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Wertvolle Feuchtgebiete Ökosysteme wie Moore verdienen nicht nur wegen des Klimas Beachtung

Mit dem Begriff Moor verbanden Menschen über lange Zeit in erster Linie Gebiete, die besser gemieden wurden. Dass es sich mittlerweile anders verhält, hat verschiedene Gründe.
17.05.2022, 00:00 Uhr
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Ökosysteme wie Moore verdienen nicht nur wegen des Klimas Beachtung
Von Jürgen Wendler

Für die Menschen früherer Zeiten waren Moore Gebiete, die ihnen Angst machten. "O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn", beginnt nicht von ungefähr ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff (1797 bis 1848). Dass inzwischen sehr viel positiver über Moore gesprochen wird, liegt vor allem an der Rolle, die sie in Verbindung mit dem Treibhauseffekt, das heißt dem Klima, spielen. Neue Forschungsergebnisse unterstreichen ihre herausragende Bedeutung als Kohlenstoffspeicher. Darüber hinaus machen sie deutlich, dass diese Lebensräume ebenso wie andere Feuchtgebiete – Fachleute verwenden auch den Ausdruck Feuchtbiotope – nicht nur in Verbindung mit der Entwicklung des Klimas große Beachtung verdienen.

Wie Deutschlands Moore entstanden

Die Moore in Deutschland sind nach der letzten Kaltzeit entstanden, die vor etwa 11.700 Jahren zu Ende ging. Weil die Gletscher tauten, stieg der Meeresspiegel an. Niederschläge und ein hoher Grundwasserspiegel führten dazu, dass manche Flächen ständig nass blieben. Eine Folge davon war ein Mangel an Sauerstoff. Dadurch konnten die Reste abgestorbener Pflanzen mit ihrem hohen Anteil an Kohlenstoff nicht vollständig abgebaut werden. Das unvollständig abgebaute Pflanzenmaterial im Boden blieb als Torf erhalten, der im Laufe der Zeit immer dickere, oftmals viele Meter mächtige Schichten bildete. Zunächst entstanden die Nieder-, später die Hochmoore. Während Niedermoore sowohl durch Grund- als auch durch Niederschlagswasser gespeist werden, fehlt bei den Hochmooren der Kontakt zum Grundwasser. Auch im Bremer Raum sind Moore entstanden, so zum Beispiel im Umfeld des Flusses Hamme. Innerhalb der Bremer Stadtgrenzen, im Ortsteil Lesum, befindet sich das kleine Ruschdahlmoor. Das knapp fünf Hektar große Gebiet steht seit Anfang der 1990er-Jahre unter Naturschutz.

Indem sich in Hochmooren unter den lebenden Torfmoosen immer größere Mengen an Resten abgestorbener Pflanzen sammeln, werden die Moore zu gewaltigen Kohlenstoffspeichern. In Niedermooren halten Pflanzen mit ihrer Wurzelmatte abgestorbene Pflanzenreste fest; auch dies trägt dazu bei, dass Kohlenstoff gespeichert wird und nicht zur Bildung des Treibhausgases Kohlendioxid beitragen und in die Atmosphäre entweichen kann. Neben Mooren gelten auch andere Feuchtgebiete als wichtige Kohlenstoffspeicher. Im internationalen Sprachgebrauch werden zu den Feuchtgebieten außer Mooren nicht nur Bereiche wie Sümpfe und Auen, sondern zum Beispiel auch Küstenökosysteme wie Mangrovenwälder, Salz- und Seegraswiesen gerechnet.

Große Mengen Kohlenstoff gespeichert

Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Universität Greifswald sowie aus den Niederlanden und den USA hat kürzlich im Fachjournal "Science" eine Studie veröffentlicht, in der sie den Anteil der Moore und erwähnten Küstenökosysteme an der Erdoberfläche auf ein Prozent beziffert. Ihr Anteil am gesamten in Ökosystemen der Erde gespeicherten Kohlenstoff betrage aber 20 Prozent. Pro Quadratmeter speichern Feuchtgebiete nach Darstellung der Experten etwa fünfmal so viel Kohlenstoff wie die Wälder der Landmassen. Der an der Studie beteiligte Greifswalder Professor Hans Joosten bezeichnet Moore hinsichtlich der Kohlenstoffspeicherung als die wichtigsten Ökosysteme.

Wasser wird gereinigt

Dass Moore noch sehr viel mehr Aufgaben erfüllen als die Speicherung von Kohlenstoff, haben vor Kurzem die beiden Wissenschaftler Lydia Roesel von der Humboldt-Universität zu Berlin und Dominik Zak vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei verdeutlicht. Im "Journal of Environmental Management" zeigen sie, wie solche Ökosysteme in Bergbaugebieten helfen können, die Qualität des Fluss- und Grundwassers zu verbessern. Während des Abbaus von Braunkohle und auch danach entstehen nach ihren Angaben infolge von Reaktionen des Wassers und der Luft mit dem im Aushubmaterial enthaltenen Mineral Pyrit – auch Schwefel- oder Eisenkies genannt – Schwefelsäure beziehungsweise Sulfate sowie Eisenverbindungen. Diese machten das Grubenwasser zu einer Belastungsquelle für Gewässer. Eine hohe Eisenkonzentration kann zum Beispiel den Geschmack von Trinkwasser negativ beeinflussen. Sulfate wiederum sind für manche Lebewesen in Gewässern giftig und können zudem ein Überangebot an Nährstoffen fördern. Die Spree gehört zu den Flüssen, die vergleichsweise stark mit solchen Stoffen belastet sind. Wie die beiden Berliner Wissenschaftler mithilfe von Laborexperimenten belegen konnten, kann die Sulfat- und Eisenbelastung unter dem Einfluss von Moorböden um mehr als 80 Prozent abnehmen. Eine wichtige Rolle spielten dabei vermutlich unter anderem Mikroorganismen, die Sulfate abbauten.

Ebenso wie viele andere Wissenschaftler plädieren Lydia Roesel und Dominik Zak für die Wiedervernässung von Moorgebieten, wie sie derzeit unter anderem in Niedersachsen angestrebt wird. Waren die Moore in Deutschland bis ins 17. Jahrhundert hinein weitgehend unberührt geblieben, sind sie seither zum weitaus größten Teil entwässert worden. Viele der Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Wenn aus manchen trockenen wieder Feuchtgebiete würden, käme dies der aktuellen Studienlage zufolge neben der Eindämmung der globalen Erwärmung auch dem Schutz der Umwelt zugute.

Lebensräume für zahlreiche Arten

Moore und andere Feuchtgebiete wie Sümpfe und Auen tragen nicht nur zur Verbesserung der Wasserqualität bei, indem sie Schadstoffe aus dem Wasser herausfiltern, sondern bilden auch Wasserreservoire, die die Folgen von Überschwemmungen für Menschen auf ein verträgliches Maß begrenzen können. Darüber hinaus zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie vielen Arten einen Lebensraum bieten.

Zur Sache

Lebensräume für viele Arten

Zu den für Feuchtgebiete typischen Arten gehören nicht zuletzt Wasserpflanzen wie Seerosen, Binsen, Schilfgräser und Seggen. Moore beherbergen Lebewesen, die an die besonderen Umweltbedingungen angepasst sind, so etwa Pflanzen der Gattung Sonnentau, Wollgräser, Torfmoose, Moorfrösche und Schmetterlinge wie den Hochmoor-Bläuling.

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