Es ist jeden Tag wieder eine gute Nachricht: Der Vorfrühling ist da. Wer kann, fährt mit dem Rad oder geht in der Sonne spazieren. Bunte Hornveilchenblüten, Primeln und das Grün der Narzissen schmücken die Terrasse. Hier und da wird schon gesägt und gehämmert. Die großen Freiluft-Heimwerkerprojekte aber müssen noch warten.
Viele Menschen trauen dem schönen Wetter noch nicht ganz, genießen aber dessen Vorzüge. "Man kann endlich wieder rausgehen", freut sich Sindy Kaletsch aus Lilienthal. "Die Laune ist wieder besser, es ist nicht so grau und es wird wieder grün." Gemeinsam mit ihrem 16 Monate alten Sohn verbringt die gelernte Optikerin Zeit an der frischen Luft und "guckt Straßenbahnen". Das macht bei so schönem Wetter gleich doppelt so viel Spaß.

Sindy Kaletsch genießt in Lilienthal die Sonne.
An der Heidberger Straße ist Carlos unterwegs, ein neun Jahre alter, brauner Australian Shepherd, in dem auch ein bisschen Labrador steckt, wie sein Herrchen Jens Mechelke betont. "Carlos liebt die Sonne", er ist jetzt wieder öfter im Garten anzutreffen. "Besonders gern liegt er auf dem Rasen", sagt Jens Mechelke. Er und seine Ehefrau scherzten dann immer: Carlos wolle noch brauner werden. Der 59-jährige Selbstständige kann seinen treuen Freund gut verstehen. "Der Frühling ist von allen vieren die beste Jahreszeit." Das Leben erwache wieder, die Vögel zwitschern, morgens werde es wieder früher hell: "Herrlich."

Carlos aus Lilienthal ist jetzt wieder öfter draußen und sonnt sich.
Im Garten sprießen derweil Schneeglöckchen und Krokusse, Nicole Mechelke hat am Montag wie so viele die Beete bepflanzt. Den Hobbygärtnern juckt es in den Fingern, wenn sie die Blumenpracht in den Blumenläden und Gartencentern sehen. Gärtnerin Sabine Schäfer sagt: "Kaum ist die Sonne raus, wollen die Leute beraten werden, was sie neu pflanzen oder ergänzen können und wie sie ihre Beete aufhübschen."
Hornveilchen, Stiefmütterchen, Primeln – überhaupt die ganze Palette Frühblüher gehen jetzt bei Weingärtner über den Ladentisch. "Es werden auch schon Stauden gekauft und blühende Gehölze wie Zaubernuss und Kornelkirsche." Innerhalb von 14 Tagen haben Schäfer und ihre Kolleginnen und Kollegen 2500 Quadratmeter Außenfläche mit Tausenden Töpfen bestückt. Ein Kraftakt. Jetzt sind sie fertig. "Das feiern wir, das ist wie alle Feiertage auf einmal", sagt Sabine Schäfer.

Bärbel Hirsch aus Lilienthal will einen Apfelbaum pflanzen, dessen Früchte für Allergiker geeignet sind.
Bärbel Hirsch in Lilienthal freut sich vor allem auf das Beete einteilen und die Gartenplanung. "Ich überlege jetzt, was ich aussäen kann." Neu pflanzen will sie in den kommenden Tagen Obststämmchen und zwei Apfelbäumchen – einer wird später für Allergiker geeignete Äpfel tragen. "Ich probiere das mal aus", sagt Bärbel Hirsch. Auf ihrer Fensterbank zu Hause ist der Frühling schon eingezogen. Tagetes, Stockrosen und Duftwicken wachsen dort.
Unter strahlend blauem Himmel ist auch Tanja Franke aus Otterstedt erleichtert: "Der Frost ist größtenteils vorbei." Die Hornveilchen, die sie pflanzen will, halten bis minus vier Grad Celsius aus. "Wenn ich jetzt schon pflanze, habe ich länger etwas von den Blumen." Auch Osterglocken, Bellis und Vergissmeinnicht nimmt Tanja Franke mit nach Hause – will sie aber vorsichtshalber noch vor Frost schützen. Gartenarbeit, sagt sie, sei die beste Therapie. "Wenn ich mal Frust habe, gehe ich in den Garten und buddele dort herum, dabei bekomme ich den Kopf frei."

Hausmeister Dietmar Früchtenicht repariert die Kinderschaukel beim TSV Borgfeld.
Beim TSV Borgfeld hat der Frühling ebenfalls begonnen. "Die Beachvolleyballer haben am Wochenende schon draußen trainiert", sagt Annika Preuß vom Vorstand. Für die meisten Sportler sei es noch "zu früh kalt und dunkel", um im Freien zu trainieren. Die meisten starten ab April in die Freiluftsaison, beginnend mit den Sportarten Faustball und mit der Leichtathletik. Vor dem Vereinsheim repariert Hausmeister Dietmar Früchtenicht voller Elan die Schaukel für die Jüngsten. Die Holzbalken waren marode. "Bei so einem Wetter kann man das machen", sagt er und frohlockt, "die Kinder freuen sich, wenn die Schaukel fertig ist".
Im Baumarkt hat sich Mirko Theuerholz mit Erde fürs Hochbeet eingedeckt. "Eigentlich wollte ich nur die Propangasflasche für den Grill tauschen", sagt er. Das frühlingshafte Wetter habe ihn verleitet, neue Ziele zu stecken. "Mit Sonne geht es einem gleich viel besser", findet der Borgfelder. Hochbeete sind laut Marktinhaber Jörg Viohl schon in diesem Vorfrühling der Renner. "Wir haben jetzt schon 20 verkauft, so viele wie im ganzen letzten Jahr nicht."

Mirko Theuerholz aus Borgfeld hat sich im Baumarkt Propangas für den Grill besorgt und gleich auch Erde fürs Hochbeet mitgenommen.
Blumenerde, Steine und neue Pflanzen – "alles, womit man den Garten wieder schön macht, wollen die Leute haben", sagt Viohls Kollegin. Auch Terrassenplatten und Zäune werden gekauft. Hassan Bozkurt aus Borgfeld möchte seiner Freundin einen Wunsch erfüllen und einen Gartenteich bauen. Dafür sammle er zurzeit Ideen, sagt er. Die ersten Sonnenstrahlen motivieren auch die Heimwerkerinnen und Heimwerker. Der Garten und die Blumen, "das ist was zum Munterwerden", glaubt Jörg Viohl.
Im Borgfelder Eiscafé dagegen weckt der Frühling die Lust auf Gefrorenes. Trotz zum Teil tiefer Temperaturen und Raureif bis in den Tag hinein, kommen die Kinder nach Schulschluss und lassen sich von Edmond Trebinja bunte Eiskugeln in die Waffelhörnchen füllen. "Es ist noch kalt, aber was soll ich zu Hause machen", fragt er. 24 Sorten hat er im Angebot. Die Erwachsenen, sagt der Eisverkäufer, trinken lieber heißen Cappuccino oder Espresso. Für die Eiskugel nimmt Trebinja in diesem Jahr 1,70 Euro, also 20 Cent mehr als im vergangenen Jahr. Die Zutaten, die Pappbecher, die Sahne – alles sei teurer geworden. Der Frühling aber, der zaubert ihm dann doch wieder ein Lächeln ins Gesicht. Edmond Trebinja freut sich auf "die Sonne und die gute Luft".

Edmond Trebinja vom Eiscafé in Borgfeld.