Tropische Korallenriffe, die zu den artenreichsten Lebensräumen gehören, sind vielfältigen Bedrohungen ausgesetzt. Die Erwärmung des Meerwassers gehört ebenso dazu wie intensive Fischerei, Massentourismus und zu große Mengen an Nährstoffen, etwa aus Abwässern oder der Landwirtschaft. Zu den Folgen erhöhter Wassertemperaturen können sogenannte Korallenbleichen gehören. Dass sich Riffe unter günstigen Bedingungen relativ schnell davon erholen können, zeigt eine neue Studie mit Bremer Beteiligung.
Einen entscheidenden Anteil an der Bildung von Korallenriffen haben Steinkorallen, einfach gebaute Tiere, die in der Regel sessil sind, wie Fachleute sagen, das heißt an einem bestimmten Standort festsitzen. Sie bestehen aus einer Vielzahl sogenannter Polypen mit einem sackförmigen Körper sowie einer Mundöffnung, die von Tentakeln umgeben ist. Damit können sie Plankton fangen. An ihrer Unterseite scheiden sie Kalziumkarbonat beziehungsweise Kalk aus, genauer: eine bestimmte Form davon, das Mineral Aragonit. Die Menge an ausgeschiedenem Kalk ist so groß, dass im Laufe der Zeit große Kalkskelette entstehen. Die Riffe wachsen. In den lichtdurchlässigen Zellen von Korallen leben winzige Algen, die die Tiere mit lebenswichtigen Stoffen versorgen. Wenn das Wasser zu warm wird, produzieren diese Mikroalgen jedoch Giftstoffe – mit der Folge, dass sie von den Korallen abgestoßen werden. Die Tiere bleichen aus, es kommt zur Korallenbleiche. Ohne die Algen können die Korallen nicht dauerhaft überleben.
Riffe im Indischen Ozean untersucht
Marleen Stuhr vom Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung hat gemeinsam mit Kollegen von der britischen Universität Exeter untersucht, was nach der weltweiten Korallenbleiche der Jahre 2015 und 2016 mit den Korallenriffen des Chagos-Archipels inmitten des Indischen Ozeans geschah. Die nördlichen Atolle der Inselgruppe sind seit Jahrzehnten unbesiedelt und Teil eines der größten Meeresschutzgebiete; menschliche Einflüsse spielen dort kaum eine Rolle. Wie die Forschergruppe im Fachjournal "Limnology and Oceanography" erläutert, hatte die Korallenbleiche in den untersuchten Riffen dazu geführt, dass der Korallenbewuchs und die Karbonatproduktion um mehr als 70 Prozent zurückgingen. 2021 befanden sich alle Riffe auf dem Weg der Erholung. Viele wichtige Korallenarten hatten sich überraschend schnell wieder angesiedelt. Marleen Stuhr fasst die Erkenntnisse so zusammen: "Die Studie zeigt, dass sich Korallenriffe und die wichtigen Funktionen, die sie erfüllen, in abgelegenen und geschützten Gebieten ohne lokale Einflüsse wie Fischerei, Abwässer oder Veränderungen der Küstenlinie relativ schnell erholen können, selbst nach großflächigen Störungen."