Worpswede. 133 Flüchtlinge hat die Gemeinde Worpswede seit Jahresbeginn aufgenommen. Darunter sind nicht nur Familien, die wegen des Kriegs in der Ukraine die Flucht ergriffen haben, sondern auch Menschen aus Kolumbien oder dem Iran. Wie Worpswedes Bürgermeister Stefan Schwenke berichtet, sei die Gemeinde nun an ihrem Limit angekommen: „Wir sind an einem Punkt, wo wir nicht mehr wissen, wie wir das händeln sollen. Mit 133 Aufnahmen haben wir unser Soll erfüllt, doch das Land Niedersachsen geht nun davon aus, dass weitere Flüchtlinge ankommen werden.“ Der zur Verfügung stehende Wohnraum im Künstlerdorf sei aufgebraucht, so Schwenke. Ähnlich wie Worpswede ginge es auch anderen Gemeinden, berichtet der Bürgermeister.
Sammelunterkünfte lehnt Schwenke nach wie vor ab. Dennoch hält er es für möglich, dass schon bald kein Weg mehr daran vorbeiführen wird: „Wir haben das Personal aufgestockt und sind trotzdem am Ende der Belastungsfähigkeit angekommen. Die aktuelle Situation ist um einiges kräftezehrender als im Jahr 2015.“ So verweist Schwenke auf die Turnhalle neben dem Hallenbad, die im Notfall zu einer Unterkunft umfunktioniert werden soll. Mit dem TSV Worpswede und dem DRK sei das Szenario bereits abgestimmt worden. „Die Leute, die hier ankommen, haben es verdient, gut aufgenommen zu werden. Die Nutzung der Turnhalle wäre das schlechteste Szenario, was aktuell eintreffen könnte“, sagt der Bürgermeister.
Sporthalle als Sammelunterkunft
Von dem Vorhaben begeistert ist man beim TSV Worpswede nicht. Der 1. Vorsitzende André Ohlrogge bestätigt auf Nachfrage, dass der TSV von der Gemeinde bereits über die Pläne informiert wurde. Zu welchem Zeitpunkt die Ausnahmesituation eintritt und die Sporthalle zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert werden soll, ist allerdings noch offen.
Fest steht allerdings, dass sich die Sportlerinnen und Sportler des TSV Worpswede beim Ausüben ihrer Sportarten erheblich umstellen müssen. Das Fitnessstudio wird komplett weichen müssen, sagt Ohlrogge. Betroffen seien außerdem die Sparten Tischtennis, Volleyball und Badminton, die plötzlich ohne Trainingsort dastehen. "Optimal ist das alles nicht. Da kann man nur hoffen, dass diese Notlösung nicht allzu lange anhält, wenn sie eintritt", so der 1. Vorsitzende.
Ist dies nicht der Fall, so bleibt dem TSV nur noch die Option, Kurse und und Übungstage in der Sporthalle an der Worpsweder Grundschule, die ebenfalls von dem Sportverein genutzt wird, zu verlegen. Ballsportarten seien in dieser Halle aber nicht möglich, so Ohlrogge. "Es kann dann natürlich passieren, dass unsere Volleyballspielerinnen und -spieler mit Winterjacke auf dem Außenfeld trainieren müssen."
DRK auf den Notfall vorbereitet
Auch Olaf Holz, 1. Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Worpswede, berichtet von Vorabgesprächen mit der Gemeinde über die aktuelle Flüchtlingssituation. Ähnlich wie Stefan Schwenke und André Ohlrogge hofft auch er, dass man den Ernstfall noch irgendwie abwenden kann. "Natürlich merkt man den Zulauf. Viele Geflüchtete sind in Wohnungen untergekommen, aber wenn der Platz nicht mehr ausreicht, dann muss halt die Sporthalle als eine Art Puffer herhalten", Olaf Holz und versichert: "Wenn es so weit kommt, sind wir natürlich vorbereitet, sind vor Ort und unterstützen." Nun gehe es aber erst einmal darum, so Holz, das nächste Gespräch mit der Gemeinde abzuwarten. Erst dann könne man das weitere Vorgehen abstimmen.
Am kommenden Montag, 12. September, erhält die Gemeinde Worpswede Geld vom Land – eine sogenannte Bedarfszuweisung für den Brandschutz in Höhe von über einer Million Euro. Für dieses Ereignis wird der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, anreisen und den Zuwendungsbescheid im Rathaus übergeben. Stefan Schwenke möchte dieses Treffen nutzen, um die angespannte Flüchtlingslage anzusprechen und mit dem Minister das weitere Vorgehen zu beraten.