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Interview mit Fitnessstudio-Leiter "Wir sehen uns als Teil der Lösung"

In niedersächsischen Fitnessstudios gilt - mit Ausnahmen - 2G plus. Axel Weigeldt, Leiter von "Ballance", erklärt, warum Sport in der Pandemie nicht erschwert, sondern gefördert werden müsste.
23.12.2021, 05:00 Uhr
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Von Michael Schön

Es gibt in dieser vierten Welle noch keine flächendeckenden Schließungen, aber in immer mehr Bereichen 2G. Für Fitnessstudios in Niedersachsen gilt grundsätzlich sogar 2G plus, abgesehen davon, dass  die erneut geänderte Verordnung Genesene und Geimpfte unter bestimmten Voraussetzungen wieder vom Testen freistellt. Stehen Sie damit eigentlich noch besser da als bei den Infektionswellen 2020, die mit Schließungen verbunden waren?

Axel Weigeldt: Leider nicht. Wir haben gerade wieder angefangen, uns zu erholen, und unsere Kunden sind wieder zum Training gekommen. Durch die 2G-plus-Regelung kommen viele Kunden nicht mehr ins Studio. Uns brechen dadurch die Einnahmen weg, während wir im Gegenzug keine staatlichen Hilfen bekommen. Die Situation ist für uns also existenzbedrohender denn je.

Wie reagieren die Mitglieder?

Seit dem Erlass der 2G-plus-Regelung sind die Besucherzahlen um etwa  60 Prozent zurückgegangen. Dies liegt einerseits daran, dass die Kunden den benötigten Test nur nach unzumutbaren Wartezeiten bekommen können. Andererseits aber auch daran, dass die Regierungen ständig die Bedingungen für einen Besuch im Studio verändern, sodass die Mitglieder nicht mehr wissen, ob oder unter welchen Einschränkungen sie zu uns kommen können. In den vergangenen beiden Wochen erhielten wir vermehrt Kündigungen von Leuten, die noch immer sehr zufrieden mit unserer Leistung sind, aber nicht mehr daran glauben, dass irgendwann der Besuch in einem Fitnessstudio unter normalen Bedingungen wieder möglich sein wird.

Für die Ausfallzeiten 2020 haben Sie ja wenigstens Geld vom Staat erhalten.  Sind Ihnen in diesen Phasen Mitarbeiter abhandengekommen und Mitgliedsverträge  gekündigt worden?

Wir haben konkret einen Festangestellten an die Feuerwehr Bremen verloren. Bei unserer Größe ist der Verlust eines festangestellten Mitarbeiters schwer zu ersetzen. Insbesondere, da es immer weniger Menschen gibt, die in einer Branche arbeiten möchten, die immer als erstes geschlossen wird, wenn es um die Bekämpfung der Pandemie geht. Wir haben während des ersten Lockdown erstaunlich wenige Kündigungen erhalten. Ich kann aber sagen, dass in den meisten Studios der Mitgliederverlust sehr hoch war.

Wie steht es um die Mitarbeiter? Müssen sich da welche ebenfalls testen lassen?  

Für die Arbeitgeber gilt in Niedersachsen ja die 3G-Regel. Zum Glück sind bei uns alle Mitarbeiter geimpft, sodass wir in diesem Zusammenhang keine Probleme haben.

In den Bremer Studios und in denen von knapp der Hälfte der Bundesländer auch müssen Geimpfte und Genesene keinen Test vorweisen. Ist das eine Wettbewerbsverzerrung  zum Nachteil der niedersächsischen Studios?

Definitiv handelt es sich hier um eine Wettbewerbsverzerrung. Wie soll ein Kunde verstehen, dass er für das Training bei uns einen Test benötigt, während er ein paar Kilometer weiter keinen Test abliefern muss? Für viele Menschen ist die Besorgung eines negativen Tests mit erheblichem zeitlichen Aufwand verbunden. Somit fällt es vielen Kunden leichter, sich für ein Studio in Bremen zu entscheiden, wo sie fürs Training keinen Test benötigen.

Rechnen Sie damit, den einen oder anderen Kunden für immer zu verlieren, sei es, dass er in einem Bremer Studio bleibt oder dass er sich ein paar Hanteln  und einen Crosstrainer für den heimischen Keller kauft?.

Die Gefahr halte ich für sehr groß. Aber es werden nicht nur Kunden an Bremer Studios oder an Home-Fitness verloren gehen. Zusätzlich kommen immer mehr Online-Fitness-Anbieter auf den Markt, die den Kunden versprechen, dass sie auch zu Hause etwas für ihre Gesundheit tun können. Allerdings haben viele Menschen Vorerkrankungen und sind auf den fachspezifischen Rat geschulter Mitarbeiter angewiesen, um am Ende nicht mit mehr Schaden als Nutzen zu trainieren. Solch eine individuelle Beratung ist aber nur im direkten Kontakt im Studio möglich. Die gesamte Situation ist völlig verrückt. Um die Pandemie zu besiegen, benötigen die Menschen ein intaktes und gut trainiertes Immunsystem. Dies ist nachweislich – mit Studien belegt – durch ein zielgenau angeleitetes Training möglich. Warum wird es dann aber in solchen Zeiten so schwer gemacht, etwas für die  Gesundheit zu tun? Müssten nicht insbesondere die Sportangebote gefördert werden? Wir sehen uns als Teil der Lösung. Nicht als Teil des Problems.

Das Interview führte Michael Schön.

Zur Person

Axel Weigeldt (48)

wohnt in Bremen und ist seit 1997 bei "Ballance". Seit dem Jahr 2000 leitet er das Studio in der Straße Am Barkhof in Osterholz-Scharmbeck. 

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