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50 Jahre SYKER KURIER Die Geschichte der Stadt Syke

Die Stadt Syke hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Für die Jubiläumsausgabe zum 50-jährigen Bestehen des SYKER KURIER haben wir die Historie der Hachestadt festgehalten.
18.09.2023, 11:44 Uhr
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Von Dominik Albrecht

Gemeindearchivar Hermann Greve denkt angestrengt nach. Selten sieht man den Mann, der Historie nicht nur liebt, sondern auch lebt, ratlos. Kein Wunder, wird er immerhin auf nicht weniger als 50 Jahre Stadtgeschichte angesprochen. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“, bricht er sein Schweigen und offenbart, dass es nicht an Themen mangelt. Gemeindereform, Rathausbau, Theatereröffnung – die Geschichte der Hachestadt bietet einen bunten Strauß an Themen.

Umringt von unzähligen Büchern, mehr oder weniger gut sortiert in ebenso vielen Regalen, sitzt Hermann Greve auf seinem Drehstuhl. Die Beine übereinander geschlagen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und bereit, „in die gute alte Zeit“ zurückzureisen. Wobei sein erster Stopp, Ende der 1960er-Jahre, gar nicht von so viel Glamour geprägt ist. Wir befinden uns in der Schulzeit von „Klein-Hermann“. „Die Syker Schule war in einem grausigen Zustand. Die Holzböden waren schwarz, wurden sicher nie gereinigt“, resümiert Greve und betont die im Vergleich dazu paradiesischen Zustände heute. Wenige Hundert Meter weiter befand sich die Hauptstraße hingegen in ihrer Glanzzeit. Das Phänomen „Supermärkte“ schwappte aus den Großstädten an die Hache. „Die Syker Hauptstraße war Haus für Haus eine Geschäftsstraße“, blickt der Gemeindearchivar zurück und setzt das Gespräch wenige Sekunden später an einer großen Schublade fort.

Bogen für Bogen zieht er eine fotografische Dokumentation der Syker „City“ hervor. Augenoptiker, Gasthäuser, Textilhändler, Bäckereien, Lebensmittel- und Modegeschäfte, Friseure, Haushaltswarenläden, Teppich- und Markisenhändler, sogar eine Tankstelle. „Da war eine Menge mehr los als heute. Meine Mutter konnte gar nicht aufhören, hier zu bummeln“, weiß Greve zu berichten. Einzig der Bau der neuen Volksbank stieß sauer auf. Mit seiner futuristischen Anmutung sei das Gebäude als „Bruch im Städtedesign“ empfunden worden. „Viele Sykerinnen und Syker haben protestiert. Zumal für den Vorplatz einiges platt gemacht werden musste“, berichtet Hermann Greve und zeigt auf das dazugehörige Schwarzweiß-Foto.

Turbulente Gemeindereform

Nicht minder turbulent ging auch die 1974 durchgeführte Gemeindereform über die Bühne. Die zwölf Umlandgemeinden wurden zum 1. März des Jahres mit Syke vereinigt. „Das hat für ordentlich Unruhe in der Bevölkerung gesorgt“, so Greve. Zum damaligen Zeitpunkt zählte der Ortsteil Syke circa 7500 Einwohner, die eingemeindeten Orte kamen zusammen auf rund 10.000. Und dann wird das Ganze im August 1977 auch noch mit der niedersächsischen Gebiets- und Verwaltungsreform getoppt, infolgedessen der Landkreis Diepholz aus der Taufe gehoben wurde. „Die Stadt Diepholz wird Verwaltungshauptsitz, während Syke den Rang einer Kreisstadt verliert“, fasst Greve die Schlagzeilen zusammen. Als 1974 gewählter und bis 1992 amtierender Stadtdirektor stand on top mit Karl-Heinz Wodtke eine polarisierende Persönlichkeit an der Verwaltungsspitze. „Wodtke kam aus Ostfriesland und hatte die Vorstellung 'die graue Maus' Syke zu entwickeln“, erinnert sich Greve.

In Wodtkes Amtszeit sei auch der noch heute bekannte Slogan „Stadt im Grünen“ entstanden. Die Hauptstraße sollte zur Flaniermeile mit Brunnen und rustikalen Laternen werden, gesäumt von Passagen. „Wodtke wollte sogar ein Filmstudio nach Syke holen. Daraus wurde aber nie etwas.“ Ebenso ambitioniert war die Idee eines Technologieparks, der später als „Syker Modell“ angepriesen wurde. „Er sollte insbesondere technisch ausgerichteten Jungunternehmern die Chance bieten, ihre Firmen weiter auszubauen“, erklärt Greve. Wodtke hatte große Ziele für Syke und setzte eine Großzahl auch um. Auf der anderen Seite sei der CDU-Mann für seine Vorstellungen aber auch sehr konsequent vorgegangen – mit oder ohne Zustimmung aus Verwaltung und Politik. Zur Charakteristik zitiert Greve aus einer politischen Schrift: „Es gibt solche und solche, aber Stadtdirektor Wodtke gehört ganz sicher zu jenen, deren Genius eine Idee gebiert, die dann bereits gestern verwirklicht sein soll.“

