6000 Kilometer Weg haben die Rollstühle, Tische, Tafeln, Einweghandschuhe und viele andere Waren vor sich. Die gespendeten Schulmöbel und medizinischen Hilfsgüter lagen jetzt eineinhalb Jahre in Haus 22 auf dem Gelände der Freilichtbühne in Bookholzberg. Am Sonnabend haben zehn Mitglieder der „Riverboat-Doctors-International“ (RDI) einen 40-Fuß-Container - 12 Meter lang und 2,40 Meter hoch - vollgeladen, um ihn so auf seinen Weg ins westafrikanische Gambia zu schicken.
Udo Heinen, der Bürgermeisterkandidat von Grünen und SPD, besucht derzeit Unternehmen und Einrichtungen in Ganderkesee, um die Situation vor Ort kennenzulernen und mit diesen und Vertretern der beiden Parteien zu diskutieren. Am Sonnabend ging es zum Verein RDI. Ziel war von Anfang an, Hilfe für bedürftige und kranke Menschen in Afrika zu leisten. 2004 in Köln gegründet, engagieren sich mittlerweile fast 100 Menschen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz in der gemeinnützigen Organisation.
Corona-Tests nur in der Hauptstadt
„Eigentlich wollten wir die Spenden schon im Sommer vergangenen Jahres nach Gambia verschicken“, sagt Christian Göken, erster RDI-Vorsitzender. „Warum das nicht geklappt hat, können Sie sich denken. Ich selbst war Anfang vergangenen Jahres noch in Gambia und musste im März fluchtartig das Land verlassen. Inzwischen rollt die dritte Welle über das Land.“ Corona sei ein gutes Beispiel, um die medizinische Situation in der englischsprachigen Republik zu verdeutlichen. „Offiziell gibt es unter den 1,2 Millionen Einwohnern nur 7.000 Fälle“, berichtet Göken. „Die Bewohner können sich aber nur in der Hauptstadt Banjul testen lassen. Gambia Ist 60 Kilometer breit, aber 500 Kilometer lang. Das wäre so, als ob jemand in Emden Symptome hat und sich nur in Hannover testen lassen kann – und zu Fuß dorthin kommen muss.“
Auf der anderen Seite würde es nur 2,50 Euro kosten, um ein krankes Kind eine Woche lang zu behandeln. Doch dafür sei das kleine, arme Land auf Spenden angewiesen. Unter den Spendern ist zum Beispiel ein Bremer Krankenhaus, das 60 Betten nicht mehr brauchte. Pflegeheime und auch Privatleute spenden Rollstühle und Rollatoren verstorbener Menschen. „Oft profitieren wir auch von Geburtstagen“, erzählt der Vorsitzende. „Wenn jemand 70 wird, wünscht er sich von seinen Gästen, dass sie unserem Verein etwas spenden, anstatt dass sie ihm etwas schenken, dass er eh schon hat oder nicht will.“ Mehrere Hundert Euro kämen auf diesem Weg zusammen.
Spenden fehlen dem Verein
Dank verschiedener Infoveranstaltungen, Afrika-Märkte und Straßenflohmärkte werden weitere Geldgeber und Mitglieder geworben. So kommt der Verein auf 10.000 bis 12.000 Euro. Doch diese Geldquellen fallen coronabedingt schon lange aus. „Teilweise habe ich befürchtet, dass ich den Verein aufgeben muss“, sagt Göken. Zum Glück haben die Mitglieder ihre eigenen Kontakte dazu genutzt, RDI am Leben zu halten, indem sie einen Spendenaufruf weitergeleitet haben.
Corona hat teilweise aber auch die bereits eingegangen Spenden zunichte gemacht. „Ich kann ganz viel Verbandsmaterial nicht mehr mitnehmen“, erzählt er. „Als ich es angenommen hatte, war es noch lange genug haltbar, nun ist es abgelaufen.“ Das Haltbarkeitsdatum auf den Produkten muss nämlich noch mindestens ein halbes Jahr aktuell sein, wenn sie sich auf den Weg nach Gambia machen. „Willst du das haben?“, fragt Göken ein Mitglied, das mitanpackt. „Das ist ein Moskitospray. Das ist nur noch ein paar Monate haltbar.“ Der Verein achte auch darauf, dass Gebrauchsgegenstände noch so gut sind, dass sie mehrere Jahre halten.
Am 20. August wird Göken dann selbst nach Gambia reisen, um den Transport in Empfang zu nehmen. Der Container wird über Hamburg, Rotterdam, Spanien und Marokko 30 Tage unterwegs sein. Allerdings wird nicht nur medizinisches Material drin sein, sondern auch Tische und Stühle für die Schulen dort. „Ganz viele Schulen stellen doch jetzt um auf White Boards und brauchen ihre Tafeln nicht mehr. Soll ich da mal nachfragen, ob die Schulen Ihnen die Tafeln spenden würden?“, fragt Edith Ohlenbusch. Das SPD-Gemeinderatsmitglied ist im Schulausschuss tätig und hätte somit die nötigen Kontakte. Doch Göken antwortet schmunzelnd: „Die gehören doch schon alle mir.“