Syke/Landkreis Diepholz. "Wow! Was für Gäste", freute sich Organisator Dennis Hammer nach der Eröffnungsfeier der 19. Berufsinformationsbörse (Bib) in Syke. Neben der stimmgewaltigen Twistringer Sängerin und Voice-Of-Germany-Halbfinalistin Naomi Mbiyeya sorgte auch die Schweizer Schiedsrichter-Legende Urs Meier für ein ebenso mitreißendes wie unterhaltsames Rahmenprogramm. Im Theater der Hachestadt zogen sie beide die vielen geladenen Gäste voll in ihren Bann.
"Es waren insgesamt 375 Gäste. Wir mussten sogar die Empore öffnen", ergänzte Hammer, dem mit der Auswahl von Mbiyeya und Meier einmal mehr ein großer Coup gelungen war. Mit dem Kult-Song "Beautiful Day" der irischen Rockband U2 eröffnete Mbiyeya die Veranstaltung und heizte dem Publikum schon mal so richtig ein. Später folgten ihr eigener Song "Bei dir", mit "Stand By Me" von Ben E. King ein weiterer Welthit sowie zum Abschluss Andreas Bouranis WM-Hymne "Auf uns" aus dem Jahre 2014. "Wie sagte noch Voice-Of-Germany-Juror Ronan Keating nach dem Erreichen des Halbfinales? Du bist ein Diamant. Das kann ich nur bestätigen", zeigte sich BBS-Schulleiter Horst Burghardt in seiner Begrüßungsrede absolut angetan von der talentierten Interpretin. Für die gefragte Künstlerin war der Auftritt bei der Bib nur einer von vielen, die sie derzeit in der Region bestreitet. "Es geht zurzeit richtig ab", verriet Mbiyeya lachend vor ihrem Auftritt.
Es folgte der Vortrag "Du bist die Entscheidung" des ehemaligen Fußball-Schiedsrichters Urs Meier. Der Schweizer wurde im Jahr 2002 zum zweitbesten Referee der Welt ernannt, nach seiner Laufbahn agierte er unter anderem auch als TV-Experte beim ZDF. Gemeinsam mit Moderator Johannes B. Kerner und Trainer-Legende Jürgen Klopp wurde Meier im Jahr 2006 mit dem Deutschen Fernsehpreis für die beste Sportübertragung ausgezeichnet. Das Experten-Trio "Dreierkette" glänzte durch großes Entertainment während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, dem sogenannten Sommermärchen. "Zu einem solchen kann die diesjährige Fußball-Europameisterschaft in Deutschland auch wieder werden", blickte Meier im Vorfeld der Syker Veranstaltung bereits voraus.
Bei dieser EM treffen seine Eidgenossen und die deutsche Nationalelf in der Vorrundengruppe A im letzten Gruppenspiel kurioserweise aufeinander. "Ich hoffe, dass beide Teams dann nicht mehr zittern müssen und bereits qualifiziert sind. Deutschland muss im eigenen Land den Titel anstreben. Auch meinen Schweizern mit einem derzeit bärenstarken Führungsspieler Granit Xhaka traue ich mindestens das Viertelfinale, vielleicht sogar mehr zu. Wenn er seine Form, die er gerade bei Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen unter Beweis stellt, bis dahin hält, ist alles möglich. Er hat gelernt, seine positive Aggressivität auf dem Feld richtig zu kanalisieren, kassiert nicht mehr so viele gelbe und rote Karten wie früher. Weitere Titelfavoriten sind für mich Frankreich, Spanien, England und auch die Italiener", so die Expertise des Experten.
Um Führungspersönlichkeit und Entscheidungen ging es auch im Vortrag von Meier. Untermalt mit Fotos, Filmbeiträgen und seinen packenden Schilderungen und Erlebnissen zog er dabei viele Parallelen zwischen der Sport-und Arbeitswelt. So erkannte Meier als leitender Schiedsrichter beim EM-Viertelfinale 2004 zwischen Gastgeber Portugal und England beim Stande von 1:1 ein Kopfballtor der Engländer in der 89. Minute wegen eines vorherigen Foulspiels nicht an. Die Portugiesen gewannen schließlich im Elfmeterschießen, woraufhin die englische Boulevard-Presse zur regelrechten Hetzjagd auf Meier blies, die auch Morddrohungen zur Folge hatte. "Entscheidungen müssen getroffen werden", sagte er dazu. John Terry, der das Foulspiel beging, habe daraufhin schuldbewusst in seine Richtung gesehen. "Obwohl mein Assistent auf Tor entschied, sagten mir mein Bauch, mein Gefühl und meine Intuition etwas anderes." Er annullierte den Treffer. "Ein guter Schiedsrichter pfeift schneller als sein Publikum. Pfeifen kann jeder. Ein Spielleiter pfeift nicht nur ein Spiel, er muss es auch leiten können. Er trifft im Spiel zwischen 130 bis 150 sichtbare, sowie die gleiche Anzahl unsichtbarer Entscheidungen, also zwischen 250 und 300 Entscheidungen. Kein Entscheid ist auch ein Entscheid. Auch Führungskräfte, Unternehmer, Ärzte und Schulleiter haben Entscheidungen zu treffen", referierte Meier.
Ein weiteres Beispiel für Führungsqualität war für ihn eine Situation im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea, in dem die Gastgeber auf Deutschland trafen. Meier zeigte dem Deutschen Michael Ballack die gelbe Karte, woraufhin dieser für das Finale gesperrt war. "Ballack war fortan nicht mehr da, als ob man ihm den Stecker gezogen hatte. Nach einem Foul eines Gegenspielers krümmte er sich am Boden. Dann stürmte der damalige deutsche Torhüter Oliver Kahn aus seinem Kasten zu Ballack und rief diesem zu, steh auf und mach kein Theater oder brauchst du einen Tritt in den Hintern? Ballack stand auf und erzielte zwei Minuten später das 1:0-Siegtor, welches der deutschen Elf den Einzug ins Finale bescherte. Führungskräfte müssen spüren, wann Mitarbeiter Motivation brauchen", zog Meier anhand dieses Paradebeispiels die Parallele zur Arbeitswelt. "Pfeifen kann jeder. Um zu leiten, braucht man andere Qualitäten", beendete der Eidgenosse seinen Vortrag, den auch die stellvertretende Diepholzer Landrätin Dörte Meyer in ihrer anschließenden Eröffnungsrede als mitreißend und hochinteressant bezeichnete. Was passte da zum Abschluss der Eröffnungsfeier besser als der von Naomi Mbiyeya vorgetragene 2014er-WM-Kultsong "Auf uns"?