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Proteste am und im Weyher Rathaus Erzieher fordern mehr Zeit, Eltern auch

Forderungen mit Nachdruck gab es am Mittwochabend drinnen im Weyher Rathaus und draußen vor der Tür. In beiden Fällen ging es um Kita-Betreuung. Die Interessen waren aber unterschiedlich.
13.06.2019, 18:07 Uhr
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Erzieher fordern mehr Zeit, Eltern auch
Von Sebastian Kelm

Weyhe. „Alle versorgt!“ So fasste Janine Greulich von der CDU, Vorsitzende des Ausschusses für Schule, Kindertagesstätten und Jugend, die Quintessenz des Sachstandberichts zur Kita-Betreuung in der Gemeinde Weyhe zusammen. Diskussionsbedarf gebe es dennoch im Ratssaal – während draußen die Trillerpfeifen auf weitere Missstände in diesem Bereich hinwiesen.

Wie Katharina Hebecker als Teamkoordinatorin des Kinder- und Familienservicebüros dem Gremium erneut darlegte, liegen für das kommende Kita-Jahr 211 Neuanmeldungen für Krippenplätze und 297 für Kindergartenplätze vor. „Deutlich zu viel“, wie sie noch einmal konstatierte. Jeweils zwei neue Gruppen mussten wegen der Überhänge als Übergangslösungen geschaffen werden. Wie berichtet, entstehen je eine am Nachmittag in den Kitas Sudweyhe und Melchiorshausen, hinzu kommt eine in einem Mobilbau auf dem Gelände der Kita Dreye und eine in Trägerschaft des evangelischen Kindertagesstättenverbands Syke-Hoya im alten Gemeindesaal in Sudweyhe. Alle seien schon gut belegt beziehungsweise ausgelastet, berichtete Hebecker. In Sudweyhe und Dreye seien noch zwei Erzieherstellen dafür unbesetzt, hier sollen aber bereits Hospitationen laufen. Sechs Neuanstellungen seien bereits geglückt.

Genauere Zahlen konnte Katharina Hebecker diesmal dahingehend vorstellen, wie die Platzvergabe ablief. Im Krippenbereich erhielten demnach 64 Prozent aller Eltern den Erstwunsch für ihr Kind beim Standort und 91,5 Prozent bei der Betreuungszeit. 19,4 Prozent erhielten einen Platz in einer Alternativ-Kita, die sie eigentlich nicht ausgewählt hatten. „Wir zählen es auch als Alternative, wenn kein Zweit- oder Drittwunsch angegeben wurde“, erklärte Hebecker. 4,3 Prozent gingen gänzlich leer aus – da ihr Rechtsanspruch aber auch erst im März 2020 greift. Sie sollen später zum Zuge kommen. Im Kindergartenbereich wurde bei 70,7 Prozent aller Anmeldungen der Kita-Erstwunsch erfüllt, eine Alternative musste in 24,6 Prozent der Fälle angeboten werden. 62,3 Prozent bekamen hier ihre Wunschbetreuungszeit.

Zu den 112 Kindern, auf die dies nicht zutraf, zählte auch der Nachwuchs einer Frau im Zuschauerraum. Die beklagte, sie haben einen Platz von 8 bis 12 Uhr zugesprochen bekommen, „den ich de facto nicht gebrauchen kann“. Schließlich müsse sie bis 13.30 Uhr in Bremen arbeiten. Sie fragte, warum noch immer zeitlich eingeschränkte Gruppen geschaffen würden, die nicht mehr zeitgemäß seien. Von FDP-Ratsfrau Joyce Budelmann bekam sie daraufhin zu hören: „Auf Einzelne werden wir nicht Rücksicht nehmen können.“

Fabian von Weyhe, Leiter des Fachbereichs Bildung und Freizeit, widersprach: Man versuche sehr wohl, in allen Einzelfällen Gespräche zu führen. Und er konnte vermelden: „Es gibt 71 Wechselanträge im Kindergartenbereich, etwa die Hälfte wird positiv beschieden.“ Andererseits gestand er: „Mit den Nachmittagsgruppen sind wir auch nicht glücklich, aber wir mussten in ein, zwei Monaten Handlungsfähigkeit schaffen.“ Und in einem Jahr, wenn die neue Kita in Leeste fertig ist, sollte sich die Lage entspannen.

Nils Lange vom Kita-Gemeindeelternrat sprang ihm bei: „Wir hatten mal sehr viel größere Beschwerdewellen. Die Verwaltung macht alles möglich, meist hat man irgendeine Möglichkeit gefunden.“

Nach einer Möglichkeit, sich bei der Politik Gehör zu verschaffen, suchten derweil die 30 Erzieherinnen, die unter dem Motto „Aufsteh'n für die Kita“ vor dem Rathaus für mehr Personal, mehr Zeit für die Kinder, mehr Verfügungszeit und kleinere Gruppen einstanden. „Damit unsere Arbeit nicht krankmacht. Damit wir den Kindern gerecht werden können“, hieß es dazu beim Aktionstag, organisiert von der Gewerkschaft Verdi.

Dem pflichtete wiederum Bürgermeister Andreas Bovenschulte bei: „Keiner kann sagen, dass 25 Kinder in einer Gruppe eine optimale Bedingung ist.“ In Weyhe werde zwar schon mehr als der Standard gemacht, es gebe dennoch einiges zu verbessern. Aber das müsse eben machbar, vor allem bezahlbar sein. Und es handele sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem. „In Stuhr haben sie sich schon Gedanken gemacht“, verwies Volker Selent von Verdi auf das neue Kita-Konzept dort. Bei diesem wurden etwa Betreuungszeiten reduziert. Genau das dürften viele Weyher Eltern aber eben nicht wollen.

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