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ZDF-Meteorologe Özden Terli "Der Wetterbericht wird gnadenlos unterschätzt"

Seit 2013 ist Özden Terli der Mann fürs Wetter im ZDF. Im Interview spricht der Meteorologe über seine Rolle als Moderator,über Klimaberichterstattung und seinen Umgang mit Kritikern.
26.01.2022, 18:29 Uhr
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Von Lisa Urlbauer

Herr Terli, wie wird das Wetter in Bremen?

Die Frage ist jetzt aber eine gemeine Überraschung. Am Donnerstag kommt ein Sturmtief auf, und das Wetter ändert sich spürbar. 

Überraschung ist ein gutes Stichwort. Sind Ihnen schon mal Pannen im Fernsehen passiert?

Im „Morgenmagazin“ ist der Touchscreen mal ausgefallen. Da stand ich dann vor einem schwarzen Bildschirm, Kamera und der Scheinwerfer waren weiter an. Da wir die Wetterberichte nicht ablesen, sondern wissen, was da passiert, konnte ich das einfach abspulen. Ich habe dann den Wetterbericht gemacht, als wenn man Karten sehen könnte und darauf gewartet, dass die Regie das technische Problem löst.

Sie arbeiten seit 2013 in der Wetterredaktion des ZDF, davor waren Sie bei Wetter.com. Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?

Ich gehe viel stärker auf Klimathemen ein. Die Veränderungen in der Natur sind immer evidenter geworden, man kann es in den Daten sehen. Mir ist es wichtig, nicht einfach nur zu sagen, "das ist das Wetter". Wir schauen immer auch in andere Regionen der Welt, sei es bei Hurrikanen oder Überflutungen. Wie sind die Hintergründe und Zusammenhänge? Für mich ist es selbstverständlich, da auch etwas zum Klima zu machen. Wir sind Wissenschaftler und machen Wissenschaftskommunikation. Meteorologie ist die Physik der Atmosphäre, und wir stellen uns dahin und brechen es runter, damit alle es verstehen können. Der Wetterbericht wird eigentlich gnadenlos unterschätzt. 

Wie differenzieren Sie zwischen Wetterphänomenen und solchen, die vom Klimawandel beeinflusst werden? 

Wir leben in der Klimakrise, es hat sich alles verändert: die Atmosphäre, die Treibhausgase, die Temperatur. Wir haben den ganzen Planeten verändert, wir leben im Anthropozän (Anm. d. Red.: dem Zeitalter der Menschen). Davon sind auch die Wetterphänomene betroffen. Nicht jedes einzelne, nicht die Nebelbank um die Ecke. Die großräumigen Zirkulationen haben sich verändert. Hochs, die sich extrem aufbauen und dann zum Beispiel den Jetstream blockieren und ihn andersherum lenken. Oder wenn Wirbelstürme zum Monstersturm werden, weil die Weltmeere fast immer über ihrer Normaltemperatur liegen. Man kann in der heutigen Zeit nicht mehr über bestimmte Wetterphänomene reden, ohne den Klimaaspekt einzubringen. Das wäre unterlassene Berichterstattung.  

Wie gehen Sie mit Kritik an Ihrer Arbeit um??

Ich habe nichts gegen Kritik, wenn man mir sagt, dass eine Grafik nicht verständlich ist, oder fragt, ob wir nicht diesen oder jenen Aspekt betrachten wollen. Aber sie kommt häufig mit dem Holzhammer. Mir wird dann direkt unterstellt, ich sei ideologisch und würde keine anderen Meinungen zulassen. Aber es geht um Fakten, um wissenschaftliche Zusammenhänge. Gerade auf Twitter bewegt sich das überhaupt nicht mehr auf dieser Ebene. Dabei ist der Konsens der Wissenschaft: Die Klimakrise schreitet voran und kann katastrophal enden. Wer das infrage stellt, muss erst mal ein gegenteiliges schlüssiges Konzept vorbringen – so funktioniert Wissenschaft. 

Welche Gefahren gehen von Klimaleugnern aus?

Anfeindungen werden zunehmen. Interessanterweise ist es in der Corona-Zeit relativ ruhig. Die Schwurbler sind gerade beschäftigt mit der Pandemie. Aber sobald das wegfällt, ist die Gefahr groß, dass sie auf Klimathemen umschwenken. Letztlich läuft es schon seit Jahrzehnten so: Während sich die Klimawissenschaft aufgebaut hat, haben sie auch die Leugner positioniert. Die Klimawissenschaft hatte eigentlich nie die Chance, sich wertfrei zu entwickeln, sondern ist permanent von den jenen unter Beschuss, die die Fakten nicht wahrhaben wollen.

Das Gespräch führte Lisa Urlbauer.

Zur Person

Özden Terli (50)

ist Diplom-Meteorologe und Wettermoderator im ZDF. Im November hat ihn die Deutsche Umwelthilfe mit einem Preis für seine Klimaberichterstattung ausgezeichnet.

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