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Gotteshäuser und Friedhöfe Wie Kirchengemeinden mit Vandalismus umgehen

Kirchen gelten als Orte der Stille und des Gebets. Doch es gibt Fälle von Vandalismus und Respektlosigkeit in den Gotteshäusern Lilienthals. Stets ein Thema bleibt Diebstahl auf Friedhöfen.
14.07.2025, 05:00 Uhr
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Von Irene Niehaus

Manchmal geht Glockengeläut selbst Pastoren gehörig auf den Geist. Diese Erfahrung machte das Lilienthaler Seelsorger-Ehepaar Tanja Kamp-Erhardt und Volkmar Kamp an einem Abend im letzten Winter. Die beiden wollten gerade zu Bett gehen, als kurz vor 23 Uhr plötzlich die vertrauten Klänge aus dem Turm der kleinen Truper Kapelle schallten. Verärgert lief Tanja Kamp-Erhardt von ihrem Wohnhaus rüber und erkannte, wie ein Fremder im Dunkeln davonrannte und ein zweiter Mann ihr in der Kirche entgegenkam. Den fragte sie resolut, ob noch jemand da sei, worauf der geantwortet habe: "Ne, ne, das wären jetzt alle." Das habe sich eigentlich ganz nett angehört, erinnert sich die Pastorin der evangelischen Kirchengemeinde Lilienthal. So harmlos sei allerdings der Zwischenfall am zweiten Weihnachtstag am Ende doch nicht gewesen. Die Unbekannten, die unbefugt die Räume betreten hatten, hinterließen weit mehr als den Ärger über das nächtliche Geläut. Von Vandalismus im eigentlichen Sinne will die Seelsorgerin zwar nicht sprechen. Doch der Vorfall hatte Konsequenzen.

Die Fremden hatten spätabends nicht nur die Glocken geläutet, sondern auch die Wandhalterung einer Kerze beschädigt. Die benutzten sie wohl als Tritt, um auf die Empore zu gelangen, vermutet Tanja Kamp-Erhardt. Außerdem lagen Sitzkissen unten den Bänken und Krippenfiguren auf dem Boden. Das war nicht der einzige Vorfall in jenen Wochen. Bereits in der Adventszeit hatten Unbekannte einen Kerzenständer aus der Wand gerissen und Kerzen umgestellt sowie Bankkissen in Unordnung gebracht. Die beiden Fälle führten dazu, dass die Kapelle abgeschlossen wurde - "aufgrund von Vandalismus", wie es auf einem Schild an der Tür hieß.

Die Pastorin weiß auch noch, dass ein Fremder vor ein paar Jahren ab und zu in den Wintermonaten in der Kapelle seinen Schlafplatz aufschlug. Sein Hab und Gut verstaute er dann hinter dem Altar. Die Übernachtungen seien solange geduldet worden, so Kamp-Erhardt, bis es in dem Kirchenraum nicht mehr so gut gerochen habe. "Irgendwann ging es nicht mehr, da wurde abgeschlossen."

Brandgefahr besteht

Die Gemeindeverantwortlichen sehen sich vor einem Dilemma: Sie wollen Kirchen zugänglich halten, müssen aber zugleich für Sicherheit sorgen. Besonders bedrohlich sei die Brandgefahr, wenn Besucher Kerzen ansteckten und nicht wieder ausmachten, weiß Sabine Kallmeyer aus dem Kirchenbüro der evangelischen Kirchengemeinde.

In der katholischen Kirchengemeinde Guter Hirt an der Sternwartestraße in Lilienthal erinnert man sich an einen Vorfall in jüngster Zeit, bei dem es ebenfalls zu Beschädigungen kam. Um Silvester herum betraten Unbekannte das unverschlossene Kirchengebäude und zündeten Feuerwerkskörper. Zudem öffneten sie gewaltsam das Gehäuse der Orgel und verbogen mehrere Orgelpfeifen. "Durch diesen Vandalismusschaden musste die Orgel nachgestimmt werden", berichtet Pfarrsekretärin Rita Fuchs. Sie beziffert den Sachschaden mit insgesamt rund 1000 Euro. Die Kirchengemeinde erstattete Anzeige, von den Tätern fehlt jedoch jede Spur. Unerkannt blieben auch jene Kriminellen, die in der St. Georgskirche im Lilienthaler Ortsteil St. Jürgen zwei Mal den Opferstock aufbrachen, um an das darin befindliche Bargeld zu gelangen. Mittlerweile gilt der Spendenkasten als diebstahlsicher.

