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Zwischen Kartoffelkeller und Kaffeebüffet Wanja Mues steigt in der ZDF-Krimiserie "Kommissar Stolberg" ein (ab 12. November, freitags, 20.15 Uhr, vier neue Folgen)

Ein neuer Partner für den ZDF-Kommissar aus Düsseldorf: Wanja Mues über seinen Einstieg bei "Kommissar Stolberg", romantische Jahre in New York City und ein eigenartiges Treffen mit Lukas Podolski.
22.10.2010, 00:00 Uhr
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Von Jens Szameit

Ein neuer Partner für den ZDF-Kommissar aus Düsseldorf: Wanja Mues über seinen Einstieg bei "Kommissar Stolberg", romantische Jahre in New York City und ein eigenartiges Treffen mit Lukas Podolski.

Ein Hauch vom "Paten" weht durch die ZDF-Krimireihe "Kommissar Stolberg". Italiener mit Dreitagebart! Dramatische Geigenmusik! Und entfernt erinnert dieser Nico Schreiber sogar an Robert Duvalls Consiliere-Figur im berühmten Mafia-Epos von Francis Ford Coppola. Wanja Mues, Jahrgang 1973, der als verdeckter Ermittler Schreiber zum "Stolberg"-Team (ab 12. November, freitags, 20.15 Uhr) hinzustößt, will man fast als unverbrauchtes Gesicht feiern. Dabei ist der Schauspieler, der seit Kurzem auch den neuen Freund von "Stubbe"-Tochter Christiane (Stephanie Stumph) - ebenfalls im ZDF - gibt, ganz schön herumgekommen in der Filmwelt. Ein Gespräch mit dem Wahlberliner über warme Worte von Hollywoodstar Matt Damon, Warnungen von Papa Dietmar und eine seltsame Begegnung mit Lukas Podolski.

teleschau: Herr Mues, Ihr Einstieg bei "Kommissar Stolberg" ist ja recht originell ausgefallen.

Wanja Mues: Finde ich auch! Ich hatte mich eh über die Einladung zum Casting gefreut, weil ich das Format mag, fragte aber gleich: "Habt Ihr Euch was überlegt? Oder ersetzt meine Figur einfach Aurel Manthei - nach dem Motto: gleicher Typ, anderer Schauspieler?" Da hieß es, der Regisseur Michael Schneider habe sich auf der Grundlage der Duisburger Pizzeria-Morde was einfallen lassen.

teleschau: Sie spielen einen verdeckten Ermittler, der nicht mehr weiß, auf welcher Seite er steht. Das ist eigentlich Stoff für großes Kino.

Mues: Genau, da ist es fast schade, dass man nur 60 Minuten hat. Wir haben darüber diskutiert, ob man das nicht ein bisschen amerikanischer erzählen darf - über zwei, drei, vier Folgen. So etwas endet aber meistens mit einem Verweis auf die Sehgewohnheiten des deutschen Fernsehpublikums.

teleschau: Ein Dilemma?

Mues: Ich finde absolut, dass das ein Dilemma ist. Ich bin mit amerikanischen Serien aufgewachsen. Heute kaufe ich mir die Sachen auf DVD - sie laufen hier ja nicht, weil die Deutschen das angeblich nicht sehen wollen.

teleschau: Den Eindruck hat man tatsächlich: "24" läuft seit acht Staffeln schlecht, "Lost" wurde wegen schwacher Quoten ins Nachtprogramm abgeschoben, zu "The Wire" gibt es lange Feuilletonartikel, aber keine deutsche Ausstrahlung.

Mues: "The Wire" habe ich mir im Internet bestellt, ich bin gerade bei Staffel vier. Uns fehlt vielleicht ein bisschen der Mut, diese Art von Serie für ein deutsches Publikum mit deutschen Themen zu machen.

teleschau: In der ARD startete kürzlich die Dominik-Graf-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" ...

Mues: Stimmt, das ist genau das, wovon wir sprechen.

teleschau: Manche sagen, vom Erfolg der Serie hänge es mit ab, wie es mit deutscher Fernsehfiktion weitergeht.

