Michelle Pfeiffer räkelt sich im roten Glitzerkleid auf einem Flügel – und die Kamera fährt in einer einzigen, unendlich langsamen Bewegung ganz um sie herum. Mit dieser Einstellung hat der deutsche Kameramann Michael Ballhaus 1989 Filmgeschichte geschrieben. 25 Jahre lang arbeitete der gebürtige Berliner in Hollywood mit den wichtigsten Regisseuren wie Francis Ford Coppola, Robert Redford, Wolfgang Petersen und Robert De Niro zusammen, allein sieben Filme entstanden mit Lieblingspartner Martin Scorsese. Drei Mal wurde er für einen Oscar nominiert. Am Mittwoch feiert er seinen 80. Geburtstag.
Ein Interview mag Ballhaus aus gesundheitlichen Gründen nicht geben. Schon bei der Vorstellung seiner Lebenserinnerungen „Bilder im Kopf“ im vergangenen Jahr in Berlin hatte er berichtet, wie ihm der Grüne Star zunehmend das Augenlicht raubt. „Es sind die Farben, die bleiben, die Gesichter, das Leuchten weißer Lichter in einer dunkelblauen Nacht“, notiert er.
Dennoch hat sich der Mann, für den die Augen das wichtigste Werkzeug waren, von der sich seit Jahrzehnten anschleichenden Krankheit nicht seinen Humor und seine Leidenschaft nehmen lassen. „Der Beruf war mein Traumberuf, meine Passion“, sagt er. „Dass ich dafür auch noch Geld bekam, fand ich manchmal erstaunlich.“
Eine beispiellose Beziehung verband Ballhaus mit US-Starregisseur Scorsese. Vom ersten gemeinsamen Low-Budget-Film „After Hours“ (1985) bis zum 100 Millionen Dollar teuren Abschiedswerk „Departed“ (2006) mit Leonardo DiCaprio und Jack Nicholson entwickelte das Duo eine eigene Bildsprache, die innovativ mit Licht, Raum und Bewegung arbeitet. Sein Blick liebe die Schauspieler, sagte er einmal. „Ich weiß, dass der Schauspieler viel Aufmerksamkeit von der Kamera braucht.“
Scorseses Bandenepos „Gangs of New York“ trug Ballhaus 2002 seine dritte Oscar-Nominierung ein – nach James L. Brooks‘ Komödie „Nachrichtenfieber“ (1987) und Steven Kloves‘ Nachtclubfilm „Die fabelhaften Baker Boys“ (1989). Die 360-Grad-Kamerafahrt – wie darin um Michelle Pfeiffer herum – wurde als „Ballhaus-Kreisel“ zu seinem Markenzeichen.
Entdeckt hat der Berliner seine Leidenschaft schon als 18-Jähriger. In der Theaterkommune seiner Schauspieler-Eltern im fränkischen Coburg aufgewachsen, hatte er damals Max Ophüls beim Dreh für „Lola Montez“ zuschauen dürfen. Ihn faszinierte die „schwebende Kamera, das magische Licht“. Nach dem Start beim Fernsehen in Baden-Baden lernt er Rainer Werner Fassbinder kennen. Mit dem exzentrischen Regisseur avanciert er in ab 1970 zum Vorzeige-Duo des Neuen Deutschen Films. 15 Filme machen sie zusammen, darunter „Die Ehe der Maria Braun“ (1979).