Katja Pourshirazi macht alte Bilder immer populärer. Als Museums-Direktorin im Overbeck-Museum ist sie immer mit vollem Herzblut bei der Sache.
Bei jedem Schritt knarzen und quietschen die alten Holzstufen, die zum Büro von Katja Pourshirazi führen. „Ich kann meist schon am Klang erkennen, wer da kommt“, sagt die Leiterin des Overbeck-Museums in Vegesack und lacht. Vor neun Jahren war die Bremerin zum ersten Mal in dem etwa 350 Jahre alten einstigen Packhaus an der Alten Hafenstraße. „Ich habe mich wegen der persönlichen Atmosphäre sofort wohlgefühlt und war begeistert von Fritz Overbecks ,Abend im Moor‘ – von dem strahlenden Blau“.
Mit den Worpsweder Künstlern ist die promovierte Literaturwissenschaftlerin quasi aufgewachsen. „Landschaften und Stillleben hängen noch heute bei meinen Eltern an der Wand – einige stammen auch von meinem Urgroßvater Carl Emil Uphoff. Der gehörte allerdings zur unbekannteren zweiten Worpsweder Künstlergeneration.“
Von ihrer ehemaligen Kommilitonin Friederike Daugelat wurde Katja Pourshirazi im Jahr 2009 zur Assistentin berufen. Daugelat leitete seinerzeit das Overbeck-Museum, liebäugelte aber mit einem Job in Schleswig-Holstein. „Ich habe von jetzt auf gleich angefangen und konnte schon bald zeigen, was ich konnte“, sagt die 39-Jährige. Eineinhalb Jahre später übernahm Pourshirazi die Leitung des Hauses. Reizvoll sei die Arbeit im Overbeck-Museum wegen der urigen Räumlichkeiten und des thematischen Freiraums bei der Konzeption von Ausstellungen. „Das Beste ist aber die tolle Zusammenarbeit im Team“, betont die Museumschefin „Wir haben zehn Teilzeitmitarbeiter und rund 40 Ehrenamtliche. Sie tragen das Museum und stehen Gewehr bei Fuß, wenn es mal brennt.“
Auch Katja Pourshirazi ist mit Herzblut bei der Sache. „Über das Handy bin ich zur Not fast immer erreichbar und auch an Wochenenden viel hier im Museum.“ Zum Glück sei bis dato nie etwas Schlimmes passiert – von Druckfehlern in Flyern mal abgesehen. „Als verantwortliche Leiterin hatte ich anfangs natürlich Angst. Man will ja schließlich alles gut machen. Aber man lernt auch, dass das meiste nicht so schlimm ist und sich alles hinkriegen lässt.“ Pourshirazi: „Stresssituationen machen mich inzwischen oft sogar innerlich ruhiger. Allerdings plane ich auch immer einen Zeitpuffer ein, das hilft enorm.“
Besonders aufgeregt war die Museumsleiterin bei ihren ersten Ausstellungseröffnungen. „Heute macht mir das Reden aber richtig Spaß.“ Zur Seite steht ihr bei den Vernissagen stets auch ihre aus dem Iran stammende Partnerin, mit der Katja Pourshirazi seit zehn Jahren verheiratet ist. Gerade sind die beiden Frauen nach Vegesack gezogen. Mit im Gepäck: Worpsweder und orientalische Kunst.
„Ich habe mir hier ein Fundament geschaffen und viele Ideen für die Zukunft.“
Katja Pourshirazi
Im Arbeitsalltag kommt die Kunst dagegen manchmal fast zu kurz. „Das Organisatorische frisst viel Zeit“, bedauert die Museumsleiterin. Vornehmlich gelte es, Post, E-Mails, und Anrufe zu beantworten, Geld zu akquirieren und die Kosten zu kontrollieren. Zwangsläufig könne sich ein Museum niemals selbst tragen und mache keinen Gewinn, „aber wir überprüfen monatlich die Rentabilität der Ausstellungen, denn die Veranstaltungen sollen sich möglichst rechnen“. Erfreulich sei die ständig steigende Besucherzahl. „Bei meinem Antritt hatten wir etwa 5000 Besucher pro Jahr, jetzt haben wir schon bis September mehr als 7000.“ Gezielt kämen immer mehr Gäste aus anderen Bundesländern und Schulklassen aus ganz Bremen und Umgebung.
Das Museum pflegt längst auch internationale Kontakte, zum Beispiel zu einem Sammler in Kalifornien. „Der schreibt uns, wenn er wieder einen Overbeck ersteigert hat, damit wir wissen, wo das Bild jetzt steckt“, erzählt Katja Pourshirazi und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Der würde uns die Bilder zwar leihen, aber wir müssten den Transport leider selbst bezahlen.“
Angenommen, sie hätte einen Sack voll Geld, könnte also die Künstler und einen Ausstellungsort frei wählen, was würde Katja Pourshirazi auf die Beine stellen?
Die Liste an Ideen wäre lang. Die Literaturwissenschaftlerin denkt kurz nach und sagt: „Ich würde in einem Londoner Wohnhaus die Bloomsbury-Gruppe um Virginia Woolf zeigen − gekoppelt mit der Kunst der damaligen Zeit. Dieses Zusammenspiel von Malerei und Literatur fasziniert mich.“ Zum Hintergrund: Die Bloomsbury-
Gruppe war ein Bündnis von Künstlern, Intellektuellen und Wissenschaftlern, die sich zwischen 1905 und 1939 regelmäßig in dem Londoner Stadtteil Bloomsbury trafen, um gemeinsam zu philosophieren und gegen die viktorianischen Moralvorstellungen zu wettern.
Und wenn sie einen unbegrenzten Etat für den privaten Kauf eines Kunstwerks hätte? Katja Pourshirazi grübelt kurz. Vilhelm Hammershøi (1864−1916) hat es ihr angetan. Der dänische Maler gilt als Vertreter des Symbolismus. Er malte melancholische Interieurs, Porträts und Landschaften. Fasziniert ist Pourshirazi aber auch vom zeitgenössischen Œuvre des Chinesen Qiu Shihua, dessen Bilder auf den ersten Blick weiß aussehen. „Erst beim näheren Hinsehen erkennt man zarte, fast magische Landschaften“, sagt Katja Pourshirazi. Sie mag es, lange vor einem Bild zu stehen, um es sich zu erschließen. „Und darum mag ich auch die Bilder von Fritz und Hermine Overbeck“, sagt sie und spannt damit den Bogen zum Overbeck-Museum. Hier fühlt sie sich am wohlsten. Ein Umzug in eine andere Stadt oder ein anderes Land diene zwar der Erweiterung des Horizonts, „aber es zieht mich eigentlich nichts hier weg“, sagt die Leiterin des Overbeck-Museums. „Ich habe mir hier ein Fundament geschaffen und viele Ideen für die Zukunft.“