Sudweyhe. Es ist ruhig im SGL Fitness- und Gesundheitszentrum in Sudweyhe. Sehr ruhig sogar. In dem riesigen Gebäudekomplex des TuS Sudweyhe läuft zwar die Notbetreuung im Kindergarten, doch sonst herrscht Stille. Im Fitnessstudio ruhen die Gewichte, auf den Indoor-Cycling-Geräten tritt niemand in die Pedale. Und die Übungsräume? Leer. Einen knappen Kilometer weiter sind die Fußball- und die Tennisplätze ebenfalls verweist. Das Sportleben im Pandemie-Alltag ist trostlos wie der graue und verregnete Dienstagvormittag. Allerdings nur auf den ersten Blick. Denn der TuS hat sich einiges einfallen lassen, um für seine rund 3000 Mitglieder und seine Ehrenamtlichen weiterhin erlebbar zu bleiben.
Der Verein bietet mittlerweile 27 Online-Fitnesskurse an, vom Klassiker Bauch-Beine-Po über Beckenbodentraining bis hin zu Nackenschule und Pilates. „Im Januar ist ein neuer Kursblock gestartet“, sagt Elisabeth Horst, Geschäftsführerin und SGL-Leiterin. Sie hat miterlebt, wie es aus dem ersten Lockdown über einen fast normalen Alltag wieder in den zweiten Lockdown ging. „Wir hatten super Konzepte. Alles lief gut“, blickt auch der TuS-Vorsitzende Frank Meyer zurück auf unbeschwertere Zeiten. Die Sudweyher passten sich an die Pandemie an. Im Studio durften maximal 20 Sportler trainieren. „Auf knapp 500 Quadratmetern“, verdeutlicht der Vorsitzende, wie groß die Abstände waren. Doch selbst dieses Angebot konnte der Verein Ende Oktober nicht mehr aufrecht erhalten.
Abstriche hatte der TuS ohnehin bereits gemacht und den Bereich Coronarsport (Herzsport) bereits stillgelegt. „Der letzte Übungsabend war im letzten Februar. Es gab Vorschläge, das wieder stattfinden zu lassen, aber das haben wir nicht gemacht. Es handelt sich um Hochrisikopatienten“, ließ der Verein laut Meyer Vorsicht walten. „Da ist uns die Gesundheit der Menschen wichtiger.“
Sport auch auf dem Parkplatz
Wer über den großen Parkplatz an der Raiffeisenstraße blickt, dem fallen sofort die weißen Kreuze auf dem Pflaster auf. Das sind Spuren aus der Zeit, als Präsenzkurse noch möglich waren. „Wir haben im Frühjahr dort trainiert. So wusste jeder, wo er stehen konnte“, sagt Horst. Bereits damals stellten sie und ihre Mitstreiter ein Online-Kursus-Angebot auf die Beine, um Sport für all die Menschen zu ermöglichen, die auch draußen nur wenige Kontakte haben wollen.
Eine gewisse Infrastruktur auch an Equipment war also bereits vorhanden, als sich im Herbst der erneute Lockdown abzeichnete. Am Ende stand der Kursbetrieb nur wenige Tage still. Seit dem 11. November laufen die 27 Onlineangebote. Auch weil der Vorstand das Unterfangen unterstützt: „Die Übungsleiter werden mit allem ausgestattet, was sie brauchen“, bekräftigt Meyer. Fördermittel gab es für die Anschaffungen unter anderem vom Kreis- und Landessportbund.
Sport per Liveübertragung hat sich etabliert. „Das ist fast schon Alltag“, findet Horst, die seit 1999 für den TuS tätig ist und selbst zwei Kurse gibt. Vor den Kursen bleibt noch Zeit für privaten Austausch. „Meistens sind alle fünf bis zehn Minuten vorher schon online. Dann wird ein bisschen geschnackt, wie es allen geht und wie die Woche war“, schildert Horst. Die Übungsleiter hätten allesamt ein sehr persönliches Verhältnis zu den Kursteilnehmern. Die Gespräche finden weiterhin statt, nur nicht mehr in der Kabine oder im Übungsraum, sondern vom Wohnzimmer oder sogar von der Garage aus.
