Es ist noch nicht einmal 10 Uhr an diesem Vormittag in der Woche, und das Thermometer zeigt bereits 27 Grad. Auf dem Stellplatz für Wohnmobile in Grasberg ist man auf diese Temperaturen eingestellt. Einige Gäste sitzen schon im Sonnenstuhl unter ihren Markisen vor den Fahrzeugen und beobachten das Treiben auf der Wörpedorfer Straße. Wie etwa Christiane und Bernd, die aus Affinghausen im Landkreis Diepholz kommen, ihren Nachnamen aber nicht nennen möchten. "Immer wenn zu Haus zu viel Arbeit auf uns wartet, dann steigen wir in unser Wohnmobil", sagt das Paar. Schon vor Jahrzehnten hätten sich ein Wohnmobil angeschafft, aber die damals kleine Tochter erwies sich als nicht fahrtauglich und das Mobil wurde wieder verkauft. Mittlerweile lebt die Tochter in Norwegen, und die Eltern fahren seit zehn Jahren wieder mit dem Wohnmobil, auch wenn sie ihre Tochter besuchen. Aber auch andere Länder wie Spanien und Frankreich standen schon auf der Urlaubsliste.
Kurztrip nach Grasberg
Für Kurztrips, wie zurzeit, kommen sie gerne nach Grasberg. "Wir haben 25 Jahre im Landkreis Osterholz gelebt und hier noch viele Kontakte, deswegen bietet sich dieser Ort an", sagt Bernd. Den Platz findet das Paar ideal. Man sei schnell überall und der Supermarkt befinde sich direkt gegenüber. Zum ersten Mal stehen sie in der ersten Reihe mit direktem Blick auf die Wörpedorfer Straße. Ist das reizvoll? "Toll ist, dass man immer was zu gucken hat", sagen die beiden. Der Verkehrslärm, nun ja. "Wenn man weiter hinten steht, so wie wir normalerweise, dann bekommt man davon gar nichts mehr mit." Zudem habe der Platz in Grasberg den Vorteil, dass man nicht im Voraus buchen müsse. "Viele Campingplätze sind schon lange ausgebucht und sehr teuer geworden." Selbst im Winter hätten sie schon in südlicheren Gefilden Probleme gehabt, auf einem Campingplatz unterzukommen. Hier in Grasberg müssen sie nichts zahlen, nur das, was sie an Strom oder Wasser verbrauchen. "Aber eigentlich sind wir so autark, dass wir eine Woche gut alleine klarkommen", sagt Bernd.
Für ihn und seine Frau hat das Reisen im Wohnmobil immer Konjunktur. Auch wenn das Miteinander unter Camper durch den Boom, den die Branche während der Corona-Pandemie erlebt hat, mittlerweile ein bisschen gelitten habe. "Man hilft sich unter Campern", sagt Christiane. Viele Neu-Camper würden dieses Prinzip missachten, das sei schade.
Camping weiterhin im Trend
"Die Buchungszahlen auf den Campingplätzen sind gut, aber die Ferienzeit hat ja gerade erst begonnen", bestätigt Thorsten Milenz, Geschäftsführer der Touristikagentur Teufelsmoor-Worpswede-Unterweser. Normalerweise beginne die Saison für Wohnmobile und Co. im Mai, aber das Wetter habe sich in diesem Jahr bekanntlich nicht von seiner besten Seite gezeigt. Neben den großen Plätzen wie etwa am Hammehafen in Worpswede, dem Land of Green in Waakhausen oder dem Campingplatz Meyer an der Hamme in Teufelsmoor, bieten die Gemeinden für Wohnmobilisten auch Übernachtungsplätze an. Dabei handelt es sich jedoch um einfache Stellplätze, wie der in Grasberg, die aber nicht über weitergehende Infrastruktur wie etwa sanitäre Einrichtungen verfügen. Auch Strom ist nicht überall vorhanden, wie etwa in Lilienthal. Dort haben Durchreisende mit ihrem Wohnmobil nur die Möglichkeit, auf dem Parkplatz Schoofmoorgelände am Hallenbad zu stehen. Eine zeitliche Beschränkung gibt es dort nicht, und die Gemeinde führt auch keine Statistik über die Nutzung, teilt das Rathaus auf Nachfrage mit.
Acht Steckdosen
Auf dem Stellplatz in Grasberg vor dem Landhaus Wörpedorf stehen acht Steckdosen für Wohnmobile zur Verfügung, aber oftmals habe er dort schon deutlich mehr Fahrzeuge gezählt, sagt der zuständige Fachbereichsleiter Andreas Koppen. Die Kommune führt ebenfalls keine Statistik, "aber es scheint gut angenommen zu werden", hat Koppen beobachtet. Benutzungsgebühren fallen nicht an, lediglich Wasser und Strom müssten gezahlt werden.
Auch Christel und Michael Frische mögen den Festplatz in Grasberg, wo sie immer mal wieder ein paar Tage bleiben, um von dort aus Touren mit dem E-Bike durch das Moor oder nach Worpswede zum Eisessen zu unternehmen. Genau wie ihre Wohnmobil-Nachbarn loben auch sie die zentrale Lage und die gute Infrastruktur rund um den Platz. "Viele, die hier stehen, sind auf der Durchreise, Engländer, Franzosen, da hinten steht gerade eine Belgierin. Das bietet sich hier an, weil es relativ nah zur Autobahn ist", sagt Christel Frische. Sie und ihr Mann indes haben keine weite Anreise bis nach Grasberg, sie wohnen im Landkreis Osterholz, genauer gesagt in Steden. Seit mittlerweile 31 Jahren sind die beiden mit dem Wohnmobil unterwegs. "Man ist frei. Gefällt einem der Nachbar nicht oder ist das Wetter schlecht, fährt man einfach weiter", sagt die 73-Jährige. Und anders als auf klassischen Campingplätzen fühle man sich auf den Stellplätzen wie in Grasberg nicht so eingeengt, erzählt Christel Frische. "Wir stehen gerne frei, denn wir haben ja alles dabei: Dusche, Toilette, Küche", sagt ihr 67 Jahre alte Mann. Überhaupt werde das Wohnmobil zu Hause nicht komplett leer geräumt, nur der Kühlschrank. Damit es gleich wieder losgehen kann, wenn das Wetter schön ist.