Die Glasfaserversorgung in der Gemeinde Stuhr war am Dienstag Thema im Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen. Wirtschaftsförderer Peer Beyersdorff gab eine Übersicht über den aktuellen Stand und die Pläne. So ist bei 408 Adressen bisher ein sogenannter Haus-Übergabe-Punkt (HÜP) vorhanden. Die im Zuge des Landkreis-Programmes ausgebauten "weißen Flecken" gelten als fertiggestellt, so Beyersdorff. Bei den Schulen befinden sich noch zwei im Förderverfahren. Sie sind noch nicht angeschlossen, was aber noch in diesem oder im nächsten Jahr erfolgen soll. Welche das sind, konnte Beyersdorff aus dem Stegreif nicht sagen. Es seien aber nicht die Kooperativen Gesamtschulen. Bei 340 Adressen gebe es keine Informationen darüber, wie viel Bandbreite vorhanden ist. Diese dürfte aber niedrig sein und müsse perspektivisch ausgebaut werden, so Beyersdorff.
136 Adressen surfen aktuell mit Bandbreiten von 0 bis 29 Mbit/s im Internet. "Das sind aus meiner Sicht übrig gebliebene weiße Flecken", sagte Beyersdorff. 927 Adressen stehen aktuell 30 bis 99 Mbit/s zur Verfügung. "Das sind keine zukunftsträchtigen Anschlüsse", sagte der Wirtschaftsförderer, der diese als potenziell förderfähig einschätzte. Genau wie die 1100 Adressen, die mit 100 bis 250 Mbit/s unterwegs sind. 6756 Adressen nutzen aktuell Docsis 3.1, also Breitband-Internet über das TV-Kabelnetz. Glasfaser kann in Stuhr aktuell von 3203 Adressen genutzt werden, gut 25 Prozent.
Gespräch gesucht
Geplant ist zukünftig aber eine größere Abdeckung. So war die Vorvermarktung für Glasfaser in Seckenhausen im Frühjahr erfolgreich verlaufen. Rund 800 Adressen sollen dort an das Glasfasernetz, das skalierbar ist und daher zukünftig noch mehr Leistung bieten soll, angeschlossen werden. Beyersdorff sprach von einer aktuellen "Vertröstung" durch die Deutsche Glasfaser. Die Gemeinde wartet derzeit auf eine Antwort, wann es konkret losgehen soll. "Wir müssen dran bleiben", betonte er.
Das "größte Sorgenkind" sei für die Gemeinde nach wie vor die GVG Glasfaser mit ihrer Marke Nordischnet. Vor drei bis vier Jahren waren Verträge für den Glasfaserausbau in Brinkum, Neukrug, Fahrenhorst, Groß Mackenstedt, Moordeich und Varrel unterzeichnet worden – seither ist nichts passiert. Das stößt auch der Gemeinde sauer auf. Vor rund einem halben Jahr war daher die Geschäftsführung des Unternehmens einbestellt worden, so Beyersdorff: "Der Zustand, den uns viele Bürger mitgeteilt haben, ist unhaltbar." In der vergangenen Woche sei das jüngste Gespräch geführt worden. Im Juni steht der nächste Termin an. Den Baustart habe das Unternehmen nach Rücksprache für circa September dieses Jahres angegeben.
Der zeitliche Verzug bringt aber noch ein weiteres Problem mit sich: veränderte Rahmenbedingungen. So gab es das Neubaugebiet Auf dem Steinkamp in Brinkum bei der Abfrage seinerzeit noch nicht. In Neukrug hat sich in der Zwischenzeit zudem ein kleines Gewerbegebiet entwickelt. Auch in Bürstel, Heiligenrode, Stelle, Groß Mackenstedt, Am Großen Heerweg und Alt-Stuhr will die Gemeinde nachsteuern. Beyersdorff: "Wir brauchen Verbindlichkeit und eine Rückmeldung, dass die neuen Adressen auch ausgebaut werden."
