Martfeld-Loge. Mit Herz, Verstand und Begeisterung übt Michael Wolters seinen Beruf aus. Diesen Eindruck macht der 29-jährige Schlachtermeister, der sich nichts anderes vorstellen konnte, als in die Fußstapfen seines Vaters zu treten – genauso wie dieser wiederum seinem Vater folgte. „Ich habe zwar als Schüler ein Praktikum in einer Kfz-Werkstatt gemacht, aber ich wusste schon, wohin mich mein Weg führen würde." Sein Bruder Carsten arbeitet als Koch und der Jüngste, Hendrik, studiert noch. „Bis heute habe ich meine Entscheidung nicht bereut, weil ich mein eigener Herr sein kann in Bezug auf Tierhaltung, Herstellung der Produkte und Preisgestaltung“, bekräftigt er.

Die Basis: Michael Wolters steht vor dem Geschäft in Loge. Die Schlachterei ist aber auch auf acht Wochenmärkten vertreten.
Der jetzt 84-jährige Großvater Adolf Wolters eröffnete am 1. November 1960 seine Landschlachterei in Martfeld-Loge und verkaufte auf dem Wochenmarkt. Ehefrau Elisabeth bediente die Kundschaft. 1993 übernahm die zweite Generation das Zepter, Sohn Oliver und Ehefrau Inge, geborene Peters aus Asendorf. „Ich hätte ins Taxiunternehmen meines Schwiegervaters einsteigen können, bin aber dann doch bei meinem Metier geblieben“, erzählt Oliver Wolters. Vielleicht war es auch nicht unerheblich, dass Inge als gelernte Fleischereifachverkäuferin Wissen und Arbeitskraft einbringen konnte. Die Betriebsräume wurden nach und nach erweitert, ein Kühlhaus gebaut. Beide sind noch nicht im Rentenalter und voll im Betrieb involviert. Von der Tieraufzucht über die Schlachtung bis zur Wurst und dem Fleisch, das über die Ladentheke geht, liegt alles in Familienhand. „Wir produzieren frisch in kleinen Mengen nach alten Hausmacherrezepten, die Rot- und Leberwurst noch wie zu Großvaters Zeit, heißt es. „Bei uns gilt: Klasse statt Masse.“
2008 begann Sohn Michael seine Lehre in der Schlachterei Becker in Bruchhausen-Vilsen. Für ein halbes Jahr ging er dann als Geselle nach Lüneburg und stieg 2012 in den elterlichen Betrieb ein. Seine Meisterprüfung legte er 2016 in Hamburg ab. „Wir gehören zu den wenigen Betrieben, die noch selbst schlachten. Schweine, Rinder und Schafe, auch für andere Betriebe. Wir können uns vor Nachfragen kaum retten, aber unsere Kapazitäten sind zurzeit ausgereizt“, sagt er. Montags werden Rinder geschlachtet, freitags Schweine und Schafe, dienstags wird zerlegt.

Wohlfühlfaktor: Die Schweine der Landschlachterei Wolters haben ausreichend Platz und liegen auf Stroh.
Zwei Landwirte aus Martfeld und Morsum liefern die Rinder. Somit sind die Lieferwege kurz und damit stressfreier für die Tiere. „Wir haben uns auf Färsen spezialisiert.“ Hat ein Rind noch nicht gekalbt, spricht man von Färse, nach dem ersten Kalb wird es als Kuh bezeichnet. In der hiesigen Gegend ist auch der Ausdruck Starke in Gebrauch. „Das Färsenfleisch zeichnet sich durch einen sogenannten intramuskulären Fettgehalt und damit eine feinere Fleischstruktur aus, die es zarter macht. Wir bevorzugen Limousinrinder und die Rasse Blond d'Aquitaine, ursprünglich aus dem Südwesten Frankreichs, die sich beide durch hervorragende Fleischqualität auszeichnen.“ Die Lämmer stammen von den eigenen 50 Mutterschafen, die ringsum grasen. Eine Spezialität ist neben Lammbratwurst und –Salami der Woltersche Schafschinken.

Familienbetrieb: Inge (von links), Michael und Oliver Wolters packen alle noch mit an.
„Sauen halten wir nicht. Wir kaufen von einem Morsumer Landwirt alle drei bis vier Wochen zehn bis elf Wochen alte Ferkel und mästen sie bis zu 130 Tage. Dann bringen sie 120 Kilo Lebendgewicht auf die Waage.“ Über den Begriff Tierwohl wird neuerdings viel geredet und geschrieben. Michael Wolters spricht nicht nur von Tierwohl, er lässt es den Schweinen auch gut gehen. Er hält sie nicht auf Spaltenböden sondern auf Stroh, obwohl das höhere Kosten und Mehrarbeit bedeutet. Ganz entspannt scheinen die gut 200 rosigen Tiere im Offenstall zu chillen, wo weniger Schadgasgehalt in der Luft ihrer Gesundheit zugutekommt. Zum Koten und Harnen suchen sie einen hinteren Bereich des Stalls auf. „Wichtig ist uns, dass die Sauen beim Ferkellieferanten ebenfalls ,Strohschweine' sind“, erklärt Michael Wolters. „Mein Augenmerk liegt zudem auf gesundem Futter. Seit Jahren verfüttere ich bestes Getreide, wie Gerste und Roggen einer Tierfutterfirma in Estorf-Leeseringen. Alles muss zusammen passen, um unseren Kunden Qualität bieten zu können.“ Davon profitiert auch Huskyhündin Luna, die mal eben vorbeischaut. „Nein, sie muss kein Dosenfutter fressen. Sie ist aber wohl ein bisschen zu rund“, meint Michael Wolters und lacht.

Was ganz Besonderes: Im „Dry-Ager“ reifen große Fleischteile reifen hinter einer getönten Scheibe für vier bis sechs Wochen am Knochen bei circa 85 Prozent Luftfeuchtigkeit und zwei Grad Celsius
Etwas Besonderes ist der „Dry-Ager“ im Laden, auf den Inge Wolters hinweist. Große Fleischteile reifen hier hinter einer getönten Scheibe für vier bis sechs Wochen am Knochen bei circa 85 Prozent Luftfeuchtigkeit und zwei Grad Celsius. Das Fleisch kann in diesem Reifeschrank atmen, wird zart und geschmacksintensiver. Inge Wolters ist begeistert von dieser Methode und der Steigerung des Geschmacks, der Verkaufspreis liegt allerdings etwas höher. Der Hersteller bezeichnet Dry Aged Beef als die Königsklasse unter Kennern. Ein weiteres Extra ist: Seit 2017 können sich Kunden außerhalb der Ladenöffnung am Automaten bedienen. Wurst in Gläsern, Frikadellen, Wiener Würstchen, Pfefferbeißer, Nacken- oder Rückensteaks, aber auch Hochzeitssuppe, verschiedene Salate und mehr sind rund um die Uhr verfügbar. Zur Grünkohlzeit auch Kasseler und Pinkel.