So eine Aktion bekommen die Hüttenbuscher Bürgerinnen und Bürger wohl nur selten zu Gesicht: Ihre Volksbank-Filiale komplett in Nebel eingehüllt. Nicht etwa wegen eines Brandes, sondern um die erst vor Kurzem eingebaute Vernebelungsanlage zu testen. Im Ernstfall soll sie auslösen, wenn sich Personen außerhalb der Öffnungszeiten Zugang zu der Hüttenbuscher Filiale verschaffen und die dort installierten Geldautomaten aufbrechen wollen. Und so staunten die anwesenden Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nicht schlecht, als das Foyer innerhalb weniger Sekunden komplett eingenebelt war. „So soll es sein, wir wollen es den Kriminellen so schwer wie nur möglich machen“, sagte Bülent Kurtulus, Vorstandsmitglied der Volksbank Worpswede.
In Bankfilialen einzudringen und Geldautomaten zu sprengen, ist für Bankräuber mittlerweile die effektivste und auch die lukrativste Art des Banküberfalls, meint Ronald Reichardt, Kundenberater bei der Banken und Datentechnik Handelsgesellschaft (BDT). Das Sprengen von Geldautomaten habe sich für Kriminelle als effizienter und lukrativer erwiesen als klassische Banküberfälle. Gründe liegen unter anderem darin, dass durch Personaleinsparungen weniger Mitarbeiter in der Nähe von Geldautomaten seien und die Reaktionszeit von Sicherheitspersonal und Polizei oftmals zu lang sei. Die Täter könnten den Sprengstoff schnell anbringen und die Tat in kürzester Zeit ausführen.
Konventionelle Sicherheitstechniken wie Alarmanlagen und Überwachungskameras stoßen Reichardt zufolge hier an ihre Grenzen. „Alarmanlagen schlagen erst bei einer Beschädigung an und Überwachungskameras können leicht ausgekundschaftet oder ausgeschaltet werden. Die steigende Anzahl von Straftaten erhöht die Dringlichkeit für Banken, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern“, sagt Reichardt, der die Volksbank bei der Anschaffung der Vernebelungsanlage beraten hatte.
Laut Bundeskriminalamt (BKA) stieg die Gesamtzahl der Straftaten in Deutschland im Jahr 2023 um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wobei Diebstahl zu den am häufigsten verzeichneten Delikten zählt. Es ist daher entscheidend, dass Banken in moderne Sicherheitstechnologien investieren, so Kurtulus. Sollte es den Tätern doch gelingen, bis an die Geldautomaten vorzudringen, sind diese mit einer Einfärbetechnik ausgestattet. „Bei einer Explosion wären alle Scheine also unbrauchbar“, so Kurtulus.
Vernebelungstechnik wirkt bereits beim Einbruch und nicht erst nach der Tat, weiß Reichardt. Denn die Bewegungsmelder erkennen verdächtige Handlungen in der Nähe des Geldautomaten und lösen einen Sicherheitsmechanismus aus, der den gesamten Raum mit blickdichtem, aber ungiftigem Nebel füllt. Die Täter können sich nicht mehr orientieren und sind quasi blind. Deutschlandweit seien zwischen 200 und 300 solcher Anlagen in Volksbanken und Sparkassen installiert. Ist der Alarm erst mal ausgelöst, dauere es Reichardt zufolge nur wenige Sekunden, bis die Polizei und die Feuerwehr informiert seien und sich auf den Weg zum Tatort machen können. Einen Eindruck von der Vernebelungsanlage verschafften sich am Freitag deshalb auch Sabine Helms, die Leiterin der Polizeistation in Worpswede, sowie Worpswedes Gemeindebrandmeister Timo Kück.
"Täter werden raffinierter"
Einen Vorfall habe es laut Kurtulus in der Hüttenbuscher Filiale noch nicht gegeben. „Diese Leute werden aber immer raffinierter, spionieren Filialen über einen längeren Zeitraum aus und schlagen dann irgendwann zu. Aber sollten sie sich hier in Hüttenbusch umsehen, macht sie das Schild an der Eingangstür direkt darauf aufmerksam, dass wir hier eine Vernebelungsanlage installiert haben“, sagt er. Sollten die Täter auf die Idee kommen, das kleine Loch zuzukleben, löse der Alarm ebenfalls sofort aus.
Ein weiterer Grund, weshalb man in der Hüttenbuscher Filiale die Technik eingebaut hat, ist der Schutz der Personen, die oberhalb der Räumlichkeiten in ihren Wohnungen leben, verrät Kurtulus: „Eine Automatensprengung würde sie in Gefahr bringen." In der Filiale in der Worpsweder Bergstraße ist das anders, dort befinden sich keine Wohnungen in der Immobilie. "Hier haben wir andere Vorkehrungen getroffen, um es den Bankräubern so schwer wie möglich zu machen, den Tatort mit einer Beute zu verlassen", so Kurtulus weiter.
So interessant das Nebenspektakel in der Filiale in Hüttenbusch auch anzusehen war, Bülent Kurtulus hofft, dass die Anlage erst mal nicht mehr zum Einsatz kommen muss. Wie viel sich die Volksbank die Anschaffung des Gerätes hat kosten lassen, wollten weder die Vertreter noch der Kundenberater verraten. Reichardt gab dazu nur einen kleinen Hinweis: „Die Kosten für ein solches Gerät werden auf die Quadratmeteranzahl des Raums berechnet. In Hüttenbusch liegen sie im vierstelligen Bereich.“