Syke. Das Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz muss sein Platzangebot reduzieren. "Im stationären Bereich von Löwenherz fehlen uns Pflegefachkräfte", sagt Gaby Letzing, Vorstandsvorsitzende des Trägervereins. Die Entscheidung sei ihnen nicht leicht gefallen, bekennen sie und die Geschäftsführung des Hospizes. Letztlich gebe es momentan jedoch keine andere Lösung, als die Anzahl der Betten zu reduzieren. "Bis auf Weiteres werden wir nun noch sechs bis acht Kinder und Jugendliche mit ihren Familien aufnehmen können."
Es sei das erste Mal, dass Löwenherz in dieser Situation ist, räumt Gaby Letzing ein. "Bisher haben wir nur aufgebaut." Dabei seien die Gründe, dass der Pflegekraftmangel nun auch bei Löwenherz spürbar wird, vielfältig, führt sie aus. Zum einen gebe es eine Reihe von Angestellten, die in Elternzeit sind. Zum anderen habe es einige Kündigungen gegeben. Zu einer grundsätzlichen beruflichen Umorientierung, haben in der Corona-Zeit noch andere Faktoren beigetragen, ist die Vorstandsvorsitzende überzeugt. Und auch Juliane Schulz, die neue stellvertretende Geschäftsführerin, hat festgestellt: "Die Beziehungsarbeit in der Pflege hat sich in dieser Zeit geändert." Das habe nicht allen gefallen. Und für diejenigen, die gegangen sind, konnten schlichtweg nicht ausreichend neue Kräfte gefunden werden.
Das wiederum sei ein größeres, gesamtgesellschaftliches Problem. Es fehle schlichtweg an Anerkennung für den Pflegeberuf, sind sich Kirsten Höfer, die neue Geschäftsführerin, ihre Stellvertreterin Juliane Schulz und Gaby Letzing einig. Und das habe nur bedingt etwas mit der Bezahlung zu tun. Sage jemand, sie sei Ärztin oder jemand, er sei Physiotherapeut, komme ein beifälliges Nicken, schildert Juliane Schulz ihre Erfahrungen. "Sage ich, ich bin Krankenschwester, kommt ein mitleidiges 'Oh'." Die positiven Aspekte des Berufs werden viel zu wenig beachtet und es wird zu wenig über diese gesprochen. Dazu geselle sich das Gefühl, regelrecht "ausgepresst" zu werden, denn "der Mangel wird mit mehr Belastung ausgeglichen", so Gaby Letzing. Darunter leide dann auch die pflegerische Qualität.

Die Geschäftsführung von Löwenherz (von links) Juliane Schulz, Kirsten Höfer und Gaby Letzing wollen die Situation so schnell wie möglich wieder verbessern.
Und diese wolle man bei Löwenherz nicht verringern. Das bedeute, so Juliane Schulz, dass eine Pflegefachkraft weiterhin maximal zwei Kinder oder Jugendliche zeitgleich betreut, um den qualitativ hochwertigen Standard zu halten. Damit dies in den kommenden Monaten gewährleistet werden kann, habe man sich "schweren Herzens" dafür entschieden, die Anzahl der großen und kleinen Gäste sowie ihrer Familien zu reduzieren. Um das zu kompensieren, werden 2023 auch nur noch Familien aus Niedersachsen und Bremen zur Entlastungspflege aufgenommen. Bisher seien rund 200 Familien im Jahr bei Löwenherz zu Gast, davon kommen 40 Prozent nicht aus den beiden genannten Bundesländern.
Ganz allein gelassen werden sollen diese überregionalen Familien jedoch auch nicht. "Wir bieten ihnen Aufenthalte als 'Selbstversorger' an", führt Gaby Letzing aus. Das bedeute, sie können ins Hospiz kommen, werden vom Hauswirtschaftsteam mitversorgt und das Begleiter-Team kümmert sich auch zeitweise um die Geschwister. Dabei fehle zwar der pflegerische Bereich, doch so sei wenigstens der Austausch mit Gleichgesinnten möglich und ein wenig Entlastung. Finanziert werden kann dieser Aufenthalt allerdings nur allein durch Spenden; öffentliche Mittel stehen dafür nicht zur Verfügung.
Schlechte Nachrichten hat Gaby Letzing auch für Familien mit Kindern, die über 27 Jahre alt sind. Dies ist die gesetzliche Grenze für einen Aufenthalt im Kinder- und Jugendhospiz. "Bisher haben wir immer versucht, die Grenzen nicht zu eng zu setzen", sagt sie. Doch das sei momentan auch nicht mehr möglich. Die anderen Angebote stehen aber nach wie vor allen Eltern offen.
Trotz allem ist das Führungsteam bei Löwenherz "hoffnungsvoll", die Situation so schnell wie möglich wieder zu verbessern. "Wir suchen nach wie vor engagierte Pflegekräfte", betont Juliane Schulze. Und Kirsten Höfer kann berichten, dass in Lüneburg ein weiterer ambulanter Kinderhospiz-Stützpunkt im Herbst eingeweiht wird. Die ehrenamtliche Arbeit sei "ein Riesengeschenk", betont Kirsten Höfer, und immens wichtig, um den Betroffenen zu zeigen: Wir sind weiter an eurer Seite. Denn die Einschränkungen, das ist den "Löwenherzlern" bewusst, trifft ausgerechnet die Familien, die ohnehin unter der angespannten Pflegesituation leiden.