Landkreis Osterholz. „Was tun, wenn das Internet lahmt?“ Hilfreiche Antworten auf diese Frage gibt es viele, jedenfalls soweit es in der Macht des einzelnen Nutzers steht, beispielsweise seine Hard- und Software einzurichten und umzustellen. Was aber ist in Zeiten von Homeoffice und Kontaktverbot mit den Verbindungen selbst? Glaubt man den Internet-Providern, halten die Netze der stärkeren Nutzung problemlos stand, die derzeit durch Telefonieren, Surfen, Spielen und Streamen entsteht.
Im Breitbandkompetenzzentrum Niedersachsen/Bremen hat Geschäftsführer Peer Beyersdorff schon lange vor der Corona-Pandemie damit begonnen, Schwachstellen in den leitungsgebundenen und mobilen Datennetzen zu sammeln. Unsere Frage, inwieweit den beruhigenden Worten der Telekommunikationsanbieter für das Kreisgebiet Glauben zu schenken ist, beantwortet Beyersdorff ausweichend. „Uns liegen keine Meldungen aus der Bevölkerung zu diesen Themen vor.“
Zwar identifiziert das Breitbandzentrum im öffentlichen Auftrag weiße Flecken und Funklöcher, um an deren Beseitigung zu arbeiten. Doch dazu muss Beyersdorff auch eng mit der privaten Wirtschaft kooperieren, sodass dem Heilshorner Zentrum selbst manches Firmengeheimnis zum Ausbauzustand bekannt sein dürfte. Um das Vertrauen der Unternehmen nicht zu riskieren, verweist uns der Breitband-Fachmann auf die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur.
Die staatliche Agentur mit Sitz in Bonn wiederum gab als Antwort auf Fragen, die auch viele Medien gestellt hatten, eine beruhigende Stellungnahme zur digitalen Infrastruktur heraus. Pressesprecher Fiete Wulff teilt darin mit, das staatliche Aufsichtsorgan habe für die TK-Anbieter einen „Leitfaden mit Lösungen und Maßnahmen für ein zulässiges Verkehrsmanagement veröffentlicht“.
„Die Netze sind derzeit stabil, und gravierende Beeinträchtigungen werden aktuell nicht erwartet“, wird Agenturpräsident Jochen Homann in der Pressemitteilung zitiert. Die Anbieter seien auf eine Zunahme des Datenverkehrs gut vorbereitet, man stehe in engem Austausch miteinander. Vor allem Videostreaming und Spieledownloads seien sehr datenintensiv. Sollte es wider Erwarten zu einer Überlastsituation kommen, können die Provider „im Einklang mit der Netzneutralitätsverordnung angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Überlastung zu mindern“. Das könne zum Beispiel die Reduzierung der Qualität einzelner Dienste beinhalten, was nun per Leitfaden festgezurrt worden sei.
Nicht nur die Netzbetreiber sieht man in Bonn gefordert: Dass bereits Inhalte-Anbieter wie Netflix, Facebook, Amazon Prime und Youtube freiwillig und vorsorglich ihre Streamingqualität gedrosselt haben - europaweit und ohne große Bildqualitätsverluste -, begrüße die Agentur sehr. Kritiker halten das jedoch für eine PR-Aktion und sinnlosen Aktionismus. Das Netz sei so gebaut, dass freie Kapazitäten automatisch durch andere Up- und Downloads belegt werden. Das TCP/IP-Protokoll reguliere das Tempo des Datensendens und -empfangens weitestgehend selbstständig und automatisch; darauf weist der IT-Experte und Blogger Felix von Leitner hin, der früher lange für den Chaos Computer Club Berlin tätig war.
Kunden-Abstand empfohlen
Das Rückgrat der Netze, die im Frankfurter Knoten De-Cix zusammenkommen, wird nach Ansicht von Fachleuten durch die Auslagerung von Arbeit ins Homeoffice weniger belastet, weil die Datenmenge erhalten bleibe und nur verlagert werde. Streaming und Social Media, Online- und Cloud-Gaming hingegen haben den Datenverkehr spürbar ansteigen lassen. Die Bundesnetzagentur spielt damit den Ball zurück an Bürger und Betriebe: Die Funktionsstörungen, die derzeit von Internetnutzern erlebt werden, haben häufig Ursachen, die außerhalb des Einflussbereichs der Netzbetreiber liegen. Nicht alle Firmen hätten ihre Kapazitäten für Homeoffice im gesamten Unternehmen bereits ausreichend dimensioniert.
Gleiches gelte für womöglich fehlende Bandbreiten des einzelnen Internetzugangs. Damit wiederum kennt sich Peer Beyersdorff aus. Seine Erhebungen zur Breitbandversorgung besagen, dass zum Jahreswechsel erst 39 Prozent aller Anschlüsse in Niedersachsen gigabitfähig waren. Im Landkreis Osterholz waren zum gleichen Zeitpunkt noch gut 2000 Adressen mit weniger als 30 Megabit pro Sekunde angebunden.
Probleme gibt es in diesen Tagen allerdings für diejenigen, die wegen eines Anschlusses oder einer Störung den Techniker brauchen. Die Telekom hat ihre 6000 Außendienst-Mitarbeiter dazu angehalten, Abstand zu den Kunden zu halten und deren Wohnung nicht zu betreten, wenn der Bewohner vom Coronavirus betroffen sein könnte. Kunden sollten sich zu erkennen geben, vorher lüften und den Arbeitsbereich desinfizieren. „Überdenken Sie bitte zunächst, ob in der aktuellen Situation ein Technikerbesuch erforderlich ist“, schreibt der Konzern. „Wenn nicht, so informieren Sie uns unter 0800/ 330 10 00.“