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Abfall in der Landschaft Müllentsorgung auf Kosten anderer

In den vergangenen Wochen häufen sich in der Gemeinde Ritterhude die Fälle, in denen Unbekannte ihren Müll in der Landschaft entsorgen. Ob Auto, Bauschutt oder Hausmüll - selbst Asbest wird illegal entsorgt.
21.01.2020, 17:37 Uhr
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Müllentsorgung auf Kosten anderer
Von Brigitte Lange

Ritterhude. Der rote PKW hat seine besten Tage hinter sich. Und selbst das ist noch beschönigt. Die Seitenscheiben eingeschlagen, die Leiste von der Karosserie gerissen, die Motorhaube gewaltsam geöffnet, steht das Fahrzeug in der Ritterhuder Landschaft. Von Tag zu Tag wird es mehr demoliert. In den sozialen Netzwerken wird sich über die illegale Müllentsorgung aufgeregt. Die Gemeinde Ritterhude ist informiert. Und sie ist aktiv geworden. „Ich habe den Besitzer angeschrieben“, bestätigt die zuständige Sachgebietsleiterin Gudrun Wulfhorst. Bis Freitag muss er sich um sein Auto gekümmert haben, sonst schleppe es die Gemeinde ab.

Tatsächlich ist es nicht das einzige Auto, das in den vergangenen Tagen im Gemeindegebiet von Ritterhude wild entsorgt worden ist. Wulfhorst erwähnt insgesamt drei marode Fahrzeuge. Eines davon sei bereits wieder beim Fahrzeughalter. Wie sich rausgestellt hat, war es gestohlen worden. „Einen zweiten Wagen muss ich nun abschleppen lassen“, berichtet sie. Zu dem Fahrzeug hätte sie keinen Halter ausfindig machen können. Die Kosten für die Entsorgung bleiben folglich an der Gemeinde Ritterhude und somit am Steuerzahler hängen.

Das dritte Auto ist besagter roter PKW am Ihler Moor. Die Polizei habe in dem Fall ermittelt. „Es gibt aber keinen Verdacht auf eine Straftat.“ Da von dem maroden Wagen keine unmittelbare Gefahr ausgehe, wurde dem Halter eine Frist eingeräumt, das Fahrzeug selbst abzuholen.

Auf die Zahl der Fälle von illegal entsorgtem Müll im vergangenen Jahr in Ritterhude angesprochen, erklärt die Abteilungsleiterin: „Gefühlt ist es nicht mehr als in den Vorjahren gewesen – aber auch nicht weniger; und die Zahl war immer schon hoch.“ Im vergangenen halben Jahr etwa musste der Bauhof neun Mal Wildmüll einsammeln und entsorgen. Wulfhorst: „Dabei erstreckte sich die Bandbreite von Müllsäcken unterschiedlicher Befüllung über lackierte Bretter, Teppiche, Schrottfahrräder, Sperrmüll, Bauschutt bis hin zu Autoreifen.“ 2019 musste Ritterhude dafür 700 bis 800 Euro ausgeben.

Seinesgleichen sucht dabei ein Fall, der Ende 2019 zwischen den Feiertagen bemerkt worden war. An zwei Stellen stießen Spaziergänger damals auf wild entsorgte Asbestplatten. Nicht ein oder zwei Platten: Sowohl unter der Autobahnbrücke im Grenzbereich zwischen Stendorf und Platjenwerbe als auch in der Verlängerung des Weges Wollaher Feld waren ganze LKW-Ladungen abgeladen worden, bestätigt Gudrun Wulfhorst Meldungen von Lesern. Sie tippt darauf, dass es sich um Bauschutt handelte. Offenbar die Abriss-Reste eines Daches. Eigentlich nichts Besonderes. In Ritterhude werde immer wieder Bauschutt illegal entsorgt. „Aber in dieser Größenordnung zum Glück nicht so oft“, so Wulfhorst.

Die Menge an Schutt allein wäre bereits Grund genug dafür gewesen, dass die Mitarbeiter des Ritterhuder Baubetriebshofes diesen Fall nicht selbst in Angriff nehmen konnten. Doch da es sich um Asbest gehandelt hatte, durften sie keinesfalls aktiv werden. Völlig egal, um welche Menge es sich handelte. „Dazu hätten sie Sicherheitsanzüge benötigt“, erklärt Gudrun Wulfhorst. Die besitze der Baubetriebshof der Kommune nicht. Deshalb habe sie den Landkreis Osterholz informiert und der schickte seinerseits die Abfall-Service-Osterholz GmbH los, um den Sondermüll aus der Landschaft zu klauben.

Nach Auskunft der Gemeinde Ritterhude handelte es sich um geschätzt sechs Kubikmeter asbesthaltigen Abfalls mit einem Gewicht von etwa zwei Tonnen, der in sogenannten Big Packs – großen Säcken mit Tragegriffen, die zur Entsorgung verwendet werden – verpackt war. Der Schutt sei also schon korrekt verpackt gewesen, hätte nur zur Sonderdeponie gebracht werden müssen, teilt Jana Lindemann, Pressesprecherin beim Landkreis Osterholz, mit. So aber hat das die Aso übernommen. Sie hat den asbesthaltigen Abfall „zu einer entsprechend zugelassenen Deponie gebracht“, erklärt Lindemann weiter.

Die Kosten für diese Entsorgung trägt allerdings nicht der Kreis, sondern die Gemeinde Ritterhude: Das Asbest war an Gemeindestraßen abgeladen worden. Die Rechnung für den Einsatz liegt Gudrun Wulfhorst nicht vor. Sie hakte daher bei der Aso nach und erfuhr: „Die Kosten pro Tonne belaufen sich auf 206,47 Euro; dazu kommen die Transportkosten, sodass sich die Rechnung wohl auf 500 bis 600 Euro belaufen wird.“

Der Verursacher kann dafür nicht zur Kasse gebeten werden: Er konnte nicht ermittelt werden. Das entspricht ganz der Erfahrung, die Gudrun Wulfhorst im Laufe der Jahre gemacht hat. Demnach sei es meist deutlich einfacher, herauszufinden, wer einige Beutel mit Hausmüll in die Landschaft geschmissen hat, als denjenigen zu finden, der Bauschutt illegal entsorgt.

Werden die Umweltsünder jedoch ausfindig gemacht, wird gegen sie ermittelt. Ihnen droht ein Strafverfahren. „Es kann eine Geldstrafe oder ein Bußgeld von bis zu 100 000 Euro verhängt werden“, sagt Lindemann und fügt hinzu. „In jedem Fall ist der Landkreis für konkrete Mitteilungen aufmerksamer Bürger dankbar, um die entsprechenden Verursacher ausfindig zu machen und die Kosten für die Allgemeinheit zu minimieren.“ Denn die sind erheblich: Jedes Jahr gibt allein der Landkreis Osterholz 15 000 Euro dafür aus, dass solcher Wildmüll eingesammelt und fachgerecht entsorgt wird.

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