Restliche Adressen über Förderprogramm
Mit einer Umsetzung der Pläne der Deutschen Glasfaser und der GVG wären in Stuhr 92 Prozent der Anschlüsse angebunden. Dann könnte die Gemeinde bei den restlichen Adressen auf das Förderprogramm des Landkreises setzen. "Sie wären nur mit einer Förderung zu erschließen", sagte Beyersdorff. Die Grundstücke liegen zum Teil weit auseinander und seien einzeln so unwirtschaftlich, dass wohl kein Unternehmen sie mit eigenen Mitteln ausbauen würde.
Ein Bürger aus Varrel bestätigte in der Ausschusssitzung die Situation mit der GVG Glasfaser. Er habe 2022 einen Vertrag unterschrieben, bereits zweimal nachgefragt, aber nur dürftige Antworten erhalten. Sollte es zeitnah keine klare Äußerung zum Baubeginn geben, müsse "eine andere Lösung" gefunden werden, sagte Beyersdorff, der sich aber "positiv gestimmt" zeigte. Auf Nachfrage von Joachim Döpkens (Besser) schätzte er, dass die GVG Glasfaser den Ausbau in etwa zwei Jahren fertiggestellt haben könnte. Bei der Deutschen Glasfaser könnte der Zeitraum zwischen einem und eineinhalb Jahren liegen, so seine Einschätzung.
Johannes Südkamp (FDP) äußerte Bedenken über mögliche Folgekosten beim Glasfaser-Anschluss wegen des Zeitdruckes der Baufirmen, die Gehwege oder Auffahrten teils nur "notdürftig verschließen" würden. Auch erkundigte er sich nach dem Vertragsverhältnis zwischen Gemeinde und GVG Glasfaser. Es komme ihm so vor, als hätten die Firmen seinerzeit wie im Hotelurlaub "überall ihre Handtücher hingeschmissen", um sich so Plätze zu reservieren. Er frage sich, wann die Gemeinde als "Bademeister" eingreifen müsse. "Man muss hinterher sein", sagte Beyersdorff in Bezug auf unsachgemäße Bauarbeiten. Zuständig sei das jeweilige Unternehmen, das den Ausbau beauftragt hat. Mängel sollten dokumentiert und gemeldet werden. Mit der GVG Glasfaser gebe es ein Vertragsverhältnis. Auf Nachfrage von Frauke Koersen (CDU) erklärte Beyersdorff, dass er dem Unternehmen eine Frist bis spätestens zu den Sommerferien setzen werde. "Dann ist meine Geduld auch sicherlich am Ende", sagte er. Sebastian Koch (SPD) freute es, dass die Gemeinde die GVG in die Pflicht nimmt. Diese sei "zu lange an der langen Leine" gehalten worden. Wolfgang Depken (Grüne) erkundigte sich, ob DSL wirklich bis 2030 abgeschaltet werden soll. Laut EU-Kommission ist das der Plan, sagte Beyersdorff. Er glaube aber nicht, dass Deutschland die Frist einhalten könne.
Erneuter Bericht gewünscht
Entlang der B 51 in Fahrenhorst hätte einst auch das Unternehmen EWE angekündigt, in die Glasfaservermarktung zu gehen, sagte Jürgen Schierholz (Grüne), der wissen wollte, ob ein Wechsel sinnvoll sei. So lange es auch da nicht konkret ist, würde er davon abraten, sagte Beyersdorff. Die Problematik zeigt für Volker Barthel (SPD) vor allem eines: "Der Markt regelt eben doch nicht alles." Er bat um einen erneuten Sachstandsbericht bei der nächsten Sitzung des Ausschusses. Dragan Miletkovic (CDU) fragte, ob tendenziell auch andere Anbieter das Glasfasernetz nutzen dürfen. Das jeweilige Unternehmen, das das Netz auf eigene Kosten ausgebaut hat, müsse dem zustimmen, sagte Beyersdorff. Bei gefördertem Ausbau sehe das anders aus. In der Praxis zeige sich, dass derzeit immer mehr Unternehmen kooperieren. Dann werden Pachten für die Nutzung des Netzes erhoben. Der Ausschuss nahm den Sachstandsbericht geschlossen zur Kenntnis.