Mit dem bloßen Auge lassen sich diese kleinen gefräßigen Tierchen gar nicht erkennen. Erst der Blick durchs Mikroskop lässt erkennen, wie beweglich Fadenwürmer, auch Nematoden genannt, unterwegs sind. In der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (EPS), einem Nachtfalter, dessen Larven in den vergangenen Jahren zu einer wahren Plage geworden sind, kommt diesen fast farblosen „Fressmonstern“ eine ganz besondere Bedeutung zu. Denn bestimmte Nematoden haben die Larven des EPS bis zum kritischen dritten Larvenstadium, in dem die mitunter gesundheitsgefährdenden Brennhaare entwickelt werden, zum Fressen gern.
Das Forst- und Dienstleistungsunternehmen Pape aus Achternholt, als Generalunternehmer für den Landkreis Oldenburg mit der Bekämpfung von Eichenprozessionsspinnern beauftragt, wendet diese recht neue biologische Methode der Schädlingsbekämpfung an. Im vergangenen noch als Pilotprojekt, um diese Alternative zum Absaugen der kritischen Nachtfalter-Larven zu testen. „Insgesamt zeigte sich dies als erfolgreich, da der Befall in den mit Nematoden behandelten Bereichen stark zurückging“, so die Kreisverwaltung auf Nachfrage. Da die Nematoden zum Einsatz kämen, noch bevor es zur Bildung der Brennhaare komme, biete sich diese Methode zur Anwendung im Straßenraum an.
Fast jede Nacht unterwegs
Noch bis in den Juni hinein ist die Firma Pape fast jede Nacht unterwegs, um befallene Bäume mit den fadenförmigen Lebewesen zu besprühen, die dann in die EPS-Larven eindringen und ihnen den Garaus machen.
An diesem Abend steht Unternehmer Axel Pape, zertifiziert im Umgang mit Nematoden als Schädlingsbekämpfern, mit Personal an der Kreisstraße 248 zwischen Neerstedt und Dötlingen. Sie warten auf die Straßenmeisterei Delmenhorst, die nicht nur den nächtlichen Einsatz mit einem Fahrzeug absichern soll, sondern auch bezeugen muss, dass die zum Einsatz kommenden Fadenwürmer quicklebendig sind, bevor sie mittels einer Sprühkanone in rund 500 Eichenbäume geschleudert werden. Dazu entnimmt Pape ein paar Tropfen aus einer milchigen Flüssigkeit und legt sie in seinem Prüfwagen unter ein Mikroskop. „Das sieht doch gut aus“, nicken die Straßenwärter Felix Pflug und Jörg Theilen zufrieden bei ihrem Blick auf den Laptop-Bildschirm, auf dem die muntere Würmer-Schar in mehrfacher Vergrößerung sichtbar wird.

Axel Pape (rechts) entnimmt direkt aus dem Blätterwerk eine Probe und prüft, ob die Nematoden noch munter sind.
Schon auf seinem Betriebsgelände in der Gemeinde Wardenburg hat Unternehmer Pape die ersten 1000 Liter Flüssigmasse mit zig Millionen lebender Nematoden angerührt. Da die Würmer darin keine lange Überlebensdauer haben, muss in dieser Nacht mehrmals eine neue Mischung angesetzt werden – insgesamt 7000 Liter. „Wichtig ist, dass wir mit dem Besprühen nicht vor 20 Uhr anfangen, denn die UV-Strahlung tötet die Nematoden ab“, weiß Axel Pape. Auch bei Windstärken über Zwei fällt das Ausbringen der Fadenwürmer aus. Und so ist es bereits dämmerig und fast windstill, als der mit einer Sprühvorrichtung ausgestattete Schlepper seine erste Ladung in die Krone eines Eichenbaumes verteilt. Nun ist eine zweite Probe fällig, für die Axel Pape eigens eine Hebebühne mitgebracht hat, die ihm einen Abstrich direkt aus dem Blätterwerk des Baumes ermöglicht. Auch hier können die Mitarbeiter der Straßenmeisterei bestätigen: Die Nematode lebt.
Für Mensch und Tiere ungefährlich
Die Nematoden-Behandlung hat viele Vorteile: Sie ist zu 100 Prozent biologisch und deshalb für Menschen und andere Tiere ungefährlich. „Durch den Sprühnebel könnte man mit dem Fahrrad durchfahren, ohne dass etwas passiert“, sagt Axel Pape. Auch die Anwendung in Gewässernähe ist unkompliziert, hinterlässt keine Rückstände und die behandelten Bereiche müssen nicht abgesperrt werden. „Beim Absaugen des EPS dagegen fallen Tonnen von Abfall an, die inklusive der Schutzanzüge meiner Mitarbeiter fest verschlossen extra zur Müllverbrennungsanlage gefahren werden müssen. Denn die Brennhaare sind bis zu einem Jahr aktiv.“
Bei Tagesanbruch, so gegen 6 Uhr, ist der nächtliche „Spuk“ vorbei. Die EPS-Larven sind zu 90 Prozent vertilgt; die Nematoden selbst sterben auch. In zwei Wochen bekommen die Bäume an der K 248 dann zur Sicherheit noch eine zweite Nematoden-„Dusche“.