Rund 200 Sportbegeisterte erreichen die Sudweyher mit ihrem Kursangebot. „Eine gute Resonanz“, findet Horst. Aber doch nicht zu vergleichen mit dem Alltag vor Pandemie-Zeiten. „Da hatten wir 84 Kurse pro Woche.“ Bei im Schnitt 15 Teilnehmern pro Kursus sei das schon noch ein deutlicher Unterschied. „Viele Leute sagen, das sei nichts für sie“, erklärt Horst, warum sich online nicht so viele Sportler einfinden. Trotzdem gebe es einen festen Stamm. „Der hat im Frühjahr bereits online mitgemacht. Viele haben daran Gefallen gefunden.“ Für viele sei das sogar eine Lösung für die Zukunft. „Auch für jüngere Leute, die viel von zu Hause aus arbeiten und eine feste Ecke für den Sport haben.“ Doch auch viele Ältere seien regelmäßig dabei. Horst und ihr Team haben den Zahn der Zeit getroffen. „Trotzdem sind wir alle wieder froh, wenn wir wieder direkten Kontakt haben dürfen“, sehnt auch sie ein Ende der Pandemie herbei.
Das kann allerdings noch einige Monate dauern. Auch deshalb ist das Kursangebot wichtig für den TuS. „Das ist etwas, das wir anbieten, um die Mitglieder bei Laune zu halten“, unterstreicht Horst. Der Verein will Teil des Alltags bleiben, weiterhin Gesprächsthema sein. Deshalb arbeiten die Verantwortlichen derzeit daran, Rehasportkurse anbieten zu können, sowohl in Präsenz- als auch in Onlineform. Das sei mit ärztlicher Verordnung möglich, weiß Meyer. „Da arbeiten wir gerade ein Konzept aus und wollen das unseren Mitgliedern auch anbieten. Das ist eine kleine Perspektive und ein bisschen Licht am Ende des Tunnels. Die Leute sollen einfach sehen: Da tut sich was.“ Bei der Umsetzung ist vor allem Umsicht geboten. „Wir wollen die Chance, dieses Angebot machen zu können, nicht leichtfertig riskieren“, erklärt Meyer, der im mittlerweile achten Jahr an der Spitze des Vereins steht.
Im Fitness- und Rehabereich geht der Sport beim TuS also in einer neuen Normalität weiter. In anderen Sparten ist es schwieriger. An ein halbwegs normales Training in voller Gruppenstärke auf dem Platz oder in der Halle ist zum Beispiel weder bei den Korbballerinnen noch bei den Fußballern oder den Tischtennisspielern zu denken. Deshalb habe er sich besonders zu Beginn der Pandemie Sorgen gemacht, was das für den Verein bedeute, sagt Meyer. „Aber unsere Mitglieder haben sich sehr solidarisch gezeigt. Wir haben zurzeit circa 200 Mitglieder weniger als vor Beginn der Corona-Krise. Das ist aber eine ganz normale Fluktuation, wie wir sich auch in Nicht-Corona-Zeiten haben. Mehrere Hundert Ein- und Austritte durch das Kurssystem sind normal.“ Allerdings trete während der Pandemie kaum jemand in einen Sportverein ein.
Den leichten Mitgliederverlust spürt der Klub durchaus, selbst wenn der Grundbeitrag mit sieben Euro für Erwachsene pro Monat nicht besonders hoch ist. Dazu kommen noch Spartenbeiträge oder auch Kosten für die Kursteilnahmen oder die Nutzung des Fitnessstudios. „Das ist natürlich Geld, das uns fehlt“, sagt Meyer. „Aber es ist kein Geld, das uns in Bedrängnis gibt. Der Verein ist gut aufgestellt.“ Weil unter anderem Übungsleiter etwa aus dem Fuß- und Korbball auf ihre Aufwandsentschädigung verzichten. Aber auch weil sich der TuS für seine Mitglieder immer etwas Neues einfallen lässt.