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Tag der Architektur Beispielhafte Schulbauarchitektur

Mischa Flaspöhler hat zum Tag der Architektur die Erweiterung der Haupt- und Realschule Twistringen erläutert.
26.06.2023, 16:12 Uhr
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Von Norbert Lyko / NLY

Twistringen. Der Trend in der Schulbauarchitektur hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Klimaschutz, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und der Wandel in der Bildungswelt sind Herausforderungen, denen sich Schulträger und Architekten bei Neu- und Umbauten von Schulen stellen müssen. Dass so etwas gelingen kann, beweist eindrucksvoll der 2022 fertiggestellte Erweiterungsbau an der Twistringer Haupt- und Realschule. Und dies mit „Zertifikat“ der Architektenkammer Niedersachsen und Bremen.

Tag der Architektur: In 48 Orten wurden in ganz Niedersachsen und Bremen insgesamt 107 Objekte ausgewählt und für Architekturinteressierte geöffnet. Die Haupt- und Realschule des Landkreises Diepholz gehörte dazu. Mischa Flaspöhler, Fachdienstleiter Liegenschaften beim Landkreis Diepholz, und Tilmann Conrad vom Architekturbüro NPC aus Bremen stellten das Konzept des Erweiterungsbaus vor, beantworteten den Besuchern Fragen und führten durch die Räumlichkeiten.

Vierter Bau geplant

Flaspöhler erläuterte, wie die Zusammenarbeit mit dem Büro NPC zustande kam: „Es bestand die Notwendigkeit, die Schule um sechs allgemeine und drei Fachunterrichtsräume sowie Differenzierungs- und Büroräume mit einer Nutzfläche von insgesamt 900 Quadratmetern zu erweitern. Der marode Altbau und der ‚16er-Trakt‘ mussten dafür abgebrochen werden.“ Letztendlich habe sich der Landkreis für einen europaweiten Architektenwettbewerb entschieden. Dabei sei eine zukunftsfähige Schularchitektur mit hoher Aufenthaltsqualität im Innen- und Außenraum in das Pflichtenheft für die Bewerbungen geschrieben worden. Nicht zu vergessen, die Anforderung, dass sich der neue Gebäudekomplex harmonisch in die umliegende Wohnbebauung einzufügen habe. Insgesamt hätten sich 75 Architekturbüros beworben, so der Fachdienstleiter weiter. Gewinner war das Büro NPC.

Inzwischen gehört die Planungsphase der Vergangenheit an und die Besucher konnten sich einen Eindruck über den fertiggestellten Bau verschaffen. Tilmann Conrad erläuterte den Baukörper und gab viele Hintergrundinformationen. Entstanden sind drei eingeschossige, miteinander verzahnte Gebäude. Es ist geplant, ein viertes Gebäude als Mensa zu schaffen, sobald die Schule den Ganztagsunterricht anbietet.

Aluminium für die Nachhaltigkeit

„Unser Ansatz war, die Kleinteiligkeit der angrenzenden Wohnbebauung aufzunehmen. Dabei orientiert sich der Neubau mit der Trauf- und Firsthöhe sowie der Dachform und Fassadenfarbe, an der umgebenden Wohnbebauung. Dort prägen rote Verblender das Ortsbild. Das Schulgebäude ist zwar nicht mit Verblendmauerwerk erstellt, jedoch hat es eine Aluminiumfassade in roter Farbe erhalten“, erläuterte der Architekt. Dabei komme dem Thema der Nachhaltigkeit besondere Bedeutung zu. Aluminium sei gut zu recyceln und anschließend als Grundstoff für neue Produkte zu verwenden, verriet er weiter. 

