Es ist ein unscharfes Foto, vermutlich mit einem Teleobjektiv aufgenommen, wie es Paparazzi oft benutzen. Prinzessin Catherine sitzt als Beifahrerin in einem schwarzen Audi, den ihre Mutter Carole Middleton in der Nähe ihres Wohnhauses in Windsor fährt. Der am Montag von einem US-amerikanischen Promi-Portal veröffentlichte Schnappschuss der 42-Jährigen ist der erste seit über zwei Monaten und seine Veröffentlichung ist Ausdruck des öffentlichen Hungers nach Nachrichten zum Gesundheitszustand der Frau von Prinz William.
„Never complain, never explain“ („Niemals klagen, niemals erklären”) ist ein altes Motto, das auch noch heute gilt. In den letzten Wochen bat vor allem der Kensington-Palast die Öffentlichkeit darum, Kates Privatsphäre zu respektieren. Doch das hatte Folgen: „Es besteht kein Zweifel daran, dass aktuell viel Klatsch und Tratsch dieses Vakuum füllt“, sagt die Royal-Expertin Pauline Maclaran von der Royal Holloway University of London gegenüber dieser Zeitung. „Der Palast befindet sich in einer schwierigen Lage.“
Seit Beginn des Jahres nehmen die schlechten Nachrichten für die Royals kein Ende: Anfang Februar wurde bekannt, dass bei König Charles III. im Rahmen eines Routineeingriffs Krebs diagnostiziert wurde. Kurz zuvor unterzog sich Prinzessin Catherine einer Bauchoperation und verbrachte zwei Wochen in einer Londoner Privatklinik. Sie müsse sich bis Ostern schonen, teilte der Kensington-Palast damals mit. Über die Art des Eingriffs machte er keine Angaben, es wurde jedoch bestätigt, dass es sich um eine geplante Operation und nicht um Krebs handelte. Sie wurde Ende Januar aus dem Krankenhaus entlassen und sei auf dem Weg der Besserung, hieß es. Am gestrigen Dienstag bestätigte das britische Verteidigungsministerium überdies, dass Kate am 8. Juni an einer Generalprobe zu „Trooping the Colour", der Geburtstagsparade des Königs, teilnehmen werde.
Die Mitteilung kommt nach einer Woche voller Spekulationen über den Zustand der 42-Jährigen. Dabei waren es nicht einmal die viel gescholtenen britischen Boulevardblätter, die in Ermangelung von offiziellen Mitteilungen Theorien zu ihrem Gesundheitszustand veröffentlichten. So berichteten spanische Medien etwa von Komplikationen nach der Operation und behaupteten, Kate sei ins Koma gefallen. Königliche Berater dementierten dies jedoch, so die Tageszeitung „The Times".
Nachdem Catherines Ehemann William vergangene Woche kurzfristig eine wichtige Gedenkfeier „aus persönlichen Gründen“ absagte, explodierte die Gerüchteküche endgültig. Es kursierten Theorien, die Maclaran als „wild“ und teils „unglaublich“ bezeichnete. Auf Webseiten und in WhatsApp-Gruppen hieß es, die Prinzessin von Wales werde an einem geheimen Ort versteckt, habe sich einer Schönheitsoperation unterzogen oder müsse einen schlechten Haarschnitt rauswachsen lassen. Der Kensington-Palast sah sich schließlich zu einer Klarstellung veranlasst: Sie erhole sich, es gehe ihr gut. Man habe gesagt, dass man sich melden werde, wenn es etwas Neues gibt.
Doch wie konnte es so weit kommen? Beobachter sehen einen Teil des Problems in den unterschiedlichen Reaktionen: Während der Kensington-Palast sehr zurückhaltend kommuniziere, gehe Charles viel offener mit seiner Krebsdiagnose um. Der 75-Jährige zeigte sich kürzlich auf dem Weg zur Kirche im englischen Sandringham oder beim Lesen von „Gute Besserung“-Karten. Sogar von seinem Treffen mit Premierminister Rishi Sunak gab es seltene Einblicke. An einem Tag gibt es Details über den Gesundheitszustand des Königs, an einem anderen keine Informationen darüber, warum William zum Beispiel eine wichtige Gedenkfeier verpasst hat. Die Öffentlichkeit wisse nicht, was sie erwarten soll.
Wunsch nach Privatsphäre
Die ehemalige Kommunikationsberaterin der Royals, Ailsa Anderson, hält den Vergleich zwischen dem König und Kate jedoch für unfair. „Er ist das Staatsoberhaupt und damit in einer anderen Position als die Prinzessin von Wales.“ Dieser Meinung ist auch Pauline Maclaran. Der Palast verweise aus guten Gründen auf Catherines Wunsch nach Privatsphäre. „Je mehr Details sie preisgeben, desto mehr wird die Öffentlichkeit verlangen.“ Die 42-Jährige habe das Recht, über ein offensichtlich schwerwiegendes Gesundheitsproblem zu schweigen. Bei Charles hingegen, so die Expertin, liege der Fall anders. Königin Elizabeth II. betonte einst, dass sie gesehen werden müsse, damit man an sie glaube. Diesem Grundsatz versucht der Monarch nun so gut wie möglich gerecht zu werden, obwohl auch er vorerst keine öffentlichen Termine mehr wahrnehmen kann.
Möglicherweise steckt hinter der offenen Kommunikation des Souveräns jedoch noch einen anderen Beweggrund, so Maclaran. Sie hält es für möglich, dass er von Catherines Gesundheitszustand ablenken will, indem er dafür sorgt, dass die Medien mehr über ihn berichten. „Er ist rücksichtsvoll genug, um ihren Stress lindern zu wollen und ihr damit Zeit zu geben, sich abseits des Rampenlichts zu erholen.“