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Ratspolitik in Lilienthal Mal digital, mal in Präsenz

Während der Pandemie sind kommunalpolitische Gremien dazu übergegangen, Meetings per Videokonferenz abzuhalten. In Lilienthal steht jetzt das erste digitale Treffen an. Es gibt aber auch Widerstand im Rat.
02.02.2022, 16:18 Uhr
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Von Lutz Rode

Lilienthal. Für Lilienthals Kommunalpolitiker ist die Winterpause beendet. Nach Siedlungsworkshop, Fraktionsvorsitzenden-Runde und einer Klausur wollen die Ratsleute ab der zweiten Februar-Woche erstmals wieder öffentlich tagen. Doch wie macht man das in Zeiten, in denen das Omikron-Virus durchs Land fegt? Digital oder als Präsenz-Veranstaltung? Die Antwort darauf fällt je nach Gremium unterschiedlich aus, auch wenn es der Rathaus-Spitze am liebsten wäre, alles nur noch per Videokonferenz abzuwickeln. Doch einzelne Ratsleute wie FDP-Mann John Hansen sträuben sich dagegen. Meike Artmann von den Grünen hält die digitale Variante wiederum derzeit für die einzig vernünftige Lösung. Sollte die Pandemie irgendwann mal überwunden sein, setzt sie sich für Hybrid-Meetings  als Mischung aus beiden Varianten ein.

Hansen ist Vorsitzender des Ratsausschusses für Haushalt, Soziales, Ordnung, Feuerwehr und Senioren. Zugleich ist er Vorsitzender des Gemeinderates. An ihm führt kein Weg vorbei, wenn es darum geht, festzulegen, in welcher Form die Sitzungen dieser beiden Lilienthaler Gremien ablaufen. "Ich bin kein Freund von digitalen Sitzungen. Die Diskussion läuft anders ab, wenn man in einem Raum in die Augen guckt", sagt er. Auch sei es ihm wichtig, dass die Kommunalpolitik trotz Pandemie sichtbar bleibe und sich nicht in Videokonferenzen verstecke. Hansen denkt auch an die, die nicht über die Technik oder das Wissen verfügen, um sich online zuzuschalten. Mit dem Infektionsrisiko von Präsenz-Sitzungen könne man umgehen, zumal die Beteiligten geimpft, geboostert oder genesen seien und es gute Hygienekonzepte gebe.

Leidet die Diskussionskultur?

Wenn der Haushaltsausschuss am Dienstag, 8. Februar, tagt, wird es also wie immer sein. Die sieben Mitglieder plus Mitarbeitern der Verwaltung treffen sich im Ratssaal, und wer weiß, vielleicht melden sich auch noch Zuschauer an. Anders wird es zwei Tage später laufen: Erstmals seit Beginn der Pandemie wird es in Lilienthal eine öffentliche Gremiumsitzung als Zoom-Konferenz geben, und zwar im Ausschuss für Kinder, Jugend, Schule und Sport. Dessen Vorsitzende ist Meike Artmann, und sie hält Präsenzsitzungen mitten in der vierten Welle für gewagt, vor allem, wenn sie an die Zusammensetzung des Gremiums denkt. Nicht nur sieben Ratspolitiker arbeiten dort mit, sondern auch Elternvertreter aus den Grundschulen und Kindertagessätten oder auch eine Schulleiter-Abordnung. Artmann ist nicht wohl bei der Vorstellung, dass sie sich alle an einem Ort treffen, sich trotz aller Vorkehrungen doch infizieren könnten und das Virus in Schulen und Kindergärten schleppen. "Man muss es ja nicht darauf anlegen", findet die Grünen-Ratsfrau. Sie bestreitet nicht, dass auch sie die Diskussionskultur in Präsenz-Sitzungen als angenehmer empfindet als bei Videokonferenzen. Wenn am Ende aber alle infiziert zu Hause in Quarantäne säßen, sei aber auch keinem geholfen. Problematisch findet sie auch, dass bei Präsenzsitzungen die 3G-Regelung gilt, also Geimpfte, Genesene und negativ Getestete hinein dürfen. Angebracht wäre aktuell eher 2G-plus, bei der Ungeimpfte draußen bleiben müssen.

