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Frühstück bei... Dietrich Seedorf Ein Leben für seine Tiere

Seine direkten Nachbarn haben meistens vier Beine, können mitunter fliegen und büxen auch schon mal aus: Dietrich Seedorf lebt mit und für die Tiere seines Tierparks. Wir haben mit ihm gefrühstückt.
24.07.2021, 05:00 Uhr
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Von Ulf Buschmann

Buschhausen. Dies ist für Diedrich Seedorf ein ungewöhnliches Treffen – nicht, weil es vielleicht außergewöhnlich früh ist oder weil es um ein außergewöhnliches Thema geht. „Ich frühstücke normalerweise gar nicht“, sagt er. Aber an diesem Morgen macht  Seedorf eine Ausnahme. Und eine Führung gibt es auch noch, denn der 76-jährige und seine Frau betreiben am Garlstedter Kirchweg den Tiergarten Ludwigslust und ein Restaurant.

Diedrich Seedorf, Rufname Dieter, hat sich mit seinem Besuch für 9 Uhr verabredet. 30 Minuten später öffnet der Tiergarten. „Dann stehen schon die ersten Besucher vor der Tür“, verrät er, während er sich ein Brötchen nimmt. Dann haben Familie Seedorf und ihre drei Mitarbeiter schon mehr als zwei Stunden ihres Tagespensums geschafft: füttern, Volieren reinigen, Fäkalien von den Freiflächen zum Beispiel bei den Eseln einsammeln. Auch wenn Dieter Seedorf für gewöhnlich nicht frühstückt, zwei Dinge braucht er doch: seinen Kaffee und seine Zeitung. Ohne OSTERHOLZER KREISBLATT geht es sozusagen gar nicht.

Eier von glücklichen Hühnern

Doch an diesem Morgen darf es – wie gesagt – ein Frühstück sein. Es gibt Käse, Salami, Marmelade und Honig sowie ein Ei. „Die sind von unseren eigenen glücklichen Hühnern“, sagt seine Frau Inge. Sie setzt sich nur für ein Ei mit an den Tisch. Denn es heißt für sie: Die Pflicht ruft. Gleich öffnet der Tierpark und Inge Seedorf muss kassieren. Aber eigentlich ist ihr Metier das Restaurant. Ihr Gatte ist für die Tiere zuständig. Und er genießt das Frühstück.

Auf die Frage, was es hier für Tiere gibt, antwortet Dieter Seedorf lachend und nach dem Ausschlussprinzip: „Außer Elefanten, Nashörnern und Giraffen haben wir so ziemlich alles.“ Er zählt einen kleinen Teil auf: „Hirsche, Alpacas, Kraniche, Ziegen, Luchse, Emus und Nandus.“ Auch Esel, Ponys, Schildkröten, Adler und Affen gibt es im Tiergarten. Bei letzteren, Berberaffen, geschieht es durchaus, dass sie den Weg aus ihrem Gehege heraus finden. Und das trotz Elektrozaun? Dieter Seedorf muss wieder lachen: „Der Affe ist schlau ohne Ende.“

Gelernter Maschinenschlosser

Dabei ist er kein Tierpfleger, sondern gelernter Maschinenschlosser. Den Tierpark übernahmen er und seine Frau erst 1991 von seinem Vater. Doch die Geschichte dieses idyllischen Fleckens Erde reicht bis ins Jahr 1963 zurück. Damals eröffnete Dieter Seedorfs Vater eine Gastwirtschaft. Neun Jahre später kam der Tierpark hinzu – anfangs mit einigen Volieren, die die Gäste anschauen konnten. „Wir fingen mit 50 Pfennig Eintritt an“, erinnert sich der Gastgeber. Für ihn, den gelernten Schlosser, war es irgendwie selbstredend, dass er im elterlichen Betrieb mit anpackte. Fortan hieß es für Dieter Seedorf: Gehege bauen und in Schuss halten statt in Diensten eines großen Bremer Schonkaffee-Herstellers zu stehen.

Seitdem hat sich für Unternehmer wie Seedorf einiges verändert. Der Tierschutz sei viel besser geworden, findet er, und es werde sich viel mehr ums Tierwohl gekümmert. Doch der Ludwigslust-Chef sieht durchaus auch Nachteile. Seine Miene wird nachdenklicher. Wer heute einen Zoo oder eben nur einen vergleichsweise kleinen Tierpark betreibe, müsse mit viel mehr Gesetzen und Verordnungen zurechtkommen. Dies führe automatisch zu mehr Bürokratie.

Außerschulischer Lernort

Ebenso hat Dieter Seedorf festgestellt, dass viele Kinder heute keine Tiere mehr kennen. Insofern ist sein Tiergarten so etwas wie ein außerschulischer Lernort: „Eltern kommen hierher, um ihren Kindern Tiere zu zeigen.“ Ein einfaches Beispiel sind für ihn Puten. Vier Tiere laufen frei herum und geben die typischen verschluckten Gacker-Laute von sich. Aber Puten können eben auch etwas, dass sich bei Menschen wie das schnelle Hin- und Her-Bewegen der Zunge zwischen den Zähnen anhört.

Dass Eltern ihren Kindern zeigen müssen, was es für Tiere gibt, macht den Tiergarten-Betreiber ein wenig nachdenklich. Vieles von der ländlichen Kultur sei in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen. „Früher wurde bei uns jedes Jahr zum Winter ein Schwein geschlachtet“, sagt Dieter Seedorf. Immerhin interessieren sich aus seiner Sicht heute wieder mehr Menschen dafür, wie früher ihre eigenen Hühner zu halten. Das Problem dabei sei leider nur, dass sich allzu häufig hinzugezogene Städter beschweren, wenn in der Nachbarschaft ein Hahn kräht.

Der Tiergarten hat dieses Problem zum Glück nicht. Und Dieter Seedorf hat das Glück, dass es jemanden gibt, der sein Werk gerne weiterführen möchte: sein Enkel. Aber für den steht erst einmal die Ausbildung als Landschaftsgärtner an.

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