Warum genau werden jetzt Stolpersteine in Osterholz-Scharmbeck verlegt?
Manfred Bannow: Es wurde bereits seit Längerem daran gearbeitet dort Stolpersteine verlegen zu können. 2011 wurde ein Antrag im Stadtrat dazu abgelehnt. Den hatte damals der Bürger Roman Höft, der inzwischen in Frankfurt an der Oder lebt und beim dortigen Stolpersteinprojekt mitarbeitet, gestellt. Anfang 2020 habe ich, als Betreiber der Webseite Spurensuche Osterholz, mit Hartmut Oberstech einen erneuten Anlauf für die Verlegung von Stolpersteinen gestartet. Hartmut Oberstech ist beim Gedenkprojekt für die ehemalige KZ-Außenstelle Muna Lübberstedt aktiv. Daraus ist mittlerweile die Stolpersteininitiative Osterholz-Scharmbeck entstanden. Im Juni 2020 hat der Stadtrat den erfreulichen Beschluss gefasst, der die Verlegung im öffentlichen Raum in Osterholz-Scharmbeck ermöglicht. In Ritterhude und Lilienthal gibt es ja bereits Stolpersteine.
Was ist das für eine Spurensuche?
Wir sind eine Initiative von acht ehrenamtlich Aktiven. Im Herbst soll daraus ein Verein entstehen. Hauptsächlich forschen wir nach Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, eingesperrt und ermordet worden sind. Außerdem versuchen wir, Biografien von Menschen zu rekonstruieren, die die NS-Herrschaft unterstützt haben.
Für die Opfer werden Stolpersteine verlegt?
Wir fangen als Arbeitskreis Stolpersteine, der Teil des Vereins Spurensuche ist, jetzt mit einer Auswahl an NS-Opfern an, an die wir erinnern möchten und über die wir bereits einiges herausgefunden haben. Wir könnten auch deutlich mehr Steine verlegen, als jetzt geplant ist. Aber das möchte der Künstler Gunter Demnig aus gutem Grund nicht, denn in den kommenden Jahren sollen immer wieder neue Steine verlegt werden, damit die Aktion lebendig bleibt. In einem Jahr wollen wir weitere Steine verlegen.
Wie wurde entschieden, für welche Menschen Stolpersteine verlegt werden?
Die jeweiligen Steine werden ja durch Spenden finanziert. Insofern durften die Spender entscheiden, an wen erinnert werden soll. Die meisten haben die Entscheidung aber uns überlassen. Wir haben dann darauf geachtet, dass wir für viele Leidensgeschichten Stellvertreter finden. Es wurden damals ja nicht nur jüdische Mitbürger verfolgt. Vor den ehemaligen Fritz-Drettmann-Werken wird deshalb an Zwangsarbeiter erinnert und mit Adolf Bremer erinnern wir an ein Euthanasie-Opfer, also jemanden der wegen seiner Behinderung ermordet wurde.
Wie teuer ist eine Patenschaft für die goldenen Würfel?
120 Euro. Wir haben allerdings auch Spenden bekommen, die nicht zweckgebunden für einen speziellen Stein vorgesehen sind. Damit können wir die Unterbringung von Gunter Demnig finanzieren, der bei der Verlegung seiner Steine vor Ort sein wird oder haben bereits Geld für das kommende Jahr. Insgesamt kamen 7500 Euro an Spenden zusammen.
Was ist vor Ort bei den jeweiligen Verlegungen der Steine geplant?
Es wird kurze Ansprachen geben von Leuten aus unserem Team, die sich mit der Verfolgung der jeweiligen Person auskennen, an die erinnert wird. Bei den ersten Steinen an den ehemaligen Fritz-Drettmann-Werken, wird auch der Bürgermeister sprechen und ein wenig Musik gespielt, unter anderem jüdische Lieder. Für Menschen, die sich intensiver mit dem Opfern auseinandersetzen wollen, haben wir für jeden Stolperstein auf unserer Webseite www.spurensuche-kreis-osterholz.de einen Beitrag mit unserem Recherchestand zu dem betreffenden Menschen.