Konkurrenz belebt das Geschäft - heißt es bekanntlich. Dem würden sicherlich alle Schlepp-Reedereien in Bremerhaven zustimmen - vorausgesetzt alle drei Reedereien würden unter den gleichen Bedingungen arbeiten. Genau das sehen die Unternehmen Boluda Towage Europe und die Fairplay Towage Group als nicht gegeben: Sie sehen sich gegenüber der Reederei Svitzer im Nachteil und befürchten weitere Konkurrenz, die sich auch nur die Rosinen rauspickt.
Was die Rosinen angeht, ist das lukrative Schleppgeschäft von Containerschiffen an der Stromkaje in Bremerhaven gemeint - dem Betätigungsfeld von Svitzer. Boluda und Fairplay sind da nur noch im kleineren Umfang aktiv, aber sie sind außerdem in den stadtbremischen Häfen unterwegs - ein Geschäftsfeld, das zusätzlich kleinere Schlepper erfordert und weniger abwirft. Mit diesem Thema hat sich in dieser Woche erneut der Hafenausschuss befasst. Es ging auch darum, ob es möglich ist, alle Schlepper-Reedereien gleichermaßen zu verpflichten, unter deutscher Flagge zu fahren.
Warum Svitzer das lukrative Schlepper-Geschäft dominiert
Die weltweit tätige Schlepp-Reederei ist seit neun Jahren an der Stromkaje aktiv. Dort hat sie es seitdem vor allem mit dem größten Kunden zu tun: mit Maersk - einer der weltweit führenden Containerlinienreedereien. Dass dieses Geschäft auch von Dauer ist, kommt nicht von ungefähr. Der dänische Maersk-Konzern ist Eigentümer von Svitzer. Und noch ein Geschäft sorgt für reichlich Schlepper-Einsätze: Die Schweizer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) bevorzugt ebenfalls Svitzer-Schlepper. Auch dafür gibt es einen Grund: MSC und Maersk sind eng verbunden. Die beiden Marktführer - MSC hat Maersk in der Kategorie Anzahl der Containerstellplätze in diesem Jahr knapp überholt - bilden zusammen die Containerlinien-Allianz mit dem Namen „2M“. Gerüchteweise will MSC künftig auch selber mit eigenen Schleppern an der Stromkaje antreten. Seit Beginn dieses Jahres ist MSC bereits mit zwei Schleppern dort vertreten - zumindest indirekt, denn sie hat die Schlepper der konzerneigenen Reederei Med Tug an Svitzer verchartert.
Warum diese Machtkonzentration auf Widerstand stößt
Das vertikale Wachstum der Großcontainereedereien samt ihren Allianzen in andere Geschäftsbereiche sei das Ende des Wettbewerbs, sagte Boris Szczesik, Deutschland-Geschäftsführer der spanischen Schleppreederei Boluda, die ihren Deutschland-Sitz in Bremen hat. Vor fünf Jahren hatte sie das Bremer Traditionsunternehmen Urag übernommen; international ist Boluda in zahlreichen Häfen in Europa, Afrika sowie Mittel- und Südamerika tätig. Szczesik befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen und maritimem Know-how. Bislang habe das Stromkajen-Geschäft dafür gesorgt, das nicht so lukrative Geschäft hinter den Schleusen in den bremischen Häfen zu kompensieren. Die Folge könne sein, diesen Bereich zu reduzieren und sich nur noch auf Car-Carrier-Schleppdienste in Bremerhaven zu konzentrieren, die noch Gewinn abwerfen würden. Man wolle faire Bedingungen am Standort, sagte Bernd Albrecht von der ebenfalls international agierenden Hamburger Fairplay Towage Group, die ihren Deutschland-Sitz in Hamburg hat und in Bremerhaven mit ihren Bugsier-Schleppern im Einsatz ist. "Wir fahren unter deutscher Flagge und zahlen nach Tarif." Das müsse für alle Reedereien gelten.
Wie Svitzer reagiert
Man mache in einem freien Markt Geschäfte, so Svitzer-Deutschland-Geschäftsführer Jörg Hoffmann. "Wir sind seit neun Jahren in Bremerhaven tätig und erfüllen hier alle Vorgaben und Standards." Mehr müsse dazu nicht gesagt werden. Es könne im Grunde in dieser Anhörung nicht um Svitzer, sondern nur um mögliche weitere neue Anbieter gehen.
Welche Vorgaben gibt es von der Behörde?
Die Zulassung von Schleppdienstleistungen in den bremischen Häfen regelt die bremische Seeschiffsassistenzveordnung. Die Hauptziele, die dahinter stünden, seien, dass durch den Einsatz der Schlepper die Sicherheit in den Häfen und genügend Schlepperkapazität gewährleistet seien, sagte Hafenkapitän Stephan Berger. Genau das sei bereits gegeben. Man stelle den Rahmen her, und der müsse für alle gleich sein, so Jörg Peters, Abteilungsleiter Häfen. Das unterliege dem Grundsatz eines freien und fairen Wettbewerbs. Es gebe keine Möglichkeit, den Schleppern etwa die deutsche Flagge vorzuschreiben oder weitere Maßnahmen zu einer stärkeren Reglementierung zu ergreifen, um das maritime Know-how zu stärken, so laute das Ergebnis einer Prüfung bei der EU-Kommission, erklärt Peters.
Man solle sich nicht so von der EU-Kommission einschüchtern lassen, fordert dagegen Peter Geitmann, Gewerkschaftssekretär Schifffahrt bei Verdi. In acht anderen europäischen Ländern sei es auch möglich, dass die Schlepper ausschließlich unter der jeweiligen Nationalflagge fahren. Der Vorteil für den Standort aus Sicht von Verdi: Es gilt dann der höhere deutsche Tarif. Derzeit fahren Svitzer unter dänischer, die Reederei Med Tug unter niederländischer Flagge.
Welche Änderungen vorgesehen sind
Künftig soll es jedoch unter anderem nicht mehr möglich sein, dass sich ein Unternehmen nur noch auf ein Hafengebiet wie das der Stromkaje konzentriert. Seine Dienstleistung muss es für beide Hafengruppen 'Bremen und Bremerhaven anbieten. Außerdem sollen die Fahrzeugführer der Schlepper verbindliche Schulungen über Ortskenntnisse von den Lotsenbruderschaften erhalten. Außerdem soll es praktische und theoretische Prüfungen für jeden neu zugelassenen Fahrzeugführer geben. Die Prüfungen werden von der Port Authority Bremen durchgeführt. Damit halte man den sogenannten Spatz in der Hand, kommentierte Szczesik die geplanten Maßnahmen.