Mues: Erst mal bin ich glücklich, dass bei SAT.1 zwei eigenproduzierte Serien eingeschlagen sind: "Der letzte Bulle" und "Danni Lowinski". Wir atmen alle durch in der Branche, weil fiktionales Eigenprogramm eben doch funktioniert. Das könnte tatsächlich ein Startschuss sein. Zu "Im Angesicht des Verbrechens" ist zu sagen: Das ist neben der ZDF-Serie "KDD" das Mutigste und Beste, was ich im deutschen Fernsehen in den letzten Jahren gesehen habe. Das ist auf einer Höhe mit "The Wire", aber eben auf Deutsch: Das sind deutsche Polizisten in einem deutschen Polizeirevier, da kann sich jeder mit identifizieren. Da sage ich: Mehr davon!

teleschau: Sie spielten nicht nur in deutschen Produktionen, sondern auch kleinere Rollen in Hollywood-Filmen wie Roman Polanskis "Der Pianist" oder "Die Bourne Verschwörung" mit Matt Damon. Wer hat Sie da besonders beeindruckt?

Mues: Besonders beeindruckte mich: Je größer der Name, desto entspannter und normaler ist der Mensch. Gerade die Topstars kamen auf mich zu und sagten, "Schön, dass Du dabei bist!", obwohl ich eine winzige Rolle hatte und nur ein oder zwei Tage am Set war. Die wissen: Jedes Puzzlestück formt den Film. Wenn sich einer nicht wohlfühlt, kann das den ganzen Film kippen.

teleschau: Dann ist der Unterschied zu einer familiären deutschen Serienproduktion wie "Kommissar Stolberg" gar nicht so groß?

Mues: Bei "Stolberg" geht es tatsächlich besonders familiär zu. So etwas habe ich selten erlebt. Oft herrscht bei Serien nach ein paar Jahren so eine Stimmung: "Noch ein Jahr der seichte Scheiß. Hoffentlich ist es bald vorbei!" Das ist hier zum Glück ganz anders. Der Unterschied zwischen den deutschen und amerikanischen Produktionen ist nach meiner Erfahrung vor allem der: Für die Amerikaner zählt jede Sekunde, in der teurer Film belichtet wird, während an deutschen Sets die gute Stimmung im Vordergrund steht. Da verlabert man sich ganz gerne mal am Kaffeebüffet - was ja auch dazugehört. Da nehme ich mich selbst gar nicht aus.

teleschau: Dabei regiert ja auch hierzulande mehr und mehr der Sparzwang.

Mues: Natürlich. Ein Beispiel: Bei "Die Bourne Verschwörung" drehten wir damals in Berlin quasi direkt vor meiner Haustür. Das Produktionsteam bestand aber darauf, dass ich zu Hause mit einer schwarzen Limousine abgeholt werde und die 350 Meter zum Set chauffiert werde. Irgendwann traute ich mich, Matt Damon zu fragen, was das soll: Er sagte: "Die tun alles dafür, dich abzuschirmen, dass nichts und niemand deine Konzentration stört." Auf den ersten Blick wirkt das alles ziemlich aufgeblasen und übertrieben. Aber eigentlich ist es auch nachvollziehbar: Wenn die Kamera angeht, sollst Du 150 Prozent Leistung abrufen können.

teleschau: Sie lernten die Schauspielbranche schon in jungen Jahren kennen - durch ihren Vater Dietmar.

Mues: Ich bekam alle Höhen und Tiefen im Berufsleben meines Vaters mit und lernte schnell, dass man irgendwo in der Mitte bleiben muss, damit man den Wahnsinn aushält. Wenn monatelang kein Jobangebot kommt. Und dann plötzlich vier auf einmal. Wenn plötzlich große Regisseure und Preise anklopfen und man viel Geld auf einen Schlag verdient. Und dann wieder das andere Extrem. Mein Vater sagte mir immer: "Schauspieler sein: Das ist der schönste Beruf der Welt. Aber es ist auch ein scheiß Beruf. Ich unterstütze Dich, aber komm nicht mit 30 und sag, ich hätte Dich nicht gewarnt!"

teleschau: Sie gingen nach dem Abi erst mal für fünf Jahre nach New York. War ein so langer Aufenthalt geplant?

