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Matthias Ningel in Weyhe Vom Widersprüchlichen und Widersinnigen

Bissig, locker-leicht und urkomisch – Klavierkabarettist Matthias Ningel begeisterte in der KGS Leeste mit seinem Programm "Widerspruchreif", in dem er das Weltgeschehen humoristisch reflektierte.
15.10.2023, 18:17 Uhr
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Von Jola Horschig

Weyhe-Leeste. Witzige Wortspiele und bissige Texte untermalt mit großartigem Klavierspiel präsentierte Matthias Ningel am Freitagabend im Kulturforum der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Leeste. Er erzählte von menschlichen Verhaltensweisen und reflektierte sie aus der Sicht eines Kabarettisten.

In seinem aktuellen Programm „Widerspruchreif“ geht es um Widersprüche, denn „wir machen häufig das Gegenteil von dem, was wir sagen.“ Der gut gemeinte Rat „Sei einfach du selbst“ meint in Wirklichkeit, man solle sich verändern. Matthias Ningel beobachtet seine Mitmenschen sehr genau und schaut, welche Themen gerade im Trend sind. Die damit verbundenen Verhaltensweisen fasst er in Wort und Ton. Mal überspitzt, mal witzig und mal sarkastisch. So erinnerte er bei einem Rückblick auf die Geschehnisse während der Corona-Pandemie daran, dass Nudeln und Toilettenpapier gehamstert wurden („Oben kam viel rein und unten zu viel raus.“). Im Song „Ein Überlebender aus Großgerau“ beschreibt er, wie ein Prepper in einem Bunker lebt und sich dort einfach langweilt. Mit dem Lied „Schau, wie unterfordert ich bin“ hat er den Stress und die Anstrengungen eines Gymnasiasten vertont, der eine Analyse zu einem Gedicht von Heinrich Heine verfassen soll. Bei der Ballade vom Bettpfosten brillierte er, als er bestimmte Buchstaben im Text wie ein Beatboxer betonte. Das „B“ ersetzte die tiefe Bass-Drum, das „T“ die klirrende Hi-Hat und das „Pf“ die schnarrende Snare-Drum.

Matthias Ningel hat Schulmusik studiert, dabei seinen Schwerpunkt auf Klavier, Gesang und Schlagzeug gelegt und anschließend noch in Musiktheorie promoviert. „Man lernt dabei viel über Kompositionstechniken.“ Ningel findet die Verzahnung von Musik und Text spannend, denn auch die Sprache selbst und ihre einzelnen Wörter haben Rhythmus und Klang. Die Freude, die er daran hat, merkt man seinen Texten und Kompositionen an. Mit dem Klavierspiel verstärkt er den Klang der Worte und umgekehrt. Bei der Frage, wie und woher er die Ideen für seine Texte bekommt, lächelt er: „Wenn man sich für ein Leben als Kabarettist entschieden hat, läuft das permanent im Hintergrund. Man braucht die Texte nur zu pflücken und die Musik dazu zu schreiben.“

Seit 2011 tritt Ningel als Klavierkabarettist auf und hat mittlerweile zahlreiche Auszeichnungen bekommen. Dazu zählen unter anderem der Kleinkunstpreis „Kabarett Kaktus 2014“, der Titel „Deutscher Kabarettmeister 2016“ und der „Hans-Bradtke-Förderpreis 2019“. Beim "Kabarett Kaktus" wählt eine Jury, zu der unter anderem Vertreter des Bayerischen Rundfunks, der Süddeutschen Zeitung und der Münchner Lach- und Schießgesellschaft gehören, im Rahmen eines Festivals die Preisträger aus. Bei der Kabarett-Bundesliga spielen Künstlerinnen und Künstler mehrere Monate vor Publikum um den Titel „Deutscher Kabarettmeister“. Das Publikum entscheidet, und wer die meisten Punkte hat sammeln können, hat den Wettbewerb für sich entschieden. Der Hans-Bradtke-Förderpreis soll an seinen Namensgeber und dessen Lebenswerk erinnern. Hans Bradtke war Textdichter und hat Hits wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ und „Rote Lippen soll man küssen“ geschrieben. Im Zuge des Förderpreises erhalten die Teilnehmer Tipps und jede Menge Handwerkszeug für das Leben als Textkünstler.

Als Kabarettist nimmt Matthias Ningel gesellschaftliche Themen unter die Lupe und begeisterte in der KGS mit seinen Liedern zu unterschiedlichsten Themen. Bei „Och nö“ nahm er den Social-Media-Hype auf die Schippe („Ist das wirklich ‘ne Meldung wert?“) und fragte sich in einem anderen Lied, ob er wirklich einen intelligenten Kühlschrank braucht, wo er sich in seinem Smart-Home doch schon über die gehackte Toilette ärgert. Spannend war auch das fröhliche Jagdlied, bei dem ihn das Publikum mit den Geräuschen unterstützte, die man in einem Wald hört: den Wind, die Vögel und die Eulen beispielsweise. Doch Matthias Ningel wäre nicht Matthias Ningel, wenn er nicht mit einem ganz unerwarteten Ende aufwarten würde: Der Biber hat den Hochsitz zum Einsturz gebracht und „kein Tier ist heut‘ verzagt, bei der munt‘ren Menschjagd.“ Es war ein kurzweiliger Abend, der zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken anregte.

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