Landkreis Diepholz. Das Aktionsbündnis Eisenbahnstrecke Bassum-Bünde (AEBB) setzt sich für die Reaktivierung der Strecke zwischen Bassum und Rahden ein, um den Zugverkehr auf diesen Schienen zwischen Bremen und Bielefeld wiederherzustellen (wir berichteten). Das Bündnis hat dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um die Chancen auszuloten, wie erfolgreich das Verfahren der standardisierten Bewertung sein könnte, das maßgeblich für die Förderung des Unterfangens ist. Das Land Niedersachsen zeigt daran durchaus Interesse: "Ziel der niedersächsischen Landesregierung ist es, wo wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar, Eisenbahnstrecken und Haltepunkte für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Niedersachsen zu reaktivieren", berichtet Christoph Ricking, Pressesprecher des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Zwischen 2013 und 2015 habe das Land Niedersachsen untersucht, welche Strecken reaktiviert werden könnten. Bei der "breit angelegten" Aktion habe das Land in einem dreistufigen Verfahren 2013 auch die Strecke von Bünde über Rahden und Sulingen nach Bassum betrachtet. Diese sei jedoch bereits in der ersten Stufe ausgeschieden.
Der Grund: Bei hohen geschätzten Investitionen habe das Land nur eine geringe Nachfrage für die Strecke ermitteln können, da Teile der Strecke bereits seit längerer Zeit, genauer gesagt 16 Jahre, stillgelegt waren. Die Ergebnisse dieser Vorabbewertung hätten kein annähernd positives Ergebnis der standardisierten Bewertung erwarten lassen, so Ricking weiter. Eine Reaktivierung kam daher nicht in Betracht. Vielmehr habe das Land Niedersachsen im Dezember 2019 Geld in die Landesbuslinie von Sulingen nach Bassum gesteckt, womit wieder mehr Verkehr auf der Straße gelandet ist.
Unzureichende Bewertung
Aber: Das Untersuchungsverfahren des Landes habe auch gezeigt, dass die standardisierte Bewertung "insbesondere die Situation ländlicher Räume aufgrund der einfließenden Bewertungsfaktoren nur unzureichend" abbildet, so Ricking. Dies gelte auch für die künftige Siedlungsentwicklung und des Klimaschutzes. Solange allerdings die Kriterien der standardisierten Bewertung nicht maßgeblich verändert würden, würde auch eine erneute Untersuchung von möglichen Streckenreaktivierungen nicht zu anderen Ergebnissen führen.
Demnach müsste erst die Bewertung überarbeitet oder gar ein alternatives Verfahren von Bund und Ländern entwickelt werden. Erst dann sei eine neue landesweite Reaktivierungsuntersuchung sinnvoll. "Nur auf dieser Grundlage können potentiell erfolgversprechende Reaktivierungsstrecken sinnvoll vorausgewählt und ein Vorschlag für ein vergleichendes Untersuchungsverfahren zur Priorisierung entwickelt werden", sagt Ricking. Dafür setze sich Niedersachsen mit den Verkehrsministerien aller Bundesländer beim Bund ein.
Nicht zu vernachlässigen ist dabei jedoch der Faktor Geld und ein weiterer Beteiligter – die Deutsche Bahn. Diese macht auf den ersten Blick durchaus Mut: "Selbst wenn die Gleise verwittert sind oder teilweise abgebaut wurden, ist die Reaktivierung von Bahnstrecken günstiger als ein kompletter Neubau, wenn etwa die Trassenflächen und Bahndämme noch vorhanden sind", erklärt eine Sprecherin der Bahn auf Nachfrage und verweist auf eine Pressemitteilung, die das Unternehmen im Juni herausgegeben hatte. Dort warb die Bahn mit klimafreundlichem Bahnverkehr und meldete, dass sie stillgelegte Strecken reaktiviert. 20 Strecken mit 245 Kilometern an Gleisen sollen neu belebt werden. Darunter findet sich jedoch weder die Strecke Bünde-Bassum, noch überhaupt eine Trasse in Niedersachsen.
Dennoch seien die Kosten nicht zu unterschätzen. Diese richten sich nach dem Zustand der Strecke: "Üblicherweise liegen die Kosten für reaktivierte Strecken zwischen einer Million Euro pro Kilometer bei einfachen Projekten und zehn Millionen Euro pro Kilometer bei komplexen Ingenieursbauwerken und entwidmeten Strecken", sagt die Sprecherin und merkt mit Blick auf die Landesregierung Niedersachsen an: "Attraktiver Nahverkehr ist Ländersache: Das betrifft die Tarife, die Fahrpläne und auch die Finanzierung."