Die Lilienthaler Verwaltungsspitze gehört ebenfalls zum Team Vorsicht: "Wir wollen die Sitzungen möglichst digital abbilden, also per Videokonferenz, so wie es im nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss schon praktiziert wird", sagt der stellvertretende Rathauschef Jürgen Weinert. Er verweist darauf, dass der Bürgermeister nicht im Alleingang entscheidet, welche Veranstaltungsform gewählt wird, sondern dies laut Gesetz einvernehmlich mit dem jeweiligen Ausschussvorsitzenden entschieden wird. Im Fall von John Hansen habe es dieses Einvernehmen nicht gegeben, was der FDP-Mann auch unverblümt bestätigt. "Ja, die Präsenzsitzung ist auf meinem Mist gewachsen".

Präsenz bleibt rechtlich erlaubt

Jürgen Weinert betont, dass die Verwaltung bestrebt sei, bei der täglichen Arbeit direkte Begegnungen zu vermeiden und möglichst wenige Menschen zusammen zu führen. Rein rechtlich gesehen sei es weiterhin erlaubt, Gremiensitzungen in Präsenzform auszurichten. Gleichzeitig erleichtert eine frisch in Kraft getretene rechtliche Änderung es den Kommunen, auf Videokonferenzen umzusteigen - unabhängig davon, ob eine epedemische Lage von bundes- oder landesweiter Tragweite festgestellt wurde.  

Andreas Strassemeier (Die Linke) findet den Kurs falsch, den Bürgermeister Kristian Tangermann fährt: Reine Videokonferenzen haben aus seiner Sicht den großen Nachteil, dass nicht alle Bürger, die die politische Willensbildung mitverfolgen möchten, im Netz unterwegs sind, sie also von vornherein ausgeschlossen werden. Probleme sieht er auch bei Abstimmungen, die per Videokonferenz erfolgen, wenn die Teilnehmer der Reihe nach aufgefordert werden, ihre Hand zu heben oder ihre Meinung per Telefon durchzugeben. "Eine Abstimmung läuft eigentlich immer geschlossen ab. Alles andere könnte im Zweifel das Ergebnis beeinflussen", warnt Strassemeier. Auch er kämpft dafür, dass Hybridsitzungen mit Live-Stream-Angebot zum Standard werden, wenn die Pandemie Geschichte ist.

Zur Sache

Die Themen der Ausschüsse

Der Lilienthaler Ausschuss für Haushalt, Soziales, Ordnung, Feuerwehr und Senioren kommt am Dienstag, 8. Februar, ab 18 Uhr im Ratssaal zusammen. Auf der Tagesordnung geht es unter anderem um die Erhöhung der monatlichen pauschalen Aufwandsentschädigungen, die dem Bürgermeister und seinem Allgemeinen Vertreter gewährt werden. Rückwirkend zum 1. Januar sollen sie von 168 auf 246 Euro beziehungsweise von 140 auf 168 Euro angehoben werden. Gesprochen werden soll auch über einen Antrag, den die Gruppe der Grünen und Linken auf den Weg gebracht hat. Darin wird vorgeschlagen, Rats- und Ausschusssitzungen künftig in Form von Hybridsitzungen auszurichten. Bei Präsenzsitzungen soll es möglich sein, sich per Videokonferenz zuzuschalten, zugleich sollen die Zusammenkünfte live gestreamt werden.

Im Ausschuss für Kinder, Jugend, Schule und Sport geht es am Donnerstag, 10. Februar ab 18 Uhr um eine Änderung der Schulbezirke und den Antrag von der Grünen-Linke-Gruppe, den Lilienthaler Grundschulen ein Sonderbudget zur Verfügung zu stellen, um den Kindern Klima-, Natur- und Umweltschutzmaßnahmen zu vermitteln. Auch über den Antrag, einen  Outdoor-Fitness-Parcours in Lilienthal anzulegen, soll gesprochen werden. Die Sitzung findet online als Videokonferenz statt. Wer sich einklinken möchte, muss sich bei Elke Schulte im Vorzimmer des Bürgermeisters anmelden (04298/929-101) und erhält kurz vor Beginn die Zugangsdaten per E-Mail. Auch für den Ausschuss am Dienstag ist eine Anmeldung erforderlich.

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