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Blitzer-Statistik 2021 Von 30 Autos fährt im Landkreis Osterholz eins zu schnell

Der Landkreis Osterholz hat seine Blitzer-Statistik 2021 vorgelegt. Demnach lag die Verstoßquote der kreiseigenen Messungen bei 3,32 Prozent. Die Behörde nennt diesen Wert "erfreulich gering".
30.05.2022, 05:00 Uhr
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Von 30 Autos fährt im Landkreis Osterholz eins zu schnell
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Mit einer Selbstbezichtigung meldete sich unlängst der SPD-Politiker Peter Schnaars im Verkehrsausschuss des Osterholzer Kreistags zu Wort: Eine Radarfalle der Kreisverwaltung habe ihn neulich im Stadtgebiet erwischt, gab der SPD-Politiker bekannt. Er habe sein Bußgeld auch brav bezahlt, finde den Vorgang aber nicht ganz fair. Die Behörden hätten nämlich ohne vorherigen Hinweis ein Ortsausgangsschild, das jahrzehntelang an seinem Fleck gestanden hatte, durch ein Ortseingangsschild ersetzt, sodass nun weiter Tempo 50 gelte. Er wolle Klarheit, so Schnaars, und drohte scherzhaft mit dem Anwalt.

Das Mitleid der Ausschusskollegen und der Verwaltung hielt sich in Grenzen. "Es ist ja für einen guten Zweck", versuchte Brunhilde Rühl (CDU) den sozialdemokratischen Temposünder per Zwischenruf zu trösten. Der Landkreis Osterholz investiert den Überschuss der Bußgeldeinnahmen aus der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung nämlich stets in die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Und bevor sich die Abgeordneten eingehender mit der Blitzer-Statistik 2021 befassten, wurde Anke Stelljes als Leiterin der Straßenverkehrsbehörde grundsätzlich: "Man muss jederzeit aufmerksam fahren und die Schilder beachten", belehrte Stelljes den Abgeordneten.

Mit und ohne Vorwarnung

Der Landkreis weise auf derlei Veränderungen nicht eigens hin und sei auch nicht verpflichtet dazu, so die Amtsleiterin. Allerdings lasse man zwischen einer dauerhaft neuen Beschilderung und der ersten Messung meist vier bis sechs Wochen Gewöhnungszeit für die Verkehrsteilnehmer verstreichen. Das gelte besonders für neue Tempo-30-Schilder vor Schulen, Kitas oder Pflegeeinrichtungen. Bevor erstmalig der Blitzer kommt, werde eine elektronische Info-Tafel aufgestellt, die den Autofahrern die jeweilige Geschwindigkeit anzeigt.

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Ohne auf den konkreten Tatort des SPD-Politikers einzugehen, gab Verkehrsdezernent Dominik Vinbruck dann doch eine Änderung bekannt: Seit einiger Zeit gilt demnach in Osterholz-Scharmbeck auf dem Straßenzug Koppelstraße/Stader Landstraße/Am Knorren/Im Dorfe durch eine veränderte Beschilderung nun durchgehend Tempo 50. Politiker und Anwohner hatten in der Vergangenheit darüber immer wieder kontrovers diskutiert (wir berichteten).

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Mit Blick auf die Gesamtstatistik des Vorjahres erklärte Anke Stelljes: "Die Verstoßquote lag im Vorjahr bei 3,32 Prozent; das ist aus unserer Sicht noch immer erfreulich gering." Bei insgesamt 566 Messungen (davon 317 innerorts) hatten 856.886 Fahrzeuge die Lichtschranken passiert; davon waren 28.475 zu schnell. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 wurden bei 575 Messungen (davon 327 innerorts) 754.927 Fahrzeuge gemessen. 23.695-mal löste dabei der Blitzer aus, was einer Quote von 3,14 Prozent entspricht.

Technik hat ausgedient

Die Amtsleiterin informierte den Ausschuss über veränderte Rahmenbedingungen. Das Mess-Team habe demnach die Einsatzzeit der Blitzer-Technik von gut neun auf fast zehn Stunden pro Tag verlängert, sodass mehr Fahrzeuge die Kontrolle passierten. Zwar seien zudem auch wieder mehr Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs gewesen als im ersten Corona-Jahr, doch das Verkehrsaufkommen abends und an den Wochenenden habe 2021 noch nicht wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht. Dazu heißt es im Verwaltungsbericht: "Generell kann festgestellt werden, dass bei einer hohen Verkehrsdichte die Anzahl der Geschwindigkeitsverstöße geringer ist."

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Kopfzerbrechen bereitet der Verwaltung zurzeit die Blitzer-Technik, erklärte die Behördenchefin. Seit mehr als einem Jahr könne das Infrarot-Messgerät Leivtec XV 3 wegen ungenauer Messungen nicht mehr betrieben werden (wir berichteten). Die beiden vorhandenen ES-3.0-Geräte verfügen über eine Fotoeinheit pro Fahrtrichtung, sie müssen aber ebenfalls ersetzt werden, weil kaum noch Ersatzteile zu bekommen und Hardware-Veränderungen inzwischen verboten sind.