Als ganz so schlimm sollte sich die gefürchtete Gebietsreform dann doch nicht entpuppen. Denn, so Greve: "Noch heute gehört Syke zu den größten Bildungsstandorten im Landkreis." Das spiegelte sich auch alsbald in den Einwohnerzahlen wider. Zwischen 1974 und 1995 stieg diese von knapp 18.000 auf rund 23.000. „Beinahe die Hälfe der Gesamtbevölkerung entfällt auf den Ortsteil Syke. Der ist als traditionelles Behörden-, Schul- und Gewerbezentrum zugleich größter Arbeitsplatzanbieter im Stadtbereich.“ Angesprochen auf den Wandel in den Syker Ortschaften hebt Greve vor allem Heiligenfelde und Barrien hervor. „Es ist erstaunlich, wie sich die Orte als kleingewerbliche Zentren gehalten haben.“ Besonders wenn man bedenke, dass damals im Raum stand, die Grundschule Heiligenfelde aufgrund geringer Kinderzahlen zu schließen. „Vieles ist nicht wie vorhergesagt eingetroffen.“ Davon zeugen heute unter anderem die zahlreichen Neubaugebiete und eingeweihten Kitas.

1989 feiert das Theater seine Eröffnung

Und weiter geht es im Gute-News-Reigen: Im April 1981 kauft die Stadt den Lindhof für 1,2 Millionen Deutsche Mark (DM) und baut das alte Hallenhaus zum heutigen Jugendhaus um. Im Oktober des gleichen Jahres wird das Hachestadion nach knapp vier Millionen investierten DM eröffnet. Rundlaufbahnen, Basketball-, Volleyball- und Hockeyfelder, eine Kugelstoßanlage und mehr bieten Raum für die sportliche Ertüchtigung. 1985 wird das heute bekannte Rathaus am Hinrich-Hanno-Platz samt Stadtbibliothek eröffnet. Letztere bot ein Startportfolio von 30.000 Büchern sowie eine Vielzahl an Tonträgern. Bis zum Bau des Rathauses hatte die Verwaltung übrigens mit Barrien insgesamt zwei Sitze. „In allen anderen Ortschaften gab es derweilen Gemeindebüros, die immer beim jeweiligen Bürgermeister untergebracht waren“, fügt Hermann Greve an.

„Bühne frei, Vorhang auf“ hieß es in einer 1989 erschienenen Sonderausgabe anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Syker Theaters an der La-Chartre-Straße. Zur Eröffnung am 15. September gaben sich unter anderem der damalige Bürgermeister Walter Huntemann sowie der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst, Dr. Johann-Tönjes Cassens, die Ehre. „Zur Eröffnung spielte das Warschauer Sinfonie-Orchester ,Sinfonia Varsovie‘ Werke von Mendelssohn, Mozart und weiteren“, offenbart Greve nach einem Blick in die 24-seitige Festschrift. Als kulturell wertvoll wurde sicherlich auch der Okeler Golfplatz, der im Folgejahr eröffnete, von Fans aufgenommen. Auf einer Fläche von stolzen 72 Hektar konnten die Bälle auf dem Meisterschaftskurs mit diversen Eisen eingelocht werden. Zu zweifelhaftem Ruhm kam Syke im Dezember 1994 in den überregionalen Medien durch einen verheerenden Brand des Feuerwehrgerätehauses. „Sämtliche Feuerlöschfahrzeuge fielen den Flammen zum Opfer. Der entstandene Gesamtschaden betrug 3,3 Millionen DM."

„Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“ Angesichts so vieler Anekdoten, die sich mühelos durch die 2000er-Jahre fortführen lassen, bekommen Hermann Greves Worte zu Beginn noch mehr Gewicht. Unsere Hachestadt steckt voller Geschichten, die entdeckt werden wollen. Es ist das eine, diese Geschichten aus Büchern zu erfahren. Aber etwas ganz anderes, sie von einem Archivar lebendig vermittelt zu bekommen. Daher an dieser Stelle ein kleiner aber feiner Dank, Hermann Greve, für Ihren unermüdlichen Einsatz zum Erhalt der lokalen Geschichte. Übrigens: Für weitere Historien-Häppchen zur Hachestadt empfehlen wir Ihnen unsere regelmäßig erscheinende Rubrik „Vor 25 Jahren“.

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