Die Klosterkirche St. Marien dagegen sei von Vandalismus bisher verschont geblieben, sagt Sabine Kallmeyer. "Sie wird immer abgeschlossen." Zu anderen Zeiten werde sie von sogenannten Kirchenhütern bewacht, sie sorgen dafür, dass das historische Gotteshaus mitten im Ortskern tagsüber geöffnet sein kann.

Für betroffene Gemeinden sind die Angriffe oft nicht nur materiell, sondern auch emotional sehr schmerzhaft. Das jüngste Geschehen in der Truper Kapelle habe viele bewegt, weiß Pastorin Tanja Kamp-Erhardt. "Obwohl damals nicht viel passiert ist, waren wir erschüttert. Manchem standen die Tränen in den Augen." Die Kirche gelte als sicherer und friedlicher Ort. Und dann diese Erfahrung zu machen, dass sich andere so darüber hinwegsetzen und Unordnung hinterlassen, das sei verletzend. Denn die Bürgerinnen und Bürger sowie die vielen Gäste begegneten den Kirchen mit viel Respekt.

Sieben Monate weitestgehend geschlossen

Sieben Monate lang blieb die Truper Kapelle weitgehend geschlossen, außer freitags und sonntags. Jetzt ist die Kirchengemeinde zu den alten Öffnungszeiten zurückgekehrt. "Wichtig ist uns, dass wir Vertrauen haben und die Räume zur Verfügung stellen. Die Kapelle bietet außerdem im Sommer eine willkommene Abkühlung." Die Katholiken haben sich trotz des Vandalismus rund um Silvester bewusst gegen eine Schließung entschieden. "Man kann nicht immer daneben stehen und aufpassen. Es ist wertvoll, dass die Leute zum Beten hinein können", sagt Pfarrsekretärin Rita Fuchs. Dafür, dass ihre Kirche so oft geöffnet sei, hielten sich die Vorfälle im Rahmen.

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Häufiger betroffen von Beschädigungen und Diebstahl sind dagegen die Friedhöfe in Lilienthal. Die Polizei hat immer wieder Fälle von Kupferklau zu bearbeiten. So stahlen Unbekannte kupferne Regen-Fallrohre an der Kapelle an der Falkenberger Landstraße. Die Kapelle auf dem Friedhof Klosterweide in Lilienthal erhielt sogar eine neue Dachabdeckung aus Blech und nicht mehr aus wertvollem Kupfer. Denn zuvor hatten Diebe einen Großteil der Kupfer-Platten gestohlen und waren dabei so dreist gewesen, der Kapelle gleich dreimal kurz hintereinander aufs Dach zu steigen.

Langfinger schlagen auch immer wieder auf den Gräbern zu, weiß Sabine Kallmeyer. Frisch eingesetzte Pflanzen wurden ausgegraben, im Winter sind es vor allem Grabgestecke, die entwendet werden. Auch Schubkarren und Rechen werden regelmäßig gestohlen, neue Gießkannen sind ruckzuck wieder weg, manche werden gegen alte und kaputte ausgetauscht. Verschwunden ist laut Sabine Kallmeyer oftmals auch Deko fürs Grab. "Manchmal ist es ganz weg, manchmal findet man es im Gestrüpp wieder." Betroffen seien auch die Toiletten der Kapelle auf dem Falkenberger Friedhof. Sie seien verwüstet oder verdreckt worden, Toilettenpapier sei geklaut oder achtlos weggeworfen, Fliesen mit Edding beschmiert worden. Inzwischen würden die Toiletten abgeschlossen, wenn niemand vor Ort ist, so Kallmeyer.

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