Lilienthal. Eigentlich hatte er keinen Platz mehr und auch gar nicht die Absicht, bei der zweiten Kunstauktion der Lilienthaler Kunststiftung mitzubieten. Ganz sicher aber war sich der Dresdner Hermann Jungnickel, auf Kurzbesuch in Lilienthal, seiner nicht und vermutete, dass ihn die „Seestücke“ vielleicht doch schwach werden lassen könnten. Spaß hat ihm die Veranstaltung aber auf jeden Fall gemacht.
394 Auktionsstücke kamen diesmal bei der Kunstauktion der Lilienthaler Kunststiftung in den Räumen der Kunstschau Wümme Wörpe Hamme unter den Hammer von Auktionator Hans-Georg Fiebig, der schon fast 600 Auktionen geleitet hat. Im Vergleich zum ersten Mal sei die zweite Kunstauktion in Trupe vielseitiger bestückt gewesen als im Vorjahr, denn die Bandbreite der angebotenen Kunstgattungen sei größer geworden, sagte die Kunsthistorikerin Christa Allen. Sie hatte gemeinsam mit Ulla Siegert Auktionsplan, Katalog und Expertisen erstellt.
Bekannte Maler
Einen großen Teil der Kunstauktion nahm die Malerei ein, aber auch Skulpturen, Keramiken, Kunsthandwerk und Fotos kamen zur Versteigerung. Im thematisch gegliederten Katalog war das „Who is who“ der Worpsweder Künstler vertreten, von Paula Modersohn-Becker über Otto Modersohn, Hans am Ende bis hin zu Fritz Overbeck und Carl Emil Uphoff. Stark vertreten waren auch die Malweiber wie Sophie Wencke, Annemarie Mevissen, Bertha Schilling, Ottilie Reylaender-Böhme, Margarethe von Reinken und Elisabeth Noltenius. Einen richtigen Markt wie für die alten Worpsweder aber gebe es für sie noch nicht, bedauerte Expertin Ulla Siegert.
Die Auktion der Lilienthaler Kunststiftung, die sich auf norddeutsche Kunst und damit auch auf alle drei Generationen der Worpsweder Künstler festlegte, unterscheide sich von größeren Auktionen dadurch, dass der überwiegende Teil von privaten Einlieferern stamme, stellte Christa Allen fest. Als „marktfrisch und unverbraucht“ bezeichneten die beiden Kunstexpertinnen die angebotenen Kunstwerke, da diese bis dato noch nie auf dem Markt in Erscheinung getreten seien. „Das ist schon sehr besonders“, betonte Siegert. Während der Auktion wanderten die Kunstwerke daher aus privater Hand wieder in die Hände privater Liebhaber.
Die Bieter kamen nicht nur aus der unmittelbaren Region, sondern auch aus dem europäischen Ausland. Auch das sei für solch eine kleine Auktion besonders, so die beiden Sachverständigen. Gebote konnten nicht nur am Telefon, schriftlich oder im Saal abgegeben werden, sondern auch online und live. Für die Lilienthaler Auktion war das eine Premiere. Während der Auktion 2018 wurden 85 Prozent der angebotenen Kunstwerke verkauft, der Rest ging in den Nachverkauf. Auch das sei ungewöhnlich, so Siegert. Eigentlich sei man mit 75 Prozent schon sehr zufrieden. Für die Kunstexpertinnen war das ein klarer Hinweis auf das sehr interessante Angebot. Immer wieder gebe es aber auch Überraschungen, berichteten sie. So geschehen in der ersten Lilienthaler Auktion, bei der ein Bild einen hohen Liebhaberpreis erreicht hatte, der absolut nicht dem Marktpreis entsprach.
Schon im vergangenen Jahr war die Kunststiftung von der hohen Zahl der Einlieferungen überrascht worden, berichtete Hans Adolf Cordes von der Lilienthaler Kunststiftung. In diesem Jahr setzte sich diese Tendenz fort, auch gab es mehr Bieter. Cordes unterstrich die Tatsache, dass die angebotenen Kunstwerke überwiegend von Privatleuten stammten und es sich um Exponate handelte, die bislang auf keiner Auktion angeboten worden waren. „Ich gehe davon aus, dass wir uns mit der zweiten Auktion für norddeutsche Kunst etabliert haben“, so der Gründer der Kunststiftung zuversichtlich über das Lilienthaler Erfolgsmodell. Der zunehmende Bekanntheitsgrad und die Anerkennung, die die Kunststiftung mittlerweile erfahre, habe ein größeres Vertrauen bei den Bietern zur Folge, so Cordes. „Es ist auch für mich erstaunlich, wie die Kunstauktion angenommen wird“, freute sich das Mitglied der Kunststiftung.
Nicht zuletzt sei aber auch die Professionalität, mit der die Kunststiftung die Auktion angehe, Grund dafür, dass Bieter und Einlieferer ihnen so viel Vertrauen entgegenbringen, sagte Cordes. Das Ziel, regionaler und norddeutscher Kunst einen adäquaten Markt zu bieten, wurde mit der zweiten Auktion offenbar erreicht, wie das große Interesse an diesem Tag zeigte. Gut drei Stunden dauerte die Versteigerung, bis alle 394 Kunstwerke aufgerufen waren und der größte Teil unter den Hammer des Auktionators kam. Nicht versteigerte Objekte werden vom 3. bis 11. Dezember im Nachverkauf angeboten.