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Kriminalstatistik Mehr Straftaten im Landkreis Osterholz

Nach dem Rückgang der Zahlen in der Pandemie nehmen Wohnungseinbrüche und Gewaltkriminalität wieder zu. Der Kriminalitätsbericht 2022 für den Landkreis Osterholz weist eine Aufklärungsquote von 62 Prozent aus.
22.03.2023, 16:17 Uhr
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Von Michael Schön

Landkreis Osterholz. Die Zahl der im Landkreis Osterholz verübten Straftaten ist 2022 gegenüber dem Vorjahr wieder gestiegen: um immerhin 18 Prozent auf 5184 Fälle. Wohnungseinbrüche und Gewaltkriminalität haben an Fallzahlen zugelegt, wie aus der am Mittwoch von der Polizeiinspektion Verden/Osterholz veröffentlichten Kriminalstatistik hervorgeht. Für die Inspektionsleiterin Antje Schlichtmann keine unerwartete Entwicklung: "Mit der auslaufenden Pandemie sind die Menschen weniger zu Hause und nehmen wieder stärker am gesellschaftlichen Leben teil. Dadurch bieten sich mehr Gelegenheiten zur Tatbegehung", so die Polizeidirektorin. Viele Menschen arbeiteten nun wieder seltener im Homeoffice, ergänzt Andreas Lohmann, Leiter des zentralen Kriminaldienstes. Die Aufklärungsquote ist leicht auf knapp 62 Prozent gestiegen und entspricht damit dem Landesdurchschnitt. Etliche der Zahlen bewegen sich nun wieder auf dem Niveau der Jahre vor den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus'. Es gibt aber auch Ausreißer nach oben, etwa bei der Internetkriminalität im Allgemeinen und bei der Kinderpornografie im Besonderen.   

Wohnungseinbrüche

138 Wohnungseinbrüche im Landkreis Osterholz 2022 bedeuten einen Anstieg der Fallzahl um 40,8 Prozent. Über die vergangenen zehn Jahre betrachtet, ist aber eine gegenläufige Entwicklung zu registrieren. 2016 gab es sogar 420 Fälle. 2022 blieb die Hälfte der angezeigten Wohnungseinbrüche unvollendet. Die Polizei führt das auf die verbesserte technische Ausstattung vieler Immobilien zurück, nicht zuletzt aber auf ihre Aufklärungsarbeit ("Der wachsame Nachbar"). An dieser Stelle betreibe die Polizei einen besonders hohen Aufwand. Lohmann gibt zu bedenken, dass gerade Wohnungseinbrüche dazu geeignet seien, die gefühlte Sicherheit der Betroffenen in ihrer Privatsphäre empfindlich zu untergraben.

Gewaltkriminalität

Gaststättenbesuche, Partys und Volksfeste: Nachdem die Corona-Beschränkungen fast vollkommen aufgehoben worden sind, ist das gewohnte gesellschaftliche Leben zurückgekehrt. Wenn mehr Menschen aufeinandertreffen, die womöglich auch noch Alkohol konsumieren, nimmt auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt, wie die Erfahrungen der Polizei immer wieder belegen. 203 festgestellte Fälle im Jahr 2022 bedeuten fast eine Verdoppelung der Zahlen gegenüber den Corona-Jahren 2021 (105) und 2020 (109). Gemessen an den Zahlen aus den Jahren vor der Pandemie, heißt es, sei der Anstieg jedoch nicht beunruhigend. Auch Polizeibeamte waren Opfer von Gewalt: 2022 wurden 30 solcher Übergriffe registriert. 

Häusliche Gewalt

Für das Phänomen "Häusliche Gewalt" hat man sich auf eine bundesweit einheitliche Definition verständigt, die nunmehr alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt umfasst und dafür den Personenkreis weiter zieht - über die Gewalt hinaus, die ein Partner oder Ex-Partner ausübt. 2022 verzeichnete die Polizei in der gesamten Inspektion Verden/Osterholz 628 solcher Delikte; nicht überraschend waren die Opfer in der deutlichen Mehrheit Frauen.

Kinder- und Jugendkriminalität

Die Zunahme von Körperverletzungen und Diebstählen durch Minderjährige bereitet der Polizei viel Arbeit, wird aber eher unaufgeregt zur Kenntnis genommen. Andreas Lohmann sieht dafür vor allem "jugendtypisches" Verhalten und  Nachholeffekte im Hintergrund. "Dass man Grenzen auslotet, gehört zum Prozess des Erwachsenenwerdens." 2022 wurden im Landkreis Osterholz 389 Straftaten, begangen von Kindern und Jugendlichen, angezeigt. 52 Prozent mehr als im Pandemie-Jahr 2021. Schwere Verbrechen sind es eher nicht. Stattdessen ist vor allem ein recht unbekümmerter Umgang mit Medien zu verzeichnen.

Kinder- und Jugendpornografie

Den steigenden Zahlen von an die Öffentlichkeit gelangten Fällen von "Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinder- und jugendpornografischer Schriften" – und vor allem auch den explodierenden Datenmengen – trägt die Polizeiinspektion Verden/Osterholz Rechnung, indem sie eine ständige Ermittlungsgruppe mit gesondert geschultem Personal zur Bekämpfung dieses Phänomens eingerichtet hat. Der sprunghafte Anstieg der Zahlen hat nach Auskunft der Polizei auch mit automatisierten Meldesystemen im Internet zu tun, die zur Aufhellung des Dunkelfelds beitragen. NGOs aus den USA spielen dabei eine wesentliche Rolle. Die Tatverdächtigen seien aber keineswegs immer Pädophile, sondern häufig Kinder, die strafbare Inhalte über einen Messenger weiterleiten, ohne sich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst zu sein.

Internetkriminalität

"Die Corona-Pandemie dürfte dazu beigetragen haben, dass sich der Trend zur Verlagerung von Straftaten ins Internet verfestigt hat", glaubt Andreas Lohmann. 2022 gab es im Landkreis Osterholz einen enormen Anstieg bei den registrierten Cybercrime-Fällen: von 254 auf 614. Er erklärt sich das im Wesentlichen dadurch, dass Diebesgut in besonders vielen Fällen bei einer Familie in Osterholz-Scharmbeck umgeschlagen wurde. Im Moment sei unter den unterschiedlichsten Erscheinungsformen von Internetkriminalität eine Welle von Betrügereien mit Kryptowährungen zu beobachten. Die Polizei versuche gegenzusteuern, indem sie auch ihre Prävention verlagert, ins Internet, hin zu den sozialen Medien. 

Straftaten zum Nachteil älterer Menschen

Um diesen Personenkreis ums Geld zu bringen, bedienen sich oft vom Ausland aus agierende Callcenter besonders perfider Methoden: Enkeltrick, falscher Polizeibeamter, sogenannte Schockanrufe. "Die Opfer werden ununterbrochen telefonisch bearbeitet, vom ersten Kontakt an bis zum Eintreffen in der Bank", berichtet Antje Schlichtmann. Es sei für die Polizei nicht leicht, "da noch rechtzeitig dazwischenzugehen. Man kriegt oft nur den Boten oder Läufer". Da helfe nur intensive Prävention, um Aufmerksamkeit im potenziellen Umfeld zu wecken: von den Familienangehörigen bis hin zum Verkäufer oder Mitarbeitenden in der Sparkasse. Die Inspektionschefin: "Mit ist es wichtig, dass wir nicht nur schauen, wie sich jeder Einzelne selbst schützen kann, sondern dass jeder auch einen Blick für die Mitmenschen, für das soziale Umfeld hat."

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