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Regionale Direktvermarkter Mit Zigarren im Holunder

Vor zehn Jahren errichteten Hans und Melanie Bockhop auf ihrem Hof im Asendorfer Ortsteil Graue die erste Holunderplantage. Seit der Corona-Pandemie gehen sie zum Teil neue Wege, um ihre Produkte zu vermarkten.
09.08.2023, 12:32 Uhr
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Mit Zigarren im Holunder
Von Sabine Lüers-Grulke

Landkreis Diepholz. Vor zehn Jahren richteten Hans und Melanie Bockhop auf ihrem Hof im Asendorfer Ortsteil Graue die erste Holunderplantage ein. Auf einem halben Hektar Land, direkt vor dem Wald, wächst hier der Kulturholunder "Sambucus Nigra" in fünf Reihen und an 200 Büschen und liefert den Grundstoff für gesunde, schmackhafte Säfte, Gelees und mehr. Als Direktvermarkter gehen die Bockhops seit der Corona-Pandemie neue Wege, um ihre Produkte zum Verbraucher zu bringen. 

"Unsere Hoffeste mussten zweimal ausfallen. Nach dem siebten Hoffest war in 2020 Schluss, danach haben wir sie nicht mehr wiederbelebt, sondern bieten jetzt kleinere Veranstaltungen an", sagt Melanie Bockhop. "Auszeiten im Holunder" nennt sie das: Gerade gab es einen Zigarrenabend im Holunder. Bei schlechtem Wetter in der offenen Scheune, bei gutem mitten in der Plantage können die Gäste nicht nur diverse Zigarren und Zigarillos probieren, sondern auch verschiedene deutsche Obstbrände wie Walnussgeist, ebenso karibischen Rum und Cognac aus Frankreich.

Eine Zigarre raucht man nicht mal eben vor der Tür. Hans Bockhop, Graue

Das ist ein Abend eher für die Herren, die für diesen speziellen Abend nicht nur aus Bremen und Hannover, sondern auch aus Münster und Kassel angereist sind. Aber auch eine Dame probierte genüsslich Havannas und Co. aus Honduras, Kuba, Nicaragua und der Dominikanischen Republik. Eine Sorte aus Deutschland, aus der ehemaligen Zigarrenstadt Ostwestfalens – Bünde –, hat Hans Bockhop auch auf dem Tisch liegen: die Brazil Trüllerie aus der Manufaktur August Schuster. "Eine Zigarre raucht man nicht mal eben vor der Tür", erklärt er. Wer sie genießen will, muss dazu schon mindestens eine halbe Stunde einkalkulieren. "Und wo darf man denn noch ungestört drinnen rauchen?", scherzt er.

Nebenbei darf aber auch von den Holunderprodukten genascht werden. Zu einer zünftigen Bratwurst wird Holundersenf serviert, außerdem stehen auf den gedeckten Tischen Holundersaft, -likör, -gelee und mehr bereit. Alles wird von Hand geerntet und verarbeitet: alsbald wieder, denn die Beeren sind im September reif. Vier Produkte vom Hof sind schon als kulinarische Botschafter Niedersachsens ausgezeichnet worden: Zunächst war es 2014 der Wildrosenblütensirup, dann ab 2015 der Holunderlikör, der Holundersaft und das Holundergelee.

Ware gibt es im Hofladen-Automaten

Bockhops vertreiben ihre Erzeugnisse über einen kleinen Hofladen und einen Automaten, der in knallroter Farbe direkt neben der Bundesstraße 6 in Graue auffällt. Dort gibt es rund um die Uhr nicht nur eigene, sondern auch andere Spezialitäten aus der Region zu kaufen. Um aber auch Gästen ihren Holunder direkt vor Ort zu zeigen, haben sie verschiedene Veranstaltungsmodelle entwickelt: Im Juni hieß es "Stretch & relax im Holunder", es gab auch schon "Yoga im Holunder", Foto-Workshops, Krimilesungen, Spirituosen- und Weinverkostungen. "Das macht alles total viel Spaß", sagt Melanie Bockhop. Bei speziellen "Holunder-Spaziergängern" erklärt sie ihren Gästen die Unterschiede zwischen wildem Holunder, im Volksmund auch "Hollerbusch" genannt, und den kultivierten Büschen, die einmal jährlich geschnitten werden und hier, fernab von Autoabgasen und mit genügend Feuchtigkeit, prächtige winzige Früchte liefern.

Der Hof, der auf halber Strecke zwischen Bremen und Hannover ein wenig abseits der B 6 liegt, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Erstmals um 1350 erwähnt, ist heute der Speicher das älteste Gebäude, das vor 300 Jahren, um 1717, errichtet wurde. Die neunte Generation der Familie lebt hier. Eingerahmt ist der Hof von einem Waldstück, Weiden und Feldern, auf denen unter anderem Getreide angebaut wird.

Der Schwerpunkt ist die Beere

Den Schwarzen Holunder haben Bockhops bewusst ausgesucht, weil er ohnehin schon im benachbarten Wald wild wuchs. Der Strauch ist in Mitteleuropa häufig; dem Aberglauben nach schützt er den Hof, auf dem er wächst. Seine Blüten und Früchte können auf vielfache Art verwendet werden. Bockhops Schwerpunkt ist die Beere: Aus ihrem Saft, mit Dampfentsaftern gewonnen, entstehen Hausmittel gegen Erkältung, Nieren- und Blasenleiden sowie zur Stärkung von Herz und Kreislauf. Deshalb ist die jetzt beginnende Erntezeit die wichtigste des Jahres.

Aber auch schon die Blüten werden im Frühjahr geerntet und aus ihnen Sirup und Gelee gekocht. Auf ausgesuchten Märkten und Messen und eben auch im mittlerweile bewährten Online-Shop kommen die Produkte zu den Kunden. Das nächste Mal in der Region werden die Bockhops am 5. November auf dem Weihnachtsmarkt im Kreismuseum in Syke anzutreffen sein.

Zur Sache

Mythos Holunder

Der Hollerstrauch im Hausgarten galt als Lebensbaum: Das Absägen eines Holunders brachte Unglück, und wenn er von selbst verdorrte, zeigte das den Tod eines Familienmitglieds an. Er sollte gegen schwarze Magie und Hexen helfen, vor Feuer und Blitzschlag schützen. Sogar vor Schlangenbissen und Mückenstichen sollte man unter ihm sicher sein. Außerdem sollte er gute Hausgeister beherbergen, weshalb der Strauch in vielen Hausgärten heimisch wurde. Manch einer zieht deshalb sogar den Hut vor einem Hollerbusch. 

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