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Parkourläufer mit starker Durchsetzungskraft Christoph Letkowski spielt im ARD-Märchenfilm "Das blaue Licht" (Sa., 25.12., 15.40 Uhr) und drehte soeben die Kohout-Verfilmung "Die lange Welle hinterm Kiel" für das Erste ab

In Marc Rensings viel gelobtem Debütfilm "Parkour" (2009) spielte Christoph Letkowski einen Gerüstbauer und Parkourläufer, den Eifersucht in die Verzweiflung treibt. Jetzt ist er im ARD-Zauberfilm "Das blaue Licht" an der Seite von Veronica Ferres zu sehen.
10.12.2010, 00:00 Uhr
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Von Wilfried Geldner

In Marc Rensings viel gelobtem Debütfilm "Parkour" (2009) spielte Christoph Letkowski einen Gerüstbauer und Parkourläufer, den Eifersucht in die Verzweiflung treibt. Jetzt ist er im ARD-Zauberfilm "Das blaue Licht" an der Seite von Veronica Ferres zu sehen.

Jetzt spielt er also auch noch den Märchenprinzen! - Bei Christoph Letkowski braucht das allerdings nicht zu verwundern. Der Mann - Agenturbeschreibung: "Berlin, 1,85 m, blond, Augenfarbe blau" - ist erstens Grips-Jugendtheater-gestählt (wirkte dort unter anderem in der berühmten "Linie 1" mit), kann gut träumen, ist ein Held, der über Häuserschluchten springt und Märchen mag. Jakob ist sein Filmname im eher unbekannten Grimm-Märchen "Das blaue Licht" (Sa., 25.12., 15.40 Uhr, ARD). Richtig besehen, ist er allerdings eine Art Hans im Glück, der erstens einer unglaublich maskierten Veronica Ferres als Hexe entkommt, und dem zweitens "Manitu"-Star Christian Tramitz jeden Wunsch erfüllt, wann immer er nur sein am "blauen Licht" entzündetes Pfeifchen schmaucht. Da lässt sich der um den Sold betrogene Kriegsmann natürlich auch des Königs Töchterlein (Marleen Lohse) nicht entgehen. Die Märchenliebe fand Fortsetzung im wahren Leben ?

Christoph Letkowski machte bei den Internationalen Hofer Filmtagen 2009 auf sich aufmerksam. "Parkour" hieß der Film, in dem er einen sensiblen Gerüstbauer spielte, der über Häuserschluchten und Zäune sprang, zusammen mit seiner Gang. Der Debütfilm des Regisseurs Marc Rensing riskierte viel, wenn nicht alles, geht über das, was man sonst in deutschen Filmen an Halbherzigkeiten sieht, weit hinaus. Letkowski zerbricht darin an seiner Eifersucht - man redet ihm die Untreue seiner Freundin ein, wobei auch das Sozialgefälle eine Rolle spielt. Egal wie: ein Psychodram, in dem Letkowski, wie er selber sagt, an die Grenzen seiner psychischen und physischen Möglichkeiten ging.

Nun das Interview mit Letkowski - anlässlich der Verfilmung des Pavel-Kohout-Stoffes "Die lange Welle hinterm Kiel", wo er einen verunsicherten Spätstudenten spielt, der sich auf einem Kreuzfahrtschiff in eine verlassene Schönheit verliebt. Natürlich muss man nach "Parkour" fragen. Alles selber gespielt? "Alles nicht", sagt Letkowski, nachdem er ein bisschen weiter ausgeholt hat und von "vier, fünf Jungs" erzählt, mit denen er probiert habe, ein halbes Jahr vor dem Film besonders intensiv. Wie beim Musikmachen sei das gewesen, das Feeling müsse stimmen, das Zusammenspiel. Letkowski war mal Zehnkämpfer, muss man wissen. Vom Parkoursport hat er an beiden Schienbeinen schwere Narben. "An der Kante abgerutscht." Heute springt er "noch so'n paar Mal": "Katzensprung", sagt er, und lässt dabei die Arme schon mal locker baumeln. Irgendwann verrät er aber auch: "Die schweren Dinger hat ein Stuntman mit 16-jähriger Erfahrung gemacht."

