Ein Abschied nach drei Jahren: Thomas Ohrner hat das Pendeln satt. Statt werktags in Köln für "Verbotene Liebe" zu schuften, zieht es ihn zurück zu seiner Familie an die Isar.
Ein Mann der vielen Verwandlungen - und das stets mit einem Lachen im Gesicht. Mit seinen Jugendrollen "Timm Thaler" und "Manni der Libero" wurde er zum Teenie-Idol. Später machte er als Radio- und TV-Moderator Karriere, und er wird auch im kommenden Jahr für eine neue Staffel der dokumentarischen BR-Reihe "Nachfolger gesucht" im Einsatz sein. Nur das Kapitel "Verbotene Liebe" hat Thomas Ohrner jetzt abgeschlossen: Nach drei Jahren in der Rolle des bodenständigen Familienvaters Matthias Brandner zieht es den 45-Jährigen wieder zurück von den strapaziösen Dreharbeiten in Köln zu seiner eigenen Familie in München. Seine bislang letzte "Verbotene Liebe"-Folge strahlt die ARD am Dienstag, 14. Dezember, 18.00 Uhr, aus.
teleschau: Herr Ohrner, glücklich, dass das Pendeln ein Ende hat?
Thomas Ohrner: Ich bin froh, dass sich mein Leben ein wenig entschleunigt und ich wieder den Alltag in meiner Heimat Münchens genießen darf.
teleschau: Wie viele Flugmeilen haben Sie denn gesammelt?
Thomas Ohrner: Ich bin kein Punkte-Freak, der jubelt, dass er seine Gold-Card erflogen hat. Aber ich saß tatsächlich montags morgens in der ersten Maschine nach Köln, und spätestens freitags vormittags kam ich mit dem ersten Flieger wieder zurück.
teleschau: An den Check-in-Schaltern dürfte man Sie vermissen.
Thomas Ohrner: Das Bodenpersonal und die Stewardessen kenne ich jetzt ganz gut. Die bemerken schnell, wenn wieder ein Heimatloser an Bord ist. Wenn man viel fliegt, merkt man aber schnell, dass man gar nicht alleine ist. Einige Gesichter im Flieger habe ich immer wieder erkannt.
teleschau: Als welche Erfahrung verbuchen Sie die zurückliegenden drei Jahre bei "Verbotene Liebe". Haben Sie vielleicht unterschätzt, was für einen Knochenjob Sie sich aufgehalst hatten?
Thomas Ohrner: (lacht) Musste ich ja, weil Soaps generell unterschätzt werden.
teleschau: Inwiefern?
Thomas Ohrner: Ich kenne die Schauspielerei noch aus einer Zeit, in der man gefeiert hatte, wenn man drei Minuten Netto-Serienzeit an einem Tag drehen durfte. Heute wird eine ganze Folge runtergerissen. Es geht am Set wie am Fließband zu. Für längere Proben ist überhaupt keine Zeit. Letztlich muss man aus dem Stand treffsicher in die Szenen reinkommen. Daran musste ich mich seelisch und körperlich erst einmal gewöhnen.
teleschau: Klingt nach einer ziemlich ruppigen Umstellung.
Thomas Ohrner: Halb so wild. Gut ist, dass es eine tägliche Beschäftigung ist, weil man so schnell in eine hilfreiche Routine kommt. Man lernt bei Serien wie "Verbotene Liebe" wieder zu lernen - auch durchs Auswendiglernen der vielen Texte. Als Moderator kann man ja doch ein wenig freier reden.
teleschau: Wie kamen Sie mit dem vielen Herz-Schmerz-Themen zurecht. Fällt es nicht schwer, abends den Pulsschlag wieder abzusenken?
Thomas Ohrner: Nicht wirklich. Dafür bin ich wohl doch schon lange genug im Geschäft, dass ich mit Aufgeregtheit gut umgehen kann. Ich bin kein blutjunger Anfänger, der den ganzen Trubel erst mal verarbeiten muss.
teleschau: Und der ganze dramaturgische Trubel, den Ihnen die Drehbuchschreiber Ihrer Rolle angetan haben?