Auch im Inneren folgt der Bau einer sinnvollen Logik. So befinden sich in zwei der drei Gebäude die Unterrichts- und Differenzierungsräume jeweils eines Jahrganges. Die Flure ergänzen die pädagogischen Möglichkeiten. Sie dienen nicht nur dem Pausenaufenthalt, sondern bieten aufgrund der geschickten Möblierung kleineren Lerngruppen hervorragende pädagogische Bedingungen. Die Fachunterrichtsräume sind zweckmäßig eingerichtet und entsprechen modernen pädagogischen Voraussetzungen. Auch hier gilt: hell und geräumig. Sogar auf Details, die dem Auge besonders guttun, wurde wert gelegt. So setzt sich die Farbe Grün des Rasens vor den Fenstern im Innenraum fort. Der Bodenbelag der Klassenräume ist ebenfalls in grüner Farbe gehalten.

Möglichst wenig Technik

Nicht üblich und deshalb auffällig sind die Dächer der Gebäude. Wo für gewöhnlich die Dachspitzen wären, sind rechteckige Konstruktionen mit Fensterelementen. Tilmann Conrad erläuterte dies so: „Wir haben beim energetischen Konzept den Low-Tec-Ansatz verfolgt. Die Fenster in Verbindung mit Sonnenschutz liefern neben der Tageslichtnutzung Wärme im Winter und verhindern eine Überhitzung im Sommer. Zusätzliche Lüftungsklappen in den Räumen komplettieren dieses System. Auf eine weitere künstliche Belüftung kann gänzlich verzichtet werden. Die Devise war, möglichst wenig Technik zu verbauen.“

Derzeit ist der Neubau wärmetechnisch über ein Nahwärmenetz mit der Turnhalle verbunden. Über den Einsatz eine Fotovoltaik-Anlage wird nachgedacht. Selbstverständlich wurde bei solch mustergültigen Bauarbeiten ebenfalls der Außenbereich berücksichtigt. Zwar mussten ein paar Gehölze weichen, dafür wurde die zehnfache Anzahl von Ersatzgehölzen angepflanzt. Das freut auch die Nachbarn, die die neue Ansicht der Schule loben.

Die Lehrerschaft ist ebenfalls mit dem Ergebnis des 5,6 Millionen Euro-Projekts sehr zufrieden, bestätigten Flaspöhler und Conrad. So bietet der Neubau nicht nur den Schülern beste Voraussetzungen, sondern auch der Lehrerschaft hervorragende Arbeitsbedingungen.

Zur Sache

Der zweite Baustein: Kulturscheune Leeste

Mit der Ortskernsanierung hat Leeste ein Aushängeschild erhalten: die Kulturscheune als Bibliothek, Standort der Volkshochschule (VHS) und Begegnungsort. Zum Tag der Architektur am Sonntag führte Architekt Gert Stürken um und durch das Gebäude, das er entworfen hat.

Bei seiner Führung berichtete Stürken von viel positiver Resonanz aus der Bevölkerung. „Man will, dass sich die Leute wohlfühlen“, freute sich der Architekt, dass die Umsetzung seiner Idee gelungen war. Das bestätigten auch die Besucher immer wieder und verwiesen auf die einladende Wirkung und die hohe Aufenthaltsqualität. „Das ist eine Aufwertung für Leeste“, so das einhellige Meinungsbild. Ältere Besucher zeigten sich auch überrascht, wie gut das Angebot von Jugendlichen wahrgenommen wird. „Es lebt davon, dass es genutzt wird“, unterstrich Stürken. Bibliotheken seien ein „Dritter Ort“, der ohne Schwellen auskommen solle – wie ein Wohnzimmer.

Für seinen Entwurf befasste sich Stürken mit den verschiedenen Anforderungen und der Umgebung des Gebäudes. „Es hat im Grunde keine Rückseite“, sah er eine Besonderheit. Sowohl von der Straße als auch vom Henry-Wetjen-Platz aus betrachten die Menschen die Fassade, auch die Seiten werden wegen der Durchgänge wahrgenommen. Der Architekt setzte deshalb etwa mit großen Fenstern darauf, Offenheit zu zeigen. (NGO)

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