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Klinikum Bassum Mit Expertenwissen gegen das Lipödem

Das Klinikum Bassum kümmert sich um Menschen mit schmerzhafter Fettgewebsverteilungsstörung. Dr. Ahmed Abdou ist deutschlandweit eine der wenigen Kapazitäten auf diesem Gebiet.
02.01.2024, 15:42 Uhr
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Mit Expertenwissen gegen das Lipödem
Von Micha Bustian

Bassum. "Es gibt nicht viele Kliniken, die das auf hohem Niveau anbieten können." Das sagt Dr. Ahmed Abdou, Chefarzt an den Kliniken im Landkreis Diepholz mit Standort in Bassum. Mit dem Wort "das" meint er die Behandlung von Lipödemen. Zurzeit würde im Krankenhaus in der Lindenstadt "fast jeden Tag ein Fall" operiert. Heißt: An fast jedem Tag wird bei einem Menschen Fett abgesaugt. Und das nicht aus kosmetischen Gründen.

Was ist ein Lipödem?

Ahmed Abdous Definition ist kurz: "Eine schmerzhafte Fettgewebsverteilungsstörung." 3,8 Millionen Menschen sind laut Internetseite www.kliniken.lkd.de betroffen, meist Frauen, und das unter großen Schmerzen. Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie nennt das Lipödem auch Reiterhosen-Phänomen oder Säulenbein. Charakteristisch für die chronische Erkrankung sei eine Vermehrung des Unterhautfettgewebes. Pubertät. Wechseljahre und auch eine Schwangerschaft können Auslöser der Krankheit sein, die sich in Umfangsvermehrung und blauen Flecken äußert – an den Beinen, aber auch an den Armen.

Das Lipödem wird in drei Stadien aufgeteilt. Laut der Webseite der Fachklinik für operative Lymphologie in Köln ist bei Stadium eins die Hautoberfläche noch glatt, doch das Unterhautfettgewebe bereits gleichmäßig verdickt und die Fettstruktur feinknotig. Bei Stadium zwei wird die Hautoberfläche uneben und von Dellen und Beulen geprägt, die Fettstruktur ist grobknotig. Stadium drei schließlich bringt ein hartes, derbes Gewebe sowie überhängende, große Fettlappen mit sich, die Disharmonie der Körperteile ist deutlich sichtbar. Nur die Behandlung von Stadium drei wird von den Krankenkassen bezahlt. Einen Grund dafür nennt Ahmed Abdou: "Es gibt keine Literatur, die beweist, dass Absaugen wirklich hilft."

Wie wird ein Lipödem behandelt?

Man kann auch schon in den ersten beiden Stadien der Krankheit etwas tun. Lymphdrainagen beispielsweise. Oder Kompressionsstrümpfe anziehen. Bis zu sechs Wochen dauert eine solche konservative Behandlung, bezahlen muss der Patient in diesen Fällen selber. Letztlich läuft es aber auf eine Fettabsaugung, in Fachdeutsch Liposuktion, hinaus. Die Notwendigkeit dazu kann bereits in den ersten beiden Stadien bestehen. "Es kann auch schon in Stadium eins zu schweren Schmerzen kommen", berichtet Ralph Ehring, Geschäftsführer des Bassumer Klinikums. Und mit ein bisschen Pech seien die betroffenen Bereiche auch in Phase zwei empfindlich. "Aber das betrifft nur einen kleinen Kreis an Personen." Diese würden sich in Vereinen und Selbsthilfegruppe organisieren. "Wir haben keine eigene Selbsthilfegruppe, unterstützen aber andere durch Besuche", erläutert Ahmed Abdou.

Warum wird ein Lipödem behandelt?

Neben den starken Schmerzen gibt es weitere Gründe. Einer davon: Mobbing. "Der Leidensdruck bei den Betroffenen ist enorm", weiß Ralph Ehring. Dabei sei ein Lipödem "kein angefuttertes Problem". Auch vor Operationen am Knie könne es zu Fettabsaugungen kommen. Generell gilt: "Wir operieren nach den Richtlinien", stellt Ahmed Abdou fest. Das bedürfe gegebenenfalls einer Einzelfallentscheidung, beispielsweise bei einem Patienten mit einem Body-Mass-Index von mehr als 40. 

Was kann das Bassumer Klinikum leisten?

"Wir haben eine Schieflage", findet Ralph Ehring. Es gebe viele Betroffene mit hohem Leidensdruck. "Im beschaulichen Bassum haben wir dafür einen Experten." Darüber hinaus sei das Klinikum "bekannt für innere Medizin und Chirurgie auf fachlich sehr gutem Niveau". Etwa 55 Fälle habe man in der Lindenstadt in 2022 behandelt, "und es werden immer mehr". Das wiederum mag damit zu tun haben, dass die Medizinische Hochschule Hannover ihre Zulassung für diese Art der Behandlung verloren hat. Seitdem kämen auch Fälle aus Hannover, Hamburg oder Dresden nach Bassum. Klinik und Chirurgen müssen für die Lipödembehandlung spezielle Voraussetzungen erfüllen. So müssen die Ärzte an 25 Fällen mitwirken, ehe sie die Erlaubnis für eigenständige Operationen erhalten. Dies wird regelmäßig vom Medizinischen Dienst überprüft.

"Man freut sich, wenn man auf diesem Wege helfen kann", meint Ahmed Abdou. "Wenn man dann hört, dass ein Patient das erste Mal nach Jahren wieder wandern konnte, ist das ein tolles Erlebnis."

Zur Sache

Spende für kriegsverletzte Kinder

Es hat Tradition für die Patchworkgruppe am Hülsenberg. Einmal im Jahr spendet sie Geld für die medizinische Behandlung von Kindern aus Kriegsgebieten. Jüngst war es wieder so weit: 2100 Euro überwiesen die Damen um Irmi Marlowitz und Annegret Thiede auf das Spendenkonto des Bassumer Klinikums. Zum insgesamt vierten Mal, zum ersten Mal nach der Corona-Pandemie.

Irmi Marlowitz erinnerte sich bei der Übergabe an das erste Kind, das von dieser Gruppe unterstützt wurde. "Das hat uns Freude gemacht", erklärte sie im Namen der 14 Frauen, die das Geld durch den Verkauf von Patchworkware zusammenbekommen hatten. Chefarzt Dr. Ahmed Abdou bedankte sich und wies auf einen seiner Vorgänger hin: Dr. Norbert Grieb habe diese Tradition in Bassum begründet, die über den Kontakt zu den Friedensdörfern zustande kam.

Die Erinnerungen sind für die Mediziner durch die Bank angenehm. 2022 sei ein junger Afghane wegen Verbrennungen operiert worden. "Die Finger waren nicht mehr zu sehen", berichtete Sascha Zachariah, Facharzt für Handchirurgie.  Es sei ihnen gelungen, den Daumen wieder zu regenerieren, damit der Junge wieder greifen konnte. "Es ist einfach mit den Kindern", meinte Zachariah. Sie würden gut mit den Ärzten und Schwestern klarkommen. "Und teilweise lernen sie sogar ein bisschen Deutsch." Über die Friedensdörfer würden sie Kontakt zu den Kindern halten. So auch mit dem Afghanen, der 2023 wegen Knochenbrüchen in der Hand den Weg ins Bassumer Klinikum fand.

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