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Kommentar über Griechenland Sirtaki auf dem Drahtseil

Der neue konservative Regierungschef Kyriakos Mitsotakis will die Probleme Griechenlands anpacken. Doch seine ersten Signale sind widersprüchlich, meint unser Gastkommentator Matthias Kullas.
16.07.2019, 14:40 Uhr
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Von Matthias Kullas

Am Montag vergangener Woche wurde Kyriakos Mitsotakis als neuer griechischer Ministerpräsident vereidigt. Damit kehrt die Macht in Griechenland wieder in die Hände einer der drei großen griechischen Politiker-Dynastien zurück. Denn die Namen Karamanlis, Papandreou und Mitsotakis tauchen seit Jahrzehnten immer wieder im Zusammenhang mit hohen politischen Ämtern auf.

In den zwanzig Jahren vor Ausbruch der Griechenland-Krise stellten sie drei der vier Ministerpräsidenten. Es ist daher wenig überraschend, dass diese drei Familien als Hauptverantwortliche der gegenwärtigen Misere angesehen werden: Als sie regierten, gab es statt Reformen Vetternwirtschaft, statt solider öffentlicher Haushalte kreative Buchführung. Allerdings hat Mitsotakis versprochen, dass damit nun Schluss sei.

Andere Wahlversprechen klingen hingegen vertraut: So hat er unter anderem Steuersenkungen und besser bezahlte Arbeitsplätze im Privatsektor angekündigt. Außerdem will er mit den internationalen Geldgebern über weitere Schuldenerleichterungen verhandeln. All das erinnert ein wenig an Sirtaki: zwei Schritte nach rechts, anschließend zwei nach links.

Angesichts dieser altbekannten griechischen Taktik ist es gut, dass die EU-Kommission und die Euro-Staaten nach wie vor großen Einfluss auf die griechische Politik haben. Zwar bekommt Griechenland keine Finanzhilfen mehr, trotzdem muss das Land noch immer umfangreiche Spar- und Reformauflagen erfüllen. So muss Athen etwa bis 2022 jedes Jahr einen Primärüberschuss im öffentlichen Haushalt in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erzielen. Hierzu hat sich das Land im Juni 2018 verpflichtet. Im Gegenzug wurden Griechenland Schuldenerleichterungen gewährt, insbesondere eine Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen. Sollte Mitsotakis die Spar- und Reformauflagen nicht erfüllen, könnten die Euro-Staaten diese Schuldenerleichterung aussetzen. Kurzum, auch der neue Premierminister wird nicht umhinkommen, weiter zu sparen.

Wenn Mitsotakis dennoch – wie versprochen – Steuern senken und besser bezahlte Arbeitsplätze schaffen will, braucht er Wirtschaftswachstum. Dieses wird sich nur dann einstellen, wenn Unternehmen in Griechenland wieder investieren. Hierfür muss Mitsotakis wirtschaftsfreundliche Reformen durchsetzen. Allen voran müssen Privatisierungen vorangetrieben und die Verwaltung erneuert werden. Vielen Griechen wird das nicht gefallen. Es bleibt zu hoffen, dass Mitsotakis dieser Sirtaki auf dem Drahtseil gelingt.

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Unser Gastautor

ist Fachbereichsleiter für Wirtschafts- und Fiskalpolitik am Centrum für Europäische Politik in Freiburg. Kullas studierte in Würzburg und hat in Würzburg und Peking promoviert.

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