Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Budget-Hotel Zwei Sterne, die zu Talern werden

Vor neun Jahren machten zwei Männer in Bremen ein Hotel namens "prizeotel" auf, inzwischen haben sie längst expandiert. Jetzt stehen sie vor dem Verkauf.
11.03.2018, 21:47 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Zwei Sterne, die zu Talern werden
Von Jürgen Hinrichs

Es gibt sie, die Start-ups in Bremen, und eines ist jetzt in der Phase, demnächst den großen Reibach zu machen. Genau neun Jahre ist es her, dass zwei Männer ihren Traum verwirklichten und ein Hotel aufmachten. Nicht irgendein Haus von der Stange, keine Bettenburg, das wollten sie nicht. Stattdessen Design: grelle Farben, ungewöhnliche Möbel, überraschende Details.

Und der feste Wille, es mit einem jungen Team auch sonst ganz anders zu machen als die anderen. Frischer und freundlicher, im besten Sinne aufgeräumt. Das hat geklappt. Gleich zu Anfang und bis heute. Das Zwei-Sterne-Haus mit dem Namen „prizeotel“ hat nach Angaben der Betreiber eine Auslastung von durchschnittlich rund 75 Prozent.

„Mehr als auskömmlich“, sagt Matthias Zimmermann, der das Unternehmen zusammen mit dem Hotelfachmann Marco Nussbaum gegründet hat. Längst haben sie expandiert – nach Hamburg und Hannover. In Hamburg wird am 1. Juni auf St. Pauli ein zweiter Standort eröffnet. Es folgen Bern, Erfurt, München, Münster, Wien und Düsseldorf. Eine Kette, die rasend schnell heranwächst – und bald möglicherweise komplett verkauft wird. Das Start-up macht Kasse.

Lesen Sie auch

Kennengelernt haben sich die beiden Hotelgründer beim Vater von Zimmermann, der mittlerweile verstorben ist. Die Familie führt das Unternehmen Weser-Wohnbau und engagiert sich seit fast 50 Jahren als Projektentwickler und Bauträger. Eines der Immobilienobjekte hatte es Nussbaum angetan, er wollte an der Stelle ein Hotel errichten und wurde bei Zimmermann Senior vorstellig.

Doch daraus wurde nichts. Es blieb aber der Kontakt zum Sohn, der bei dem Gespräch dabei war. Die beiden verstanden sich, kamen auch privat gut miteinander klar, gingen zum Beispiel gemeinsam zum Fußball, zu Werder, und puzzelten weiter mit dem Gedanken herum, ein Hotel zu bauen und zu betreiben. „Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir jetzt an dem Punkt sind“, erzählt Nussbaum. Springen oder nicht. Sie sprangen.

Nussbaum, 47 Jahre alt und wie der 39-jährige Zimmermann gebürtiger Bremer, bezeichnet sich als klassisches Hotelkind. Er hat im damaligen Queens Hotel in der Bremer Vahr gelernt: „Hans Koschnick kam damals häufiger zum Essen.“ Später war er bei der Astron-Kette für das Marketing zuständig, danach in gleicher Funktion beim spanischen NH-Konzern, als Astron übernommen wurde.

"Ein Glücksfall"

Weiter ging es zu Ramada Hotels, bis es ihm zu viel wurde, ewig in Konferenzen zu sitzen und Strategien zu entwerfen. „Ich wollte an die Basis zurück und ein eigenes Haus führen.“ In Zimmermann, der als Immobilienkaufmann promoviert hat, fand er für das Sieben-Millionen-Projekt seinen Partner. 127 Zimmer, die Lobby, die Flure – alles konzipiert und eingerichtet von einem Designer: Karim Rashid.

Er wird in der Szene wie ein Popstar behandelt, hat Büros in New York City und Rotterdam, stellt in allen großen Museen der Welt aus – und war plötzlich der Mann für das neue Hotel in Bremen, am Rand der Bürgerweide. Ein Zufall, „ein Glücksfall“, sagen die beiden Gründer. Nussbaum, so erzählt er das, bekam in der Nacht einen Anruf von einer Bekannten, die ihn fragte, ob er Karim Rashid kennenlernen wolle.

„Ich bin um sechs in den ICE nach Köln, später haben wir uns noch mal getroffen.“ Ausgeschlossen, dass das werden kann, dachte er. So einer ist viel zu teuer. Doch Rashid hatte großes Interesse. „Er will den Leuten zeigen, dass Design demokratisch sein kann“, erklärt Nussbaum. So kam es, dass der Künstler eine Kiste ausstaffierte, denn der Bau selbst macht bei prizeotel nicht viel her, wohl aber sein Inneres.

Mehr Macht am Markt

Vier Jahre nach der Eröffnung haben Zimmermann und Nussbaum einen weiteren Investor in das Unternehmen geholt. Jeder von ihnen besaß nun ein Drittel, und es war Geld da, das nächste Hotel zu bauen, eröffnet wurde es im Juni 2014 in Hamburg. Um das Geschäft weiter ausbauen zu können und attraktive Standorte zu bekommen, reichte es dann aber nicht mehr, die Mittel dafür aufzutreiben, das ging nur mit mehr Macht am Markt.

Vor zwei Jahren stieg mit der belgischen Rezidor Group eine internationale Kette ein, die mehr als 600 Hotels besitzt, darunter die Marke Radisson. Das Unternehmen übernahm bei prizeotel 49 Prozent der Anteile und hat sich vertraglich die Option zusichern lassen, nach vier Jahren auch noch den Rest zu erwerben.

Das wäre dann der Moment – ein Start-up geht für viel Geld in einer großen Firma auf, die mit der Marke noch ganz andere Möglichkeiten hat. Nussbaum und Zimmermann grinsen, mal sehen, wie‘s kommt. Ganz früh, dass sie in den sozialen Medien unterwegs waren, unerlässlich für das Image eines jungen, urbanen und modernen Angebots.

Umsatz pro Zimmer ist entscheidend

Im Hotel kann man über die App von prizeotel mit dem Handy einchecken. Überhaupt das Buchen: „Wir haben eine Quote von mehr als 60 Prozent, die sich direkt anmelden. Das ist günstiger für den Gast und günstiger auch für uns“, sagt Nussbaum. Die Preise sind flexibel, je nach Nachfrage. Findet in den Messehallen auf der Bürgerweide ein Kongress statt, kann das Zimmer auch mal mehr als 100 Euro kosten, sonst sind es um die 60, 70 oder 80 Euro.

In den Anfangsjahren seien sie im Schnitt mit bis zu 85 Prozent ausgelastet gewesen. Entscheidend sei aber nicht die Belegung, sondern der Umsatz pro Zimmer. „Es ist wirtschaftlicher, bei geringerer Belegung einen höheren Preis zu erzielen“, rechnet Zimmermann vor. Eine Vorlage für Nussbaum, jetzt kann er flachsen: „Noch schöner ist es natürlich, bei voller Belegung den höchsten Preis zu erzielen.“ So oder so oder noch mal anders: In allen Varianten, auch der des Verkaufs von prizeotel, werden die Gründer gewinnen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)