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Pures Glück? Vor 40 Jahren begann die Erfolgsgeschichte von ABBA

Vor 40 Jahren erschien ABBAs erste Single, ihre Hits sind bis heute unvergessen: Lässt sich der andauernde Erfolg des schwedischen Pop-Vierers erklären?
25.05.2012, 00:00 Uhr
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Von Stefan Weber

Vor 40 Jahren erschien ABBAs erste Single, ihre Hits sind bis heute unvergessen: Lässt sich der andauernde Erfolg des schwedischen Pop-Vierers erklären?

Es gibt kaum einfache Erklärungen für den andauernden Erfolg von ABBA. Höchstens viele, manchmal sich widersprechende Ansätze. Oder Vereinfachungen. "Ich hatte ein irrwitziges Leben", erklärte ABBA-Songwriter Benny Andersson einst in einem Interview, "Aber es ist nicht mein Verdienst. Es war pures Glück." Eine der erfolgreichsten Pop-Bands aller Zeiten, die auch 40 Jahre nach Veröffentlichung ihrer ersten Single, die Menschen immer wieder oder neu begeistert - nur das Ergebnis einer Verkettung von glücklichen Umständen?

Am 1. Juni 1972 erschien "People Need Love", die erste englischsprachige Single des Quartetts, in Schweden - damals noch unter dem etwas umständlichen Namen "Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid" - und erreichte dort immerhin Platz 17 der Charts. Und natürlich lässt sich die Vorgeschichte alleine dieses ersten Hits wie eine märchenhafte Fügung des Schicksals erzählen.

Die Wege der beiden ABBA-Songwriter Björn Ulvaeus und Benny Andersson hätten sich beinahe gar nicht gekreuzt - aufgrund eines akustischen Missverständnisses. Die beiden Musiker sind Mitte der 60er-Jahre in Schweden auf Tournee: Björn, Gitarrist der Folk-Formation The Hootenanny Singers, will Keyboarder Benny und dessen Band The Hep Stars zu einer Party einladen. Aber weil jene zunächst einen falschen Ortsnamen verstehen, nehmen die Hep Stars schließlich einen Umweg von mehreren hunderten Kilometer in Kauf, um doch gemeinsam zu feiern zu können. Ergebnis des Abends: Man freundet sich an. Doch damit nicht genug. Beide verlieben sich: Björn in Agnetha, eine schüchterne, blonde Singer/Songwriterin. Benny in Anni-Frid, eine Jazz- und Cabaret-Sängerin mit Bühnen- und TV-Erfahrung. Zwei weibliche Stimmen, die später auf wunderbare Weise harmonieren sollten.

Wohlgemerkt: später. Bei ihren ersten Singles sind die beiden ABBA-Frauen nur nettes Beiwerk. Karriere machen sollen die Songwriter Björn und Benny, Agnetha und Anni-Frid steuern nur Background-Vocals und vereinzelte Zeilen bei - zu hören auch bei "People Need Love". Nur Zufall, dass bei den späteren Welthits hingegen stets die beiden Sängerinnen im Rampenlicht standen? Dass "Does Your Mother Know?" (1979) der einzige ABBA-Hit ist, bei dem Björn den Lead-Gesang übernahm? Wohl kaum.

Zufall oder kluge Entscheidung? Ähnlich lässt sich ABBAs Sieg beim Grand Prix 1974 hinterfragen. Eigentlich wollte die Band zunächst mit dem sentimentalen "Hasta Mañana" antreten, entschied sich dann aber für das schmissigere "Waterloo" und einen Auftritt in poppig-bunten Glamrock-Outfits. Ein Wagnis bei einem Wettbewerb, der damals noch eher als Liederwettstreit galt, bei dem eher konservativere Jurys - und nicht das Publikum - über Sieg und Niederlage entschieden.

