Es waren wohl vor allem zwei Gruppen, die am Sonnabend um 20.15 Uhr das ZDF eingeschaltet haben, um „Wetten, dass..?“ zu gucken: Die eine Gruppe, die sich darauf gefreut hat, sich vor dem Fernseher zu versammeln, um in die gute alte Zeit der gemeinsamen Live-Show-Familienunterhaltung einzutauchen. Die andere Gruppe wartete wohl eher darauf, dass Gottschalk irgendetwas sagt oder tut, über das man sich bei Twitter gut kollektiv aufregen oder lustig machen kann. Auf ihre Kosten gekommen sind am Sonnabend nach rund dreieinhalb Stunden "Wetten, dass..?" (natürlich hat Gottschalk überzogen) beide Gruppen. Etwas mehr als zehn Millionen Menschen verfolgten die Show.
Nicht ohne die Bagger-Wette
Für die Nostalgiker-Gruppe geht der Abend gleich gut los: Die erste Wette in Friedrichshafen ist direkt eine Bagger-Wette. Die darf in der Show natürlich nicht fehlen. Sandra Hasenauer wettet, dass sie mit ihrer Baggerschaufel sechs Eier anpiksen kann, während der Bagger auf nur einer Raupe auf einem Podest balanciert. Die Wettpaten Michael "Bully" Herbig und Christoph Maria Herbst glauben nicht daran, aber die Baggerfahrerin schafft es. Sie müssen also später noch Cancan mit dem Ensemble des neuen Kölner "Moulin Rouge"- Musical tanzen - was sie auch tun.
Als musikalische Acts stehen bei Gottschalks zweitem "Wetten, dass..?"-Comeback nach dem Ende der Show 2014 Robbie Williams, Herbert Grönemeyer und die kanadische Newcomerin Tate McRae auf der Bühne. Williams wird, nachdem er seinen Song "Lost" gesungen hat mit lauten "Zugabe"-Rufen dazu überredet, auch noch "Angels" anzustimmen, bevor er erst einmal wieder Backstage verschwindet, obwohl ihm noch ein Job als Wettpate droht.
Die Kinderwette
Erst einmal ist die Kinderwette an der Reihe: Die 15-jährigen Zwillinge Luise und Mira wetten, dass sie 200 völlig identische Stoffbären, denen sie alle Namen gegeben haben, auseinanderhalten können. Eigentlich sollte Alexander Zverev als Wettpate bereitstehen, eine Corona-Erkrankung machte ihm allerdings - Achtung, Wortwitz - zwei Striche durch die Rechnung. Für ihn sprangen die beiden Influencerinnen Lisa und Lena ein, was Gottschalk mehrfach als Chance nutzte, noch einmal zu betonen, wie doof er eigentlich Influencer findet - Lena und Lisa natürlich ausgenommen. Sie, zwei 20-jährige Frauen mit 18,5 Millionen Instagram-Followern, seien ja schon irgendwie "niedlich".
Robbie Williams macht sich aus dem Staub
Im Anschluss war Zeit für ein bisschen Smalltalk mit Robbie Williams, der sich neben Gottschalk auf der Couch sichtlich unwohl fühlte. Die Frage, wie er es denn finde, dass die meisten seiner Fans nicht mehr zwanzig, sondern eher vierzig seien, beantwortet Williams augenzwinkernd mit einem "gut", da sie ihm jetzt nicht mehr so schnell hinterherlaufen könnten.
Dann ist auch schon Zeit für die Wette von Holger Siebnich. Der behauptet, alle "Spiele des Jahres" von 1979 bis heute nur am Geräusch ihres Ausschüttens zu erkennen. Williams glaubt ihm und behält recht. Ein Auftritt im Deutschland-Trikot bleibt ihm erspart. Trotzdem nutzt er die nächstbeste Gelegenheit, um sich mit der üblichen "ich muss einen Flieger kriegen"- Ausrede aus dem Staub zu machen.
Gescheiterte Außenwette
Abgelöst wird er von Veronica Ferres, ihrer Tochter Lilly Krug und John Malkovich, die alle zusammen ihren neuen Film "Shattered" promoten, der in den USA bereits floppte, laut Ferres aber "großartige Kritiken" bekommen hätte. Das Dreiergespann fungiert als Wettpate für die Außenwette. Hier behaupten die beiden Freunde Max Baier und Max Mager, dass sie es schaffen, sich während einer Fahrt in Deutschlands höchster Achterbahn mehrmals erfolgreich ein Handy zuzuwerfen. Der Versuch scheitert kläglich. Die Wettpaten haben sich vertan und müssen jeweils einen Wackelpudding essen, von denen angeblich einer nach Fisch schmeckt. Ferres betont vorab mehrmals, dass sie ja eigentlich Veganerin sei und das gar nicht essen dürfe, am Ende ist sie dann aber die Einzige am Tisch, die viel mehr Wackelpudding vertilgt als sie müsste.
Gottschalks Fettnäpfchen
Es war ein Abend mit Höhen und Tiefen. Nostalgiker sind sicher auf ihre Kosten gekommen, dennoch hat das Format auch schon spannendere Wetten und einen witzigeren Moderator gesehen. Gottschalk unterbrach seine Gäste häufig, sprach unter anderem Fußballnationalspielerin Giulia Gwinn mit falschem Namen an und bescheinigt ihr versehentlich auch noch mit einem unbedachten Kreuzbandriss-Spruch ihr Karriereende. Und auch Moderationskollegin Michelle Hunziker musste sich den Abend über mehrmals Sprüche über ihre Ex-Männer oder ihr Äußeres anhören.
Und so war auch das Twitter-Publikum Gottschalk gegenüber während und nach der Show wenig gnädig. Im Mittelpunkt standen aber weniger seine Sprüche als viel mehr seine Aussprache. Viele lästerten, dass der Moderator, der in der Tat auffällig lispelte, Probleme mit einer schlecht sitzenden Zahnprothese hatte. So frage ein Twitter-User zum Beispiel zynisch: "Hat die letzte Generation Gottschalks Gebiss zusammengeklebt?"
Die Höhepunkte
Es gab allerdings auch Lichtblicke: Das war zum einen Herbert Grönemeyer, der als Wetteinsatz (Felix Kaiser wettete auf dem Hinterrad seines Fahrrades auf drei Meter Höhe zu kommen, während seine Familie unter ihm Bierkisten stapelt) für einen Monat die Betriebskosten aller Berliner Tafeln übernehmen will - egal, ob er gewinnt oder verliert. Und es gab den Wettkönig des Abends: Der 3D-Grafiker Marten Reiß wettete, dass er auf zwei identischen Wänden mit 1000 Fingerabdrücken, innerhalb von einer Minute erkennt, welcher eine Abdruck ausgetauscht wurde. Reiß machte sein Versprechen wahr und verzeichnete am Ende bei der Abstimmung 52 Prozent der Zuschauerstimmen. Und dann wurde es politisch bei "Wetten, dass..?" Die 50.000 Euro Preisgeld, kündigte der Klimaaktivist bereits zuvor an, wolle er nutzen, um zu helfen, seine Heimat, das Braunkohle-Dorf Lützerath zu retten.
Gottschalk verabschiedete sein Publikum mit dem Hinweis, dass er sich schon aufs nächste Jahr freue. Das Publikum sich sicherlich auch irgendwie - aus verschiedenen Gründen.