Dass Hühner im Leben der Menschen schon seit Langem eine besondere Rolle spielen, lässt sich nicht zuletzt an den symbolischen Bedeutungen ablesen, die ihnen beigemessen werden. Die Henne gilt als Symbol für ein Übermaß an mütterlicher Fürsorge, der Hahn als Symbol des Stolzes und eines übersteigerten männlichen Verhaltens. Mehr noch: In vielen Völkern hat sich die Praxis entwickelt, den Hahn gedanklich mit der Sonne und dem Feuer zu verbinden. Im Christentum wurde er unter anderem zu einem Symbol für die Auferstehung. Als Nutztiere werden Hühner bereits seit Jahrtausenden gehalten. Tiefere Einblicke in die Geschichte des Miteinanders von Menschen und diesen Tieren liefern Studien internationaler Forschergruppen, die kürzlich in den Fachjournalen "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften und "Antiquity" veröffentlicht worden sind.
Die Gruppen um Professor Joris Peters von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Julia Best von der Universität Cardiff machen darin deutlich, dass die Domestizierung der Hühner wahrscheinlich sehr viel später begann als bislang angenommen und die Tiere erst vor etwa 2800 Jahren nach Europa gelangten. Die ersten Nachweise für die Domestikation stammen demnach aus Südostasien und gehen auf die Zeit vor ungefähr 3500 Jahren zurück. Mit dem roten Dschungelhuhn, so die Wissenschaftler, habe dort der wilde Vorfahr des Haushuhns gelebt. Der Trockenreisanbau, also der Anbau von Reis auf nicht gefluteten Feldern, habe auf diese Tiere wie ein Magnet gewirkt und dazu geführt, dass sie aus den Wäldern in menschliche Siedlungen gezogen seien. Später seien die domestizierten Hühner vermutlich mit Händlern auf dem Seeweg in den Mittelmeerraum gelangt. Aus den Überresten von Hühnern aus zahlreichen Ländern schließen die Forscher, dass die Tiere in Europa zunächst vor allem verehrt und weniger als Nahrungsmittel betrachtet wurden. So kam es vor, dass Hühner bestattet wurden, zum Teil sogar zusammen mit Menschen. In Großbritannien wurde der Verzehr von Hühnern nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler erst ab dem dritten nachchristlichen Jahrhundert zur Regel.
Andere Nutztierarten sind wesentlich früher domestiziert worden als die Hühner. Beim Hausschwein handelt es sich um die domestizierte Form des Wildschweins. Archäologen haben herausgefunden, dass in der Osttürkei schon vor etwa 9000 Jahren Hausschweine gehalten wurden. Das Hausrind stammt vom Auerochsen ab. Als gesicherte Erkenntnis gilt, dass es bereits vor etwa 10.000 Jahren im Nahen Osten domestizierte Auerochsen gab. Auch die Domestizierung der Wildschafe und -ziegen reicht nach heutigem Kenntnisstand sehr viel weiter zurück als die der Hühner. So wird angenommen, dass die ersten domestizierten Ziegen vor ungefähr 13.000 Jahren im vorderen Orient und die ersten domestizierten Schafe vor rund 10.000 Jahren in Anatolien lebten.