Eine Weltkarriere - nur möglich durch einen Song, der wohl aus einem Bauchgefühl heraus einem anderen vorgezogen wurde? Der Zufallsmoment als einzige Erklärung greift auch hier zu kurz. Denn direkt nach "Waterloo" riss die Erfolgssträhne zunächst ab, diverse Singles ("Honey Honey", "So Long", "I've Been Waiting For You") liefen mittelmäßig, erst mit "I Do, I Do, I Do, I Do, I Do" (1975) heimsten ABBA erneut Nummer-Eins-Platzierungen auch außerhalb ihrer Heimat ein.

Warum die vier Schweden daraufhin Hit auf Hit lieferten? Evergreens schrieben, die bis heute - dem Hitmusical "Mamma Mia!" und seiner Kinoadaption sei Dank - immer wieder neue Fans finden? Eines ist sicher: Der Mythos ABBA lebt auch von der Nostalgie. Das leicht verklärte Bild, die zeitlose Musik dieser vier Schweden konnte durch nichts getrübt werden. Vor allem ihre Weigerung, nach ihrer - nie offiziell verkündeten - Auflösung nicht mehr gemeinsam auf die Bühne zu gehen, hat sich bezahlt gemacht. Auch wenn sie einst das Angebot von einer Milliarde (!) Dollar für eine Comebacktour ausschlugen.

Und dass die Songs bis heute als Ohrwürmer funktionieren, ist ebenfalls kein Zufall, sondern harte Arbeit: "Inspiration ist überbewertet, es ist alles eine Frage der Diszisplin", erklärte Benny 2009 gegenüber "ABC News". Hinzu kam ein Perfektionismus beim Songwriting bis ins kleinste Detail: "Einfach alles, vom Intro über die Strophen bis zu den Instrumentalpassagen und zum Klangbild, musste unserem Qualitätsstandard standhalten", so Björn in einem Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau". Diesbezüglich dieser Eckpfeiler sich die Protagonisten einig.

Dennoch: Jedes ABBA-Mitglied hat seiner eigene Lesart ihrer Erfolgsgeschichte. Die spezielle harmonische und universelle Magie der Songs? Das Produkt von Liebe und Freundschaft, so Björn: "Stellen Sie sich vor, Sie sind mit der Frau, die Sie über alles lieben, und mit ihrem besten Freund und der Frau, die er über alles liebt, in einer Band", erklärte er im "SZ"-Interview, "Da läuft man nicht durch die Gegend und denkt, Gott, mir geht's schlecht." Benny hingegen sieht einen anderen Grund: "Versteckte Melancholie" sei der Grund für die Zeitlosigkeit der Songs. Wenn man die Melodien etwa nur auf dem Piano spiele, wäre die Musik "nicht so fröhlich, wie sie sonst scheint".

Und wie steht's mit den ohnehin melancholischen Songs? Ist der Erfolg eines quasi biografischen Trennungssongs wie "The Winner Takes It All" Ausdruck einer wahren Gefühls? "Diese traurigen, tragischen, romantischen Lieder sind einfach in mir. Ich glaube, ich kann so etwas gut singen", erzählte Agnetha im schwedischen Fernsehen - auch und gerade bezüglich des Songs, in dem Ulvaeus ihre Scheidung 1978 aufarbeitete. "Es ist wie eine Geschichte erzählen. Du gibst ein bisschen von dir und schauspielerst ein wenig dazu."

Alles also nur Fake? Plastik? Pop eben? Vielleicht auch nicht. Anni-Frid will in den Songs eine "Wahrhaftigkeit" erkennen, die "Kraft und Energie" der ABBA-Dauerbrenner sei aber "schwierig festzunageln und schwierig zu imitieren", sagte die Sängerin 2010 in einem ihrer seltenen Interviews mit einer schwedischen Tageszeitung. Nein, auch ABBA selbst können sich das alles wirklich nicht erklären. Aber egal, ob Zufall, Schicksal oder Cleverness am Werke waren: Ihre Geschichte ist ein purer Glücksfall für die Popwelt.

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