Thomas Ohrner: Da habe ich zum Glück genug Abstand zur Rolle. Allerdings: Mein Matthias Brandner hat in den drei Jahren alle Höhen und Tiefen des Lebens durchgespielt - das muss eben Soap-mäßig so sein. Immer wenn ich die neuen Drehbücher bekam, fasste ich mir amüsiert an den Kopf und fragte mich: Was macht er denn jetzt schon wieder?
teleschau: Haben Sie sich denn mit Ihrer Figur angefreundet? Könnten Sie sich vorstellen, mit ihr abends mal ein Bier zu trinken?
Thomas Ohrner: (lacht) Ein netter Kerl ist er ja. Aber er ist ein Dickkopf, was ihn häufig in schwierige Situationen gebracht hat. Damit kann ich persönlich nichts anfangen. Ich bin wirklich nicht stur, und man kann immer mit mir reden und mich eines Besseren belehren. Ich bin kein solcher Betonschädel. Damit käme ich bei meinen Lieben auch nicht durch.
teleschau: Ihre Familie dürfte sich sehr gefreut haben, Sie wieder häufiger zu Hause zu haben.
Thomas Ohrner: Na klar, die konnten es schon fast nicht mehr erwarten. Auch Kinder brauchen manchmal einen Vater, habe ich mir sagen lassen. Und auch eine Frau braucht gelegentlich ihren Mann wieder an der Seite - umgekehrt gilt natürlich genau das Gleiche. Während der drei Jahre haben wir immer wieder gemerkt, dass es Gelegenheiten gab, an denen wir besser zusammen gewesen wären.
teleschau: Klingt nachvollziehbar.
Thomas Ohrner: Heute Abend gehe ich zum Beispiel seit einigen Jahren wieder zu den Lehrern meines größten Sohnes.
teleschau: Und freut sich auch der Sohn darüber?
Thomas Ohrner: (lacht) Es sind noch keine sichtbaren Verwilderungen eingetreten. Ich bin jetzt seit zwei Monaten wieder hier, und wir kommen sehr gut aus, ehrlich. Es ist aber auch nicht so, dass nicht wieder neue Arbeit zu erledigen wäre. Ich sitze nicht nur zu Hause herum und frage Frau und Kinder: Was kann ich jetzt für dich tun?
teleschau: Und das Beinahe-Junggesellendasein allein in Köln vermissen Sie auch noch nicht?
Thomas Ohrner: Nein. Ich hatte mir ja nicht freiwillig eine Junggesellenbude gesucht, weil es in Köln so aufregend ist, sondern weil meine Arbeit mich dorthin getragen hatte. Allerdings hat sich in den drei Jahren bei "Verbotene Liebe" durchaus ein enormer Freiraum eröffnet.
teleschau: Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Thomas Ohrner: An den Kölner Tagen habe ich mich nur auf mich selber und meine Arbeit konzentriert - und bin auch mal mit den Kollegen um die Häuser gezogen. So war ich das letzte Mal unterwegs, als ich 20 war. Außerdem konnte man in meiner kleinen Wohnung schon auch mal was liegen lassen - das kann ich zurück in München natürlich nicht bringen. Als Familienvater muss ich Vorbild sein und immer mahnen: "Freunde, schmeißt eure Sachen nicht einfach in die Gegend!"
teleschau: Der Blick in den Kühlschrank ist zu Hause wahrscheinlich auch erfreulicher?
Thomas Ohrner: Da unterschätzen Sie mich. Ich habe als Junggeselle gerne gekocht - und das gar nicht schlecht.
teleschau: Haben Sie denn schon ein Ritual geplant, wenn die große Abschiedsfolge ausgestrahlt wird? Setzen Sie sich mit der Familie dafür mit der Knabbermischung ins Wohnzimmer?
Thomas Ohrner: Eher nicht. Es ist einfach nicht unsere Fernsehzeit. Das war schon immer unser großes Problem mit "Verbotene Liebe". Um 18.00 Uhr fliegt im Hause Ohrner der Teppich. Mein großer Sohn kommt da gerade erst aus der Schule, der andere muss zum Basketball gebracht werden, irgendwer muss noch letzte Besorgungen machen. Fernsehen bekommen wir da gar nicht organisiert. Außerdem muss ich ehrlich sagen, dass meine Kinder gar keine großen Soap-Fans sind. Sie wissen zwar, dass ich da mitgespielt habe, aber sie haben einfach andere Serien auf dem Schirm.
teleschau: Macht Sie das traurig?
Thomas Ohrner: Keineswegs. Für meine Kinder ist es ganz normal, zu wissen, dass ihr Vater irgendwo im Fernsehen rumturnt. Aber deswegen müssen sie sich nicht von morgens bis abends die Programme reinziehen.
teleschau: Trotzdem muss es ein gutes Gefühl sein, wenn die Kinder von Ihren Mitschülern darauf angesprochen werden, dass sie den Vater schon aus dem Fernsehen kennen?
Thomas Ohrner: Meine Kinder gehen recht souverän damit um. Und ich bin ja auch nicht Sebastian Vettel, der so eben mal Formel 1-Weltmeister geworden ist. Ich bin halt eine langjährige Fernsehnase, aber die Aufgeregtheiten sind deswegen nicht so groß.
teleschau: Und das Modell "Nachfolger gesucht" aus Ihrer BR-Reihe trifft also nicht auf Ihren eigenen Familienbetrieb zu?
Thomas Ohrner: (lacht) Nein. Bisher hat noch keiner schauspielerische Neigungen gezeigt. Meine 20-jährige Tochter wird vermutlich eher in die schreibende Richtung gehen. Mein Mittlerer möchte als Basketballer in der NBA spielen. Bei den Kleineren ist alles noch offen. Ich sehe noch keinen Nachfolger - suche aber auch keinen.
teleschau: Ihre eigene TV-Karriere hat schon als kleiner Junge begonnen. Wenn Sie zurückblicken - würden Sie das noch einmal so machen?
Thomas Ohrner: Eher nein. Die Medienwelt hat sich ja komplett verändert. Als ich bekannt wurde, da gab es zwei Sender: ARD und ZDF. Für die zu arbeiten, war eine behütete Sache. Man konnte damals ein bisschen Fernsehen machen und parallel noch entspannt in die Schule gehen. Heute hätte man ganz andere Aufgaben, wenn man als junger Mensch berühmt wird.
teleschau: Was meinen Sie genau?
Thomas Ohrner: Heute wird man durch die Sender getragen und muss sich an unzähligen Marketing-Aktionen beteiligen, ob man will oder nicht. Da hätte ich ganz ehrlich Angst um mein Kind. Die Maschinerie greift sich doch die Talente, presst sie aus und wirft sie nach drei Jahren wieder weg, wenn sie vermeintlich keinen Tropfen mehr abgeben. Ich bin froh, dass es mich nicht heute als Zwölfjähriger getroffen hat.
teleschau: Zu Timm-Thaler-Zeiten wurden Sie doch sicher auch schon auf Schritt und Tritt auf der Straße angesprochen?
Thomas Ohrner: Aber das gehört doch dazu, das kann man nicht verhindern - warum auch? Etwas später, als ich in die Pubertät kam, gelang es mir recht gut, mich wieder etwas stärker zurückzuziehen. Aber das Problem hat sich ja mit der Zeit auch wieder gelegt. Nachdem die erste Hype-Welle um "Timm Thaler" abgeklungen war, kam eben die nächste Weihnachtsserie - und da war dann eben der nächste junge Schauspieler fällig.
teleschau: Setzt sich der Erwartungsdruck eigentlich privat fort, wird von Ihnen auf Familienfesten erwartet, dass Sie den Entertainer spielen?
Thomas Ohrner: (lacht) Sicher nicht. Ich genieße es sehr, privat einmal zurückzutreten und eben die zweite Geige zu spielen.
teleschau: Neben Ihrer Frau?
Thomas Ohrner: Die ist sowieso die Chefin.