Letkowski, 1982 in Halle geboren und dann aufgewachsen in einem Dorf bei Magdeburg, hat sich bis heute die innere Haltung eines Punks bewahrt ("ein sehr persönliches Lebensgefühl"). Die Unabhängigkeit, das Selbstdenkerische spürt man in allen seinen Sätzen. Von ihnen geht eine Frische aus, wie man sie sonst auch bei Schauspielern eher selten spürt: Ob Letkowski nun von der Kindheit im Osten erzählt, also von den Eltern, die zusammen eine Praxis gründeten ("Zahnarzt und Naturheilkunde", "Meine Eltern sind seit der elften Klasse ein glückliches Paar") oder von den Wartezeiten in der elterlichen Praxis, wenn er von der Schule nach Hause kam: "Der Vater hat mir immer ein paar Computer- und Musikzeitschriften hingelegt - es war also keine wirklich leichte Kindheit." Sofort ist sie da, die Vergangenheit, die Letkowski mit einem Lächeln überstrahlt.

Heute hat der Schauspieler, im Nebenberuf Gitarrist, Songwriter und Sänger, eine Band, die "Volkskind" heißt ("Wie die 'Volksbühne', an der ich spiele, wie die 'Volkszeitung' in Magdeburg, oder wie der 'Volkspark' in Berlin!"). Ein eigener Film ist seit zwei Jahren geplant, in dem es um "die Kraft der Musik" gehen soll, um ehrliche Musik abseits der Castingshows.

Damals, daheim im Dorf, gründete er mit Freunden eine BMX-Gang, jagte wie Nicole Kidman im Jugendfilm "Die BMX-Bande" Verbrecher auf dem Fahrrad, lauerte ihnen nach dem Hollywood-Vorbild schon mal vor der örtlichen Sparkasse auf. Bis heute ist er ein Ensemblemensch geblieben. Einer, der das Theater mindestens so sehr liebt wie den Film. Er schwelgt von Castorfs Regie-Leidenschaft, spielt gerne "groß", wie er sagt, also auf der Theaterbühne, mag aber auch die intime Kamera vor der Nase, wie jetzt bei den Dreharbeiten zur "Langen Welle". Gerade ist er in der Berliner Volksbühne in der Doppelproduktion "Maßnahme / Mauser" nach Brecht und Heiner Müller zu sehen.

Er wohnt in Friedrichshain (Letkowski-Charakteristika: "bisschen bescheidener, bisschen dreckiger, billiger, mit Perücken tragenden Chinafrauen und Vietnamesinnen mit Laden-Lakai") zusammen mit Steve Windolf ("SOKO Köln") in einer Schauspieler-WG. Beide kennen sich von der gemeinsamen Studienzeit an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy".

Man darf sagen, dass Letkowskis Karriere soeben kulminiert und man fast fürchten muss, er könnte sich zwischen all seinen Metiers verzetteln. Christiane Hörbiger, eine seiner Filmpartnerinnen bei der Kohout-Verfilmung, gab schon mal weisen Rat: "Junge, bleib auf jeden Fall beim Theater", sagte sie zu ihm. Wenn das einer kann: Theater, Film und auch Musik mit großer gleicher Leidenschaft zu betreiben, dann er, der - trotz allem - mit Hochachtung von den berühmten Kollegen spricht, egal ob sie nun Hörbiger, Ferres oder Mario Adorf heißen. Vorbehalte? - "Kenne ich nicht." Er bewundert "den hohen Grad an Professionalität" bei seinen Partnern. Und das "Herz", den "Humor", den für ihn Hörbiger und Ferres haben: "Man sieht ein Mädchen in beiden."

An Selbstbewusstsein fehlt es ihm offensichtlich nicht: Als bei den Dreharbeiten zum Kohout-Film heftiger Sturm aufkam, wollte der Regisseur die Dreharbeiten abbrechen. Letkowski widersprach ihm heftig: "Wir drehen das jetzt!" Es war schließlich eine der wichtigsten Szenen des ganzen Films: Die todkranke Tante (Christiane Hörbiger) nimmt darin ihrem Neffen das Versprechen ab, ihre Asche nach ihrem Tod in die "lange Welle" hinter dem fahrenden Schiff ins Meer zu streuen. Letkowskis Wunsch wurde stattgegeben. Anders ist es auch schwer vorstellbar bei diesem Schauspieler, für den es immer um das Ganze geht. "Film", sagt Letkowski, "ist immer die Summe der einzelnen Teile. Die Summe von Vertrauen, Diskussion, Austausch - und Handeln. Wenn man Glück hat, dann klappt's."

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