Mues: Ich hatte mir eigentlich zwei Monate Zeit genommen, um in den USA Urlaub zu machen. Nach einem Monat in New York merkte ich: Das ist genau meine Stadt, hier will ich bleiben, aber ich brauche etwas, um das mein Leben kreist.

teleschau: Sie bewarben sich an Schauspielschulen.

Mues: Ich schrieb mich an dem unsäglichen Strasberg-Institute ein. Mein Eindruck war, dass die mit ihrem großen Namen nur Geld machen wollen. Nach eineinhalb Monaten war ich wieder weg und kam bei einem seriösen Schauspielprogramm unter.

teleschau: Und abends arbeiteten Sie als Kellner, richtig?

Mues: Anfangs flog ich in den Semesterferien zum Drehen nach Deutschland, um Geld zu verdienen. Als ich in New York eine feste Beziehung hatte, kam aber der Wunsch auf, dauerhaft in der Stadt zu bleiben. Erst war ich Kellner und schließlich Manager einer schönen Bar. Illegal natürlich. Es hieß immer: "Wenn die Immigration Officers kommen, versteckst Du Dich im Kühlkeller hinter den Kartoffeln!"

teleschau: Klingt sehr romantisch!

Mues: Es war eine großartige Zeit! Zu den Leuten von damals habe ich heute noch Kontakt. Beinahe wäre ich sogar geblieben: Ich bekam das Angebot, mich zwei Jahre an den Laden zu binden. Dafür hätte ich eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen und hätte endlich auf legalen Füßen gestanden. Sehr verlockend.

teleschau: Aber sie lehnten ab ...

Mues: Ja, die Beziehung war am Ende. Vor allem aber hätte dafür praktisch den Schauspielberuf an den Nagel hängen müssen. Ich wäre dann einer dieser unzähligen New Yorker Schauspieler gewesen, die sich in einer Bar die Nächte um die Ohren schlagen und auf die große Chance warten, die doch nie kommt.

teleschau: Wie empfanden Sie Ihre Rückkehr nach Deutschland? Wirkte das nicht im Vergleich etwas trist?

Mues: Genau deshalb bin ich nicht zurück in meine Heimatstadt Hamburg gegangen, sondern nach Berlin. Das war kurz vor der Jahrtausendwende, da pulsierte das hier. Die Hoffnung war, dass Berlin eine Metropole von Weltrang wird.

teleschau: Das hoffen die Berliner noch immer.

Mues: Wie lange tun sie das schon? 20 Jahre? Ich glaube, das wird nichts mehr. Künstlerisch ist hier aber wahnsinnig viel los. Das Rohe und Zerrissene macht die Stadt interessant. Deshalb kommen ja die ganzen Künstler aus London oder New York: Dort ist es zum Leben zu teuer.

teleschau: Herr Mues, was ganz anderes: Es heißt, Sie wollten mal Fußballtorwart werden. Stimmt das?

Mues: Das war ein Kindertraum, ja. Ich spielte aber nie in größeren Vereinen, sondern immer nur mit Freunden. Ich liebte es, durch den Strafraum zu hechten. Das Talent hat aber nicht gereicht, was vielleicht auch ganz gut ist: Ich hatte zuletzt ein paar Begegnungen mit Fußballern, die mich nachdenklich machten.

teleschau: Wen trafen Sie?

Mues: Wir drehten für "Kommissar Stolberg" in einem Kölner Hotel, wo sich zufällig auch die FC-Spieler aufhielten. Ich war mir nicht zu schade, hinter Lukas Podolski herzulaufen, um ihn um ein gemeinsames Handy-Foto zu bitten, und das gleich meinem Sohn zu schicken, der sein größter Fan ist. Aber ...

teleschau: Aber?

Mues: Ich will's mal so sagen: Meine Welt ist der Profifußball nicht.

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