Borgfeld. Was sind meine Rechte? Zu welchen politischen Themen würde ich mich gerne äußern? Warum sollten sich Jugendliche mit gleichen Interessen zusammenschließen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Borgfelder Jannis Fricke und Bora Kocaoglu, beide 17 Jahre alt, seit vielen Monaten. Ihr Ziel ist es, einen Jugendbeirat in Borgfeld zu gründen. Formal sind dafür die Weichen gestellt: Auf seiner jüngsten Sitzung stimmte der Borgfelder Beirat dem neuen Gremium für 14- bis 21-jährige Politikinteressierte zu. Zur Zeit wird seitens der Ortspolitik an einer Satzung gefeilt. Was noch fehlt, sind Jugendliche, die dem jungen Parlament in der Gründungsphase Leben einhauchen wollen. Deshalb laden Jannis Fricke und Bora Kocaoglu zu einer großen Infoveranstaltung ins Borgfelder Jugendfreizeitheim ein. Geplant ist das erste Treffen für Sonnabend, 13. Januar, ab 16.30 Uhr, Am Borgfelder Saatland 1, in Bremen.
Hürden im ersten Anlauf
Bora Kocaoglu ist über die Veranstaltung „Wem gehört die Stadt?“, die einmal im Jahr im Bremer Rathaus stattfindet, zur Beiratspolitik gekommen. Die Möglichkeit, sich politisch einzumischen, Feste zu organisieren und Dinge mitzugestalten, haben ihn damals gereizt, sich intensiver mit Politik zu beschäftigen, sagt Kocaoglu. Bereits vor gut eineinhalb Jahren hatte er sich deshalb an die Jugendbeteiligungsberaterin der Bremer Senatskanzlei, Heike Blanck, gewandt, um in Borgfeld ein politisches Gremium für Jugendliche auf den Weg zu bringen. Diverse Hürden stoppten den ersten Anlauf. Seine damalige Mitstreiterin legte ein Auslandssemester ein, und so verlief die Sache zunächst im Sande. „Das konnte ich irgendwie nicht hinnehmen“, sagt der Gymnasiast rückblickend. Gemeinsam mit Jannis Fricke wolle er sich jetzt noch einmal dafür einsetzen, dass Jugendlichen eine stärkere Beteiligungsmöglichkeit in politischen Fragen offen stehe.
Der Borgfelder Jugendausschusssprecher Alexander Keil (SPD) unterstützt das junge Gremium. Er hatte Jannis Fricke auf einer Beiratssitzung angesprochen. Der 17-Jährige interessierte sich für Fahrplan-Details der Buslinie 31 – und stellte dazu viele Fragen. „Genau so jemanden brauchen wir für den Jugendbeirat“, dachte sich Keil. Nach der Sitzung kamen die Beiden ins Gespräch. Der Jugendausschusssprecher stellte schließlich den Kontakt zu Bora Kocaoglu her. Der Grund für politische Einmischung liegt für die beiden Gymnasiasten auf der Hand: „Wir dürfen die große Politik wählen, also wollen wir auch im Kleinen mitbestimmen“, sagen beide unisono.
Austausch ist ein Ziel
In Bremen dürfen Jugendliche ab 16 Jahren wählen – den Landtag, die Bürgerschaft, die Stadtteilbeiräte. Das aktive Wahlrecht für Jugendliche ist in der Bundesrepublik Deutschland noch relativ jung. 1996 führte es Niedersachsen als erstes Bundesland auf Kommunalebene ein. Bis heute zogen neun weitere Länder nach. Auch in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein geben Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme bei Kommunalwahlen ab. Auf Landesebene ist das bisher nur in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein möglich. Gesetzlich ist das Recht auf freie Meinungsäußerung für Kinder und Jugendliche vielfach verankert. Praktisch sieht die Sache anders aus. In vielen Stadtteilen bestimmen ausschließlich Erwachsene über gesellschaftliche Gestaltungsspielräume. Huchting, Schwachhausen, Burglesum, Neustadt, Gröpelingen-Oslebshausen, Oberneuland und Osterholz bilden die Ausnahme. Dort machen Jugendliche bereits von ihrem Mitbestimmungsrecht Gebrauch. Sie organisieren sich in Jugendbeiräten und mischen sich politisch ein. Horn und Blumenthal haben gerade frische Jugendparlamente gegründet. Nun soll Borgfeld folgen.
Um die Sache nicht weiter zu verkomplizieren, hat sich der Borgfelder Beirat gegen eine allgemeine, freie und geheime Wahl von jugendlichen Kandidatinnen und Kandidaten im Ortsteil entschieden. Stattdessen haben sich die Initiatoren Fricke und Kocaoglu mit dem Beirat auf eine andere Möglichkeit zur Gründung des neuen Forums geeinigt: Die zukünftigen Mitglieder - letztendlich sollen es 13 Kandidatinnen und Kandidaten sein - sollen aus ortsansässigen Vereinen und Institutionen kommen. So könnten beispielsweise je zwei Jugendliche aus dem Fußballverein, vom TSV Borgfeld, aus der Kirchengemeinde, der Freiwilligen Feuerwehr und anderen Institutionen entsandt werden. Die Kandidaten werden also von ihren Vereinen als Delegierte ausgesucht oder gewählt – so der Plan. Damit dieser auch aufgeht, freuen sich die Initiatoren auf reges Interesse und hoffen auf viele politisch Interessierte, die auf dem ersten Treffen im Januar mitdiskutieren – und Themen einbringen wollen. „Gefragt sind hier wirklich alle Jugendlichen aus Borgfeld“, unterstreicht Jannis Fricke. Wer sich vorab über die Infoveranstaltung informieren möchte, kann sich an den Jugendausschusssprecher Alexander Keil wenden, telefonisch ist er unter der Mobilnummer 01 71 / 6 40 68 49 zu erreichen.