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Menschliche Kommunikation Wie Körper Botschaften vermitteln

Die Körperhaltung eines Menschen liefert nicht nur Informationen an andere, sondern hat auch Einfluss auf die Selbstwahrnehmung.
24.05.2022, 00:00 Uhr
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Wie Körper Botschaften vermitteln
Von Jürgen Wendler

Wenn Kinder hüpfen, liegt der Gedanke nahe, ihnen Fröhlichkeit zu unterstellen. Eine gedrückte Stimmung hingegen wird mit einem gesenkten Kopf oder einer zusammengesunkenen Erscheinung in Verbindung gebracht. Beide Beispiele liefern Hinweise, dass es eine Verbindung zwischen der Körperhaltung und dem seelischen Befinden gibt. Dass sich Psychologen dafür interessieren, liegt auf der Hand. Neue Forschungsergebnisse eröffnen weitere Einblicke in diesen Zusammenhang, dem Fachleute auch mit Blick auf psychologische Therapien Bedeutung beimessen.

Posen demonstrieren Macht

Dass Politiker neben sorgsam gewählten Worten auch Gesten einsetzen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, lässt sich tagtäglich im Fernsehen beobachten. Außer ihnen versuchen aber auch viele andere Menschen, mit ihrer Körpersprache Botschaften zu vermitteln. Wer beispielsweise seinen Mitmenschen mit nach hinten gezogenen Schultern, vorgestreckter Brust, weit auseinanderstehenden Beinen und in die Hüften gestemmten Händen begegnet, nimmt nicht nur viel Raum sein, sondern erweckt zugleich den Eindruck, dass es sich bei ihm um eine standhafte, selbstsichere Persönlichkeit handelt. Wissenschaftler verbinden solche Verhaltensweisen mit dem englischen Begriff Power Posing, der ausdrückt, dass es sich um Machtposen handelt. Auch die ausgestreckten Arme, mit denen Sportler Siege feiern, gehören zu dieser Art von Posen.

Im Jahr 2010 hat eine Gruppe um die US-amerikanische Psychologin Dana Carney eine Studie vorgelegt, die einen weitreichenden Schluss nahelegt: Menschen, die mit ihrer Haltung viel Raum einnehmen, sind demnach nicht nur risikobereiter und empfinden ein stärkeres Gefühl von Macht als andere, sondern weisen auch Veränderungen im Hormonspiegel auf. Die Wissenschaftler hatten bei Studienteilnehmern unter anderem höhere Testosteronwerte ermittelt. Das Sexualhormon Testosteron steht mit der Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale im Zusammenhang. Ihm wird nachgesagt, Menschen aggressiver und egoistischer zu machen. Die Frage, ob sich die Ergebnisse der Studie untermauern lassen, hat seither zahlreiche Forscher beschäftigt. Einen Überblick über den heutigen Kenntnisstand liefert eine Arbeit, die eine Gruppe um den an den Universitäten Halle-Wittenberg und Bamberg tätigen Psychologen Robert Körner im Fachjournal "Psychological Bulletin" veröffentlicht hat.

Kein Einfluss auf den Hormonhaushalt

Um die Frage zu beantworten, ob die Körperhaltung einen Einfluss auf die Selbstwahrnehmung, das Verhalten und den Hormonspiegel von Menschen hat, haben die Forscher Daten zu knapp 9800 Teilnehmern aus 88 Studien analysiert. Nicht nachweisen ließ sich dabei die Annahme, dass bestimmte Posen die Produktion von Hormonen wie Testosteron ankurbeln könnten. Dafür bestätigte sich die Vermutung, dass sich eine aufrechte Körperhaltung und Power Posing positiv auf die Selbstwahrnehmung auswirken. "Eine dominante Körperhaltung kann also zum Beispiel dazu führen, dass man sich selbstbewusster fühlt", erklärt die an der Analyse beteiligte Professorin Astrid Schütz von der Universität Bamberg. Dabei gibt es nach den Erkenntnissen der Experten keine nennenswerten Unterschiede zwischen Männern und Frauen sowie verschiedenen Altersgruppen. Wie Robert Körner erklärt, lassen sich Körpersprache und -haltung in psychologischen Therapien einsetzen. Sie könnten Menschen helfen, sich sicherer zu fühlen und positive Gefühle zu erleben.

Was der Gang verrät

Wissenschaftliche Belege für den Einfluss von Körperhaltungen und Bewegungsmustern auf das seelische Befinden hat in den vergangenen Jahren unter anderem der Psychologieprofessor Johannes Michalak von der Universität Witten/Herdecke geliefert. So konnte er gemeinsam mit anderen Fachleuten zeigen, dass eine Verbindung zwischen dem Gang und dem emotionalen Gedächtnis besteht. Einfach ausgedrückt: Wer mit hängenden Schultern schlurft, wird sich eher an negative Dinge erinnern. Wer hingegen fröhlich läuft, kann sich eher positive Dinge merken. Die Art, sich zu bewegen, hat folglich einen Einfluss darauf, ob eher positive oder negative Informationen verarbeitet werden. Und nicht nur das: Forschungsergebnissen Michalaks zufolge lässt sich an ihr ablesen, wie sich die Stimmung eines Menschen entwickeln wird. In einer entsprechenden Studie mit gesunden und akut depressiven Teilnehmern stellte sich heraus, dass die Art des Gehens Rückschlüsse auf die Entwicklung ihres Innenlebens erlaubte. Personen, die dynamisch gingen, waren rasch positiver gestimmt.

Ständig wird kommuniziert

Diese und zahlreiche andere Beispiele verdeutlichen, dass Menschen auch dann Botschaften vermitteln, wenn sie nicht sprechen. Der Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick (1921 bis 2007) hat dieses Phänomen mit einem berühmt gewordenen Satz verdeutlicht: "Man kann nicht nicht kommunizieren." Menschen kommunizieren mit ihrer Körpersprache, das heißt ihrer Haltung, ihrer Mimik und ihren Gesten. Häufig geschieht dies unbewusst. Geweitete Augen zeugen von Überraschung oder Furcht, ein nach oben gezogener Mundwinkel von Verachtung oder Abscheu und die sich runzelnde Stirn von Ablehnung oder Besorgnis. Kurzum: Schon die Mimik spricht Bände.

Zur Sache

Verräterische Mimik

Dass es eine Verbindung zwischen der Mimik von Menschen und ihren Emotionen gibt, gilt als erwiesen. Besonders intensiv hat sich damit der US-amerikanische Anthropologe und Psychologe Paul Ekman beschäftigt. Seine Erkenntnisse verbinden Wissenschaftler mit dem Fachausdruck Mikroexpressionen. Gemeint sind damit für Sekundenbruchteile auftretende Gesichtsausdrücke, die Emotionen wie Freude, Angst, Ekel oder Verachtung verraten.

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