Lukas Gosciaszek wirft einen prüfenden Blick auf den smartphonegroßen Paket-Scanner in seiner Hand, während er in eine Einfahrt am Anemonenweg biegt und das gelbe Postauto rund zwei Meter vor der Tür parkt. Routiniert greift der 41-Jährige neben sich in eine gelbe Box mit Briefkastensendungen, die er morgens vorsortiert hat. Dann springt er aus dem Auto, öffnet die Schiebetür und holt mehrere Pakete aus dem Rückraum. Der Scanner piept dreimal, als Gosciaszek die Pakete zugestellt hat. Sekunden später sitzt er wieder am Steuer, hat den Rückwärtsgang eingelegt und bereits das nächste Ziel vor Augen.
Der Scanner zeigt Gosciaszek an, wie viele Pakete die Haushalte jeweils bekommen. Jetzt, kurz vor Weihnachten, sind es besonders viele: Die doppelte Menge als sonst würde bei den sechsstündigen Touren ausgeliefert, sagt der Standortleiter des im Herbst 2021 eröffneten DHL-Zustellstützpunkts in Wildeshausen. Von hier versorgen rund 70 Mitarbeiter fast 19.000 Haushalte in Wildeshausen, Harpstedt und Dötlingen. Um das höhere Aufkommen inklusive Retouren nach den Feiertagen zu bewältigen, habe man von Mitte November bis Mitte Januar zehn zusätzliche Leute eingestellt.
"Im Dezember ist die heftigste Zeit", sagt Gosciaszek zwischen zwei Paketzustellungen. Wobei der Job als Zusteller "immer anstrengend" sei, da man bei jedem Wetter draußen sei – "das muss man mögen". An diesem Mittwochvormittag liegt die Temperatur knapp unter dem Gefrierpunkt, Frost bedeckt Wiesen und Dächer und Gosciaszek hat eine dicke Kapuzenjacke übergezogen.
Kraft und Geschwindigkeit
Auch körperlich sind Zusteller wie er gefordert, denn Pakete dürfen bis zu 31,5 Kilogramm wiegen. Das Durchschnittsgewicht liege bei 15 bis 20 Kilo, sagt Gosciaszek – dank standardisierter Maße auch zur Weihnachtszeit. Für schwere Pakete hat er eine Sackkarre dabei. Es gebe Seminare zur richtigen Haltung beim Tragen – und die mehrheitlich genutzten E-Fahrzeuge, sogenannte Streetscooter, seien so gebaut, dass man sich nicht bücken müsse. Um seinen Rücken zu stärken, gehe er aber ins Fitnessstudio.
Der Aufenthalt beim Kunden soll möglichst kurz sein. "Die Touren sind so bemessen, dass man so wenig wie möglich laufen muss", erklärt Gosciaszek, während er das Postauto an den Straßenrand lenkt. Wenn es – wie an diesem Tag am Westring – keine freie Parkfläche gebe, dürfe er maximal zwei Minuten in zweiter Reihe halten. In dieser Zeit muss er dann nicht nur Pakete zustellen, sondern aus Sicherheitsgründen auch das Fahrzeug abschließen.
Dennoch gelte es, während der zügigen Zustellung "immer höflich" zu bleiben, auch wenn ein Kunde mal ungehalten reagiere, oder – was häufig vorkomme – Sonderwünsche habe. Wenn jemand Pakete lieber beim Nachbarn abgegeben haben wolle, müsse er sich das im Zweifelsfall merken. Ein Mann wirkt an diesem Vormittag verärgert, als er dem Postboten die Tür öffnet. Gosciaszek bleibt gelassen. Zurück im Auto sagt er: "Der Kunde ist König." In Kleinstädten wie Wildeshausen seien die Kunden jedoch meist umgänglich.
Kleine Weihnachtsgrüße
Zur Weihnachtszeit bekommen die Paketboten von ihren Kunden öfter kleine Geschenke. "Wir bekommen Schokolade – davon haben wir genug", sagt Gosciaszek und grinst. Auch Grußkarten gebe es und kleinere Geldbeträge, wobei der Gesamtwert bei höchstens 25 Euro liegen darf, sonst müssen die Zusteller ablehnen. Entspannter werde das Vorweihnachtsgeschäft für Paketzusteller erst in der Woche vor Weihnachten. Dann hätten die meisten vermutlich ihre Geschenke bestellt.
An Heiligabend seien, anders als sonst, viele Leute zu Hause, sagt Lukas Gosciaszek – "die Stimmung ist dann sehr weihnachtlich". Manche reagierten verwundert, dass Zusteller an diesem Tag arbeiten. Am frühen Nachmittag des 24. Dezember ist dann aber auch für die Wildeshauser Paketboten Feierabend und der Vorweihnachtsstress vorbei.