gibt es schon seit längerer Zeit klare Aufwärtstendenzen. Die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen haben sprunghaft zugelegt. Sie zogen auf bis zu 0,50 Prozent an, nachdem sie vor gut einem Jahr unter die Null-Prozent-Marke gefallen waren.

Viele Immobilienkäufer sind noch gelassen

Auch eine erstarkende Wirtschaft in der Euro-Zone spricht für steigende Zinsen. Die Arbeitslosenquote ist mit 9,1 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit mehr als acht Jahren gesunken. „Auch mit Blick auf die anziehende Preissteigerungsrate ist Baugeld eigentlich zu billig“, sagt Herbst. Er erwartet, dass die Baugeldzinsen langfristig bis auf maximal 3,5 Prozent steigen. Das wären immer noch weniger als die fünf Prozent, die Bauherren vor zehn Jahren noch bezahlen mussten.

Noch sind viele Immobilienkäufer gelassen. „Potenzielle Immobilienerwerber sind von den gestiegenen Zinsen nicht so verunsichert wie Immobilienbesitzer, die bereits eine Finanzierung haben“, sagt Hartmut Schwarz, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Er erwartet kurzfristig keine weiter steigenden Zinsen. Bei wem der Zinsbindungszeitraum erst in zwei oder drei Jahren ausläuft, der hofft, dass die niedrigen Zinsen noch bis dahin anhalten. Viele von ihnen haben noch mehr als vier Prozent Zinsen bezahlt und wollen nun auch einmal von der Niedrigzinsphase profitieren. Deshalb steigt jetzt das Interesse an Forward-Darlehen. Die Banken verzeichnen bei diesen Finanzierungen im Vergleich zum Vorjahr eine leicht steigende Tendenz. Mit einem solchem Kredit kann man sich, die aktuellen Zinsen noch sichern, auch wenn man den neuen Kredit erst in einigen Jahren abrufen will, weil dann die Zinsbindungsfrist des Altdarlehens erst ausläuft. Das können aber nur Kreditnehmer nutzen, die bereits eine Immobilienfinanzierung haben. Bis zu fünf Jahre im Voraus werden Forward-Darlehen von Banken angeboten.

Steigende Zinsen treffen auch Immobilien-Verkäufer

Für die Sicherung des aktuellen Zinsniveaus zahlen die Kreditnehmer einen Aufschlag auf den aktuellen Zins. „Wenn der Kredit mit zehn Jahren Zinslaufzeit erst in einem Jahr abgerufen wird, beträgt der Aufschlag im 0,11 Prozentpunkte“, sagt Herbst. Bei manchen Banken wie der PSD Bank Nord gibt es das auch ganz ohne Zinsaufschlag. Bei 24 Monaten Vorlaufzeit sind es 0,37 Prozentpunkte.

Wer ein solches Forward-Darlehen unterschreibt, muss es auch abnehmen. Auch dann, wenn die Zinsen dann noch niedriger sind als jetzt. In der Vergangenheit war das Forward-Darlehen für viele Verbraucher daher ein Flop. „Doch jetzt haben wir eine andere Situation, denn die Wahrscheinlichkeit von Zinserhöhungen ist deutlich gestiegen“, sagt Herbst. In jedem Fall bleibt es aber eine Wette auf die künftige Zinsentwicklung. Das müssen sich die Verbraucher wissen. „Wenn es um eine Vorlaufzeit von einem Jahr geht, kann man mit einem Forward-Darlehen jetzt wenig falsch machen“, sagt Schwarz. Bei Zeiträumen von drei bis fünf Jahren mahnt er zur Vorsicht. „Das sind Zeiträume, die sich schwer überblicken lassen.“

Steigende Zinsen treffen auch Immobilien-Verkäufer. Denn sie sorgen in der Regel für tendenziell rückläufige Haus- und Wohnungspreise. Wenn sich die Finanzierung verteuert, können Käufer nicht mehr so viel fürs Eigenheim bezahlen. Bisher wurden die steigenden Preise durch sinkende Zinsen abgefedert. Damit wird es bald vorbei sein.

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