Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Unwetter in Spanien War die Katastrophe vermeidbar?

Mehr als 200 Menschen haben ihr Leben bei dem Unwetter in Spanien verloren. Beim Besuch in der Unglücksregion wurde König Felipe VI. mit Schlamm beworfen. Einsatzkräfte suchen weiter nach Vermissten.
04.11.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
War die Katastrophe vermeidbar?
Von Ralph Schulze

Es ist eine der schlimmsten Flutkatastrophe in Europa im 21. Jahrhundert. Auch Tage nach den sintflutartigen Regenfällen in der spanischen Mittelmeerregion Valencia steigt dort die Zahl der Toten weiter. Bis zum Sonntag wurden bereits mehr als 200 Tote geborgen. Die meisten starben in ihren Autos, die von den Wassermassen mitgerissen wurden. Ein Ende der Tragödie nach den schweren Unwettern vom Dienstag ist noch nicht absehbar. Viele Menschen gelten weiter als vermisst - eine offizielle Zahl gibt es nach wie vor nicht, aber einige spanische Medien schreiben sogar von bis zu 2000. Am Sonntag bekamen König Felipe VI., Königin Letizia und Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez den Wut der Menschen zu spüren.

Bei einem Besuch des von der Regenkatastrophe besonders stark betroffenen Ortes Paiporta wurden sie mit den Rufen „Mörder, Mörder!” und „Haut ab!” beschimpft und mit Schlamm sowie Steinen beworfen. Nachdem die Situation eskalierte und es auch Verletzte durch Steinwürfe sowie auch Schlagstockeinsätze der Polizei gab, mussten das Königspaar und die Politiker ihren Besuch abbrechen.

In den Ortschaften westlich und südlich von Valencia, die am stärksten von den Überschwemmungen vom Dienstag getroffen wurden, hatte sich Unmut über die Politik breitgemacht. Viele Menschen in den verwüsteten Orte fühlten sich in den ersten Stunden und Tagen nach der Katastrophe völlig alleingelassen mit aufeinander getürmten Autos und Möbeln auf den verschlammten Straßen und ohne Trinkwasser, Lebensmittel, Strom und Telekommunikation.

Die Horrorbilder aus der spanischen Urlaubsregion wecken unterdessen Erinnerungen an das Hochwasser, das West- und Mitteleuropa im Sommer 2021 heimsuchte. Damals kamen nach schweren Niederschlägen 220 Menschen um. Davon starben allein 188 in den deutschen Bundesländern Rheinland-Pfalz – dort vor allem im Ahrtal – und in Nordrhein-Westfalen.

Erinnerungen an Hochwasser 2021

Wie damals nach der Tragödie im Ahrtal wird nun auch in Valencia den regionalen Behörden vorgeworfen, die Bevölkerung nicht rechtzeitig vor dem drohenden Unheil gewarnt zu haben. Die Regionalregierung Valencias, die höchste Autorität vor Ort, schickte erst zwölf Stunden nach Beginn der Regenflut eine Unwetterwarnung auf alle Handys – mit der Aufforderung, das Haus nicht zu verlassen und erst recht nicht ins Auto zu steigen.

Zu dieser Zeit stand vielen Menschen rund um Valencia das Wasser bereits bis zum Hals. Hunderte wurden von den aus dem bergigen Hinterland herabstürzenden Wasser- und Schlammfluten auf den Straßen der tieferliegenden Ortschaften erwischt. Es ertranken Eltern mitsamt Kindern, nachdem sie ihren Nachwuchs von der Schule abgeholt hatten. Und Menschen, die sich auf der Heimfahrt von der Arbeit oder dem Einkauf befanden.

Die Entscheidungsträger in der Region weisen zunächst einmal jegliche Schuld weit von sich. Auch in diesem Fall wird also vermutlich eine Untersuchungskommission oder ein Gericht klären müssen, wie es zu der Katastrophe kommen konnte.

Roter Alarm für die Provinz Valencia

Der Wetterdienst hatte am Morgen des Katastrophentages roten Alarm für die Provinz Valencia ausgelöst – die höchste von drei Warnstufen. Die Bürger sollten wegen extremer Unwettergefahr besser zu Hause bleiben, empfahlen die Meteorologen. Doch wer hört schon auf den Wetterbericht?

Das gleiche gilt für alle wissenschaftlichen Mahnungen, dass die vom Menschen verursachte Erderwärmung, der Klimawandel, langsam aber sicher zu einer Zunahme extremer Wetterlagen führt. Das macht sich bereits besonders stark im Mittelmeerraum bemerkbar, wo die Wassertemperatur des Meeres – und nicht nur rund um Mallorca – dieses Jahr eine Rekordtemperatur erreichte.

Die Folge steigender Luft- und Wassertemperaturen? Zum Beispiel die Bildung von Mittelmeertiefs mit immer heftigeren Niederschlägen. Warum immer heftiger? Weil höhere Meerestemperaturen zu mehr Verdunstung führen. Und weil zugleich die Wolken in einer sich erwärmenden Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Die Auswirkung, sagen Forscher, ist ähnlich explosiv, als ob man Benzin ins Feuer gießt.

Andalusische Provinz im Unwetter-Fokus

Derweil hält sich das Unwetterphänomen „Kalter Tropfen“ weiter über Spaniens Mittelmeerküste auf. Die höchste Warnstufe Rot rief der Wetterdienst Aemet zunächst bis Sonntagabend für Teile der Provinz Almería in der Region Andalusien ganz im Süden Spaniens aus. Menschen sollten dort möglichst zu Hause bleiben, mahnten die Behörden.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)