Lilienthal. Es war eine der spannendsten Fragen vor dem Derby: Wie würden die Floorballer der Lilienthaler Wölfe das Prestigeduell beim TV Eiche Horn Bremen angehen? Schließlich war das Aufeinandertreffen in der Nord/West-Staffel der 2. Bundesliga auf dem Papier unbedeutend: Die Bremer würden die Saison, unabhängig vom Ergebnis, auf Platz fünf beenden, Lilienthal stand bereits als Meister fest. Für das Team um Spielertrainer Lukas Bieger beginnen am Wochenende die Playoffs um den Aufstieg – das weitaus größere Ziel als der Derbysieg. Und doch zeigte sich am Dienstagabend in der Halle an der Berckstraße, dass sich die Brisanz eines Nachbarschaftsduells nicht einfach beiseiteschieben lässt.
So konnte sich Lukas Bieger nach der Schlusssirene auch ein Grinsen nicht verkneifen. "Wir haben schon darüber nachgedacht, was wir ausprobieren können. Aber dann entwickelt sich das Spiel eben anders. Es ist das Derby, wir kennen uns gegenseitig und wir hatten alle Lust zu gewinnen", verdeutlichte er, warum es dann auch von Wölfe-Seite alles andere als ein Larifari-Spiel war. Ganz im Gegenteil: Die Lilienthaler investierten viel und holten sich mit dem 6:3 (1:1, 2:1, 3:1)-Erfolg letztlich den elften Sieg im zwölften Spiel. Ungeschlagen beenden sie die Staffel. "Für uns ist das nicht so entscheidend, für uns ist es wichtiger, dass wir in die Playoffs gekommen sind. Aber für die Gegner ist das schon eine Ansage", fand Bieger. Der Derby-Auftritt unterstrich allemal: Mit den Wölfen ist zu rechnen, wenn es um den Aufstieg in die 1. Bundesliga geht, aus der sich die Lilienthaler im Jahr 2019 zurückgezogen hatten. Nur die Unihockey Igels Dresden, Meister der Ost-Staffel, gehen mit einer noch besseren Bilanz in die Playoffs.

Frühe Schlüsselszene: Milan Urumovic entschärft den Penalty von Till Geiler.
Dass Bieger davon sprach, das Duell mit den Bremern sei Werbung für den Sport gewesen, lag auch daran, dass die Gastgeber alles investierten und nach Rückschlägen nie aufsteckten. "Es hat nicht viel gefehlt, mal wieder ein Quäntchen Glück. Das kennen wir aus dieser Saison schon", sagte Eiche-Trainer Andreas Kasche mit Blick auf viele enge Spiele, die sein Team verlor. Seine junge Mannschaft habe ein starkes Spiel gezeigt. Nach dem zwischenzeitlichen 3:4 entfachte sie noch einmal eine viel Druck, scheiterte aber immer wieder an Milan Urumovic. Der 16-jährige Torhüter war ohne Frage einer der Erfolgsgaranten der Gäste.
Bereits in der zweiten Minute vereitelte der Schlussmann einen Penalty von Till Geiler, der später noch doppelt traf. Die Freude der Wölfe und der Frust der Gastgeber machten früh klar: Mit halber Kraft spielt hier keine Mannschaft. Warum auch? "Die Derbys hier sind immer geil, auch wenn es mal hitziger und eklig wird", machte Lilienthals Kapitän Frank Brinkmann deutlich. Das brachte es ziemlich gut auf den Punkt. Die Wölfe wurden richtig gefordert. Schonung war da nicht angesagt. Akteure wie Brinkmann oder auch Luis Moes, der mit seinen drei Treffern zum Derbyhelden aufstieg, konnten sich keine Auszeit gönnen – was mit Blick auf die Playoffs allerdings kein Nachteil sein muss. Alle Lilienthaler sind auf Betriebstemperatur.

Der Spieler des Spiels: Lilienthals Luis Moes traf gleich dreimal.
Vorteilhaft war sicherlich, dass sich die Gäste die Verlängerung ersparten. Das gelang ihnen nicht nur dank der Paraden von Urumovic in der letzten Horner Drangphase, sondern auch dank der beiden späten Tore von Luis Moes, der einen Konter erfolgreich abschloss (58.), und Marvin Eilers, der aus der eigenen Hälfte ins verwaiste Tor der Gastgeber traf (59.). Damit war das zuvor enge Duell entschieden. "Ein Sieg tut immer gut, besonders im Derby", wusste Bieger um den Schwung, den dieser Erfolg verleiht. Kasche stritt derweil ab, dass sein Team mit leeren Händen dastehe: "Im Gegenteil: Wir sind wieder um eine Erfahrung reicher, die uns stärker machen wird", fand er. Aus den Spielen gegen die Topmannschaften der Staffel könne seine Mannschaft am meisten lernen.
Unverdient war der Gäste-Sieg nicht. "Wir waren ein bisschen stärker, haben während des Spiels gut adaptiert und uns auch spielerisch gesteigert", sagte Bieger. Moes hatte die Wölfe im ersten Drittel in Führung gebracht. Während Horn immer wieder mal lange und auch hohe Pässe einstreute, um schnell ins Lilienthaler Drittel zu gelangen, hielten die Gäste den Ball in der Regel flach. Sie hatten die Mehrzahl an Abschlüssen, die zwischenzeitliche 3:1-Führung, nachdem Leon Bauer auf Bieger-Vorarbeit (25.) und Jan Hoffmann nach gescheitem Brinkmann-Zuspiel (29.) den Ausgleich von Hannes Klimbert (18.) gekontert hatten, ging in Ordnung. Doch die Bremer erwiesen sich wie schon im engen Hinspiel als zäher Kontrahent. Selbst als Moes einen Penalty zu Beginn des Schlussdrittels cool verwandelte, steckten sie nicht auf.

Diebische Freude: Leon Bauer markierte die 2:1-Führung für Lilienthal.
Letztlich aber setzte sich der Spitzenreiter durch und feierte mit seinen rund 40 mitgereisten Anhängern. Die Laola-Welle fiel im Vergleich zum Hinspiel etwas kleiner aus. Die entscheidenden Aufgaben in den Playoffs, die am Sonnabend mit dem Auswärtsspiel beim PSV 90 Dessau beginnen, warten schließlich noch auf Bieger und Co. Dann wird sich die Frage des Ausprobierens nicht mehr stellen. Jetzt geht die Floorball-Saison für die Lilienthaler Wölfe erst so richtig los.
Lilienthaler Wölfe: Urumovic, Westphal; Li, Richrath, Hoffmann (1 Tor), Brinkmann, J. Schneider, P. Schneider, Bauer (1), Bieger, Moes (3), Plenge, Eilers (1), Wedde.