Ersatz kostet Zeit und Geld

Ein ES-3.0-Gerät stammt aus 2011, eines aus 2014. Das ältere wird nun in Kürze durch den Typ ES 8.0 ersetzt. Im Januar bestellt, soll es im Juli geliefert werden. Das zweite Gerät werde in den nächsten Jahren ebenfalls ausgetauscht und auch ein Ersatz für das Leivtec-Gerät sei geplant, so Stelljes. Die Kosten betragen pro Gerät rund 110.000 Euro. Um den Bußgeld-Überschuss nicht allzu sehr zu schmälern, der nach Abzug der Personal- und Sachkosten für verkehrssichernde Maßnahmen bleibt, werden die Investitionen gestreckt.

Die höheren Sätze des im November verschärften Bußgeldkatalogs konnten sich bisher nicht sonderlich bemerkbar machen; Schätzungen zufolge dürften die Einnahmen aber in diesem Jahr dadurch um 15 bis 20 Prozent zulegen. Doch auch der Personalaufwand steigt: Bestand das Mess-Team 2020 aus drei Landkreis-Bediensteten und elf Honorar-Kräften, so sind es nun vier Angestellte und zehn geringfügig Beschäftigte.

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Unterdessen gibt es auf dem Fahrzeugsektor neue Lieferprobleme. Das im Oktober 2021 bestellte Elektroauto wird voraussichtlich ab Juli zur Verfügung stehen; es ersetzt einen Wagen, der seit September 2011 im Einsatz ist. Kostenpunkt laut Haushaltsplan: 60.000 Euro. Das zweite Auto steht bisher für 2023 auf dem Einkaufszettel.

Überschuss schrumpft

So kommt eines zum anderen und die Bußgeld-Überschüsse, die für die Verkehrssicherheit zur Verfügung stehen, gehen merklich zurück. Im Rekordjahr 2019 standen rund 494.000 Euro zur Verfügung, aktuell sind es noch knapp 266.000 Euro; darin enthalten sind Vorjahresreste von 121.000 Euro. Die Mittel sollen weiterhin für Radwegsanierungen und andere Projekte eingesetzt werden. Verkehrsdezernent Vinbruck betonte dennoch vorsorglich: "Wir blitzen nicht, um möglichst viel Geld einzunehmen."

Zur Sache

Schwerpunkte oft innerorts

Die 566 Messungen des Jahres 2021 verteilen sich wie folgt auf die Mitgliedskommunen (aufgeschlüsselt nach innerorts/außerorts): Osterholz-Scharmbeck: 121 (86/35); Schwanewede: 90 (55/35); Lilienthal: 87 (38/49); Ritterhude: 54 (37/17); Worpswede: 80 (50/30); Hambergen: 76 (32/44); Grasberg: 58 (19/39). Die Verstoßquoten reichen von 2,33 Prozent in Ritterhude bis 4,23 Prozent in Worpswede. Laut Kreisverwaltung liegen diese Quoten im Bereich des mehrjährigen Durchschnitts.

In Hambergen und Worpswede konnte baustellenbedingt weniger gemessen werden als sonst; viele Verstöße zeigten sich dort aber auf Schleichwegen und Umleitungsstrecken. Ähnliches werde auch infolge der B74-Baustelle in Buschhausen der Fall sein, so der Landkreis. In Schwanewede ging die Verstoßquote zurück, obwohl dort häufiger gemessen wurde; in Lilienthal hingegen sei ein Anstieg zu verzeichnen, der vor allem mit Tempo 30 auf der Moorhauser Landstraße zu tun habe. Dort sei an manchen Mess-Tagen jeder sechste Fahrzeuglenker zu schnell gewesen.

Bei den meisten Verstößen lag die Geschwindigkeitsüberschreitung unter 21 Kilometern pro Stunde. Außerorts fokussiere man sich auf Gefahrenpunkte in Tempo-70-Bereichen. 56 der 566 Messungen betrafen Tempo-30-Zonen vor 15 verschiedenen Schulen, Kitas, Heimen und Kliniken. Dort gilt auf etwa 300 Metern eine Anordnung, die teils tageszeitlich begrenzt ist. Die Verwaltung betont: Bei Geschwindigkeitsverstößen in diesen sensiblen Bereichen müssten die Verkehrsteilnehmer jederzeit damit rechnen, dass sie geblitzt werden.

Die Behörde kooperiert eng mit den Kommunen und der Polizei, die auch eigene Messungen vornimmt. Auf Anwohnerwünsche werde ebenfalls reagiert; es seien aber nicht an allen gewünschten Stellen "gerichtsverwertbare Messungen" möglich. Bei den Temp-30-Gebieten hätten die Bereiche Vorrang, in denen sich eine Schule, ein Kindergarten oder ein stark frequentierter Schulweg befinden.

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