Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Stühren Umstrittene Sandgrube entsteht

In Stühren wird bald Sand abgebaut. Dem WESER-KURIER erklärt der Geschäftsführer der Firma, wie er Kritik am Projekt wahrnimmt. Zudem skizziert er, was das Unternehmen aus seiner Sicht für die Anwohner mache.
17.05.2021, 18:34 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Umstrittene Sandgrube entsteht
Von Yannik Sammert

Bassum-Stühren. Noch in diesem Jahr könnte es losgehen: Die Meyer und Schreiber (M+S) Transportgesellschaft aus Stuhr wird in Gräfinghausen bei Stühren bald eine neue Sandgrube in Betrieb nehmen. Nach einem langwierigen Verfahren ist seit 2020 die Genehmigung vom Landkreis da. „Ich denke, dass im Herbst vielleicht die ersten Lkws fahren“, schildert Axel Habermann, Geschäftsführer der Firma.

Künftig soll auf einer 34,5 Hektar großen Fläche Sand abgebaut werden. Die Nettoabbaufläche beträgt etwa 29 Hektar. Über einen Zeitraum von 20 Jahren sollen circa 4,9 Millionen Kubikmeter Sand gewonnen werden. Laut Habermann werde der endliche und global knapp werdende Rohstoff im Umkreis von 20 Kilometern verwendet – also „aus der Region für die Region“, wie der Geschäftsführer betont.  

Die Entstehung des Projekts wurde seit dem Bekanntwerden der Pläne vor circa zehn Jahren von Widerstand und vielen Gegenargumenten begleitet – ausgehend von Anwohnern sowie von der Bürgerinitiative für Landschafts- und Umweltschutz Nordwohlde und Fahrenhorst. Unter anderem war mit Blick auf weitere Sandabbaustellen im Umkreis von "Raubbau an der Natur" die Rede. Heute stellt Jürgen Schierholz, Vorsitzender der Gruppierung, fest: "Die Bürgerinitiative hat seinerzeit diverse Einsprüche erhoben, leider wurden alle Einwände den wirtschaftlichen Interessen geopfert." 

Den Lärm reduzieren

„Kritik ist normal“, meint hingegen Habermann. Wichtig seien deshalb Gespräche gewesen. Vor allem der Austausch vor Ort habe geholfen, blickt der Geschäftsführer zurück. „Wir tun viel, damit es für die Leute tragbar ist“, beteuert er. „Mir ist wichtig, dass wir uns mit den Anwohnern verstehen“, führt Habermann aus. Viele Dinge wären umgesetzt worden, die keine Auflagen der Genehmigung gewesen seien. Besonders meint er hiermit Einzelheiten im Hinblick auf die Lautstärke.

Zunächst einmal reduziere die Asphaltierung der Zufahrtsstraße den Lärm. Zudem sei der Verlauf der Zufahrtsstraße im Sinne der der akustischen Entlastung etwas angepasst worden. „Die Lastwagen müssen keine Steigung mehr bewältigen und können ohne anzuhalten um die Kurve fahren“, skizziert Habermann. Auch dies sorge für eine Verringerung des Lärms. Der Weg, den die Laster nun nehmen, führt durch eine ehemalige Grube und ist von Lärmschutzerhöhungen umgeben.

„Zudem haben wir auf Wunsch eines Anwohners an einer Stelle extra einen Lärmschutzwall gebaut“, ergänzt der Geschäftsführer. Auf den letzten Metern zur Grube ist noch eine bauliche Veränderung angedacht: Die Straße soll um zehn Meter versetzt werden, damit ein weiterer Lärmschutzwall eine Siedlung entlaste. Für die Umsetzung würden Bäume gefällt. „Als Ausgleich für die Straßen schaffen wir Kompensationsflächen“, so Habermann. Die bestehende Straße bliebe trotz des neuen Zufahrtsweges vorerst erhalten. Noch gibt es keine Genehmigung für das Vorhaben.

Ein heikler Punkt war in den vergangenen Jahren auch das Hügelgrab Stühren. Es befindet sich direkt neben der Stelle der Sandgewinnung, soll laut der genehmigten Planung aber unberührt bleiben. Der Boden auf der Abbaufläche wurde oder wird von Archäologen untersucht. Sieben Hektar sind freigegeben. Zuvor gab es Funde. „Wenn wir jetzt noch was finden würden, müssten wir es melden“, erläutert Habermann. Auf der weiteren Fläche wird noch archäologisch gesucht.   

Paralleler Abbau

Von der Bundesstraße 51 kommend wird übrigens auf eine bereits bestehende Straße zurückgegriffen. In unmittelbarerer Nähe zur Bundesstraße baut die Firma seit circa 30 Jahren Sand ab – in der eingezäunten Grube Fesenfeld. Es ist bereits ein riesiger See entstanden. Habermann warnt davor, in dem Gewässer schwimmen zu gehen. „Durch den Abbau gibt es dort Treibsand. Das ist lebensgefährlich“, verdeutlicht er. Auch an der neuen Stelle in Stühren wird sich eine Wasserfläche bilden.

Die Genehmigung für Fesenfeld ist befristet bis zum 30. Juni 2027. Danach könnte dort Schluss sein. Dann wird die Grube in einen naturnahen Zustand zurückgeführt. Bis 2027 soll in beiden Gruben parallel abgebaut werden. Diese Entscheidung hatte teils Unverständnis geerntet. Für Habermann ist die Doppelnutzung notwendig. „Der Sand in den oberen Schichten eignet sich lediglich für Füllsand.“ Heißt: Es dauere circa fünf Jahre, bis in Stühren qualitativ hochwertiger Sand zum Vorschein kommt.

Früher wurde übrigens auch an zwei weitere Stellen in der direkten Umgebung abgebaut – jedoch nicht von M+S. Eine Grube befand sich neben der zurzeit genutzten und die andere war jene, durch die der Sand künftig abtransportiert wird. M+S verfüllt die beiden alten Gruben. Danach soll auch hier rekultiviert werden. Von der Bürgerinitiative wurde vor Jahren die Befürchtung geäußert, dass sich später der giftige Riesenbärenklau ansiedeln könnte. „Wir achten darauf und machen etwas dagegen“, versichert Habermann.

Zur Sache

Unverändert gibt es Kritik

Zwei Anwohner, die anonym bleiben wollen, machen klar, wie sehr sie nach wie vor über die Sandgrube in Gräfinghausen erbost sind. 2011 war das Ehepaar in die Nähe der baldigen Abbaustelle gezogen. Vor dem Kauf ihres Hofes erkundigten sie sich bei der Stadt Bassum und beim Landkreis Diepholz über mögliche Störfaktoren in der Umgebung. Dabei sei behördlich versichert worden, dass es keine Pläne gebe: Es dürfe nichts gemacht werden, weil es Landschaftsschutzgebiet ist.

„Einen Monat nach unserem Umzug haben wir von den Sandabbauplänen erfahren“, erinnert sich die Ehefrau. Im Raumordnungsverfahren sei das Vorhaben dann aufgrund höher bewerteter Vorrangigkeit des Sandabbaus auch erlaubt worden. Sämtliche Einsprüche – auch von anderen Anwohnern – hätten nichts gebracht. Auch behördliche Unterstützung habe es über die Jahre praktisch keine gegeben. Oft hätte das Ehepaar auch mit Axel Habermann, Geschäftsführer der M+S Transportgesellschaft, Kontakt gehabt. Für vieles hätte es aus Sicht der Anwohner bessere Lösungen gegeben. Diese seien jedoch meist von einer beteiligten Seite abgeschmettert worden. „Egal was man sagt, das meiste wird von den Behörden vom Tisch gewischt“, resümiert der Ehemann. Seine Frau erklärt: „Man wird als böse Anwohner, die sich immer beschweren, dargestellt. Aber wenn man da nicht hinterher ist, machen alle, was